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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro
Autoren: J.J. Voskuil
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seines Schreibtisches, den man ihm zunächst noch als eine Art letzte Bleibe belassen hatte.
    Während all der Jahre lebt Maarten an der Seite einer Frau, die man, um es vorsichtig auszudrücken, mögen muss. Nicolien, so ihr Name, hatte sich eigentlich ein Leben mit ihm im trauten Heim vorgestellt, in dem man – arm, aber glücklich – den alten linken Idealen von einem «wahrhaftigen» Leben nachhängen kann. So passt es ihr gar nicht, dass Maarten den ganzen Tag außer Haus ist und langsam Karriere macht – und das lässt sie ihn nur allzu deutlich spüren. Im endlosen häuslichen Streit löst sich für Maarten auch die letzte Hoffnung auf, dass es für ihn auf dieser Welt doch noch irgendwo ein Plätzchen an der Sonne geben könnte.
    Bereits kurz nach dem Erscheinen des ersten Bandes im Jahre 1996 entwickelte sich der Roman in den Niederlanden zu einem nationalen Großereignis. Der Verlag G.A. van Oorschot verkaufte mehr als 400.000 Exemplare des Werks. Die Leser waren so fasziniert von der Lebensbeichte des kleinen Angestellten Maarten Koning, dass sie sich morgens vor den Buchhandlungendrängten, wenn ein neuer Band der Büro-Saga ausgeliefert wurde. Doch das Heer derer, die Anteil am Leben Maarten Konings genommen haben, dürfte noch um ein Vielfaches größer sein. Ein Theaterstück nach Motiven des Buches war monatelang ausverkauft, und im niederländischen Radio wurde jahrelang eine Hörspielfassung des kompletten Romans gesendet; 2011 startete wegen der regen Nachfrage eine Wiederholung. Als das reale «Büro» 1998 an den Stadtrand von Amsterdam umzog, wurden auf vielfachen Wunsch aus der Bevölkerung in den alten Büroräumen Führungen für Voskuil-Fans veranstaltet. Und wer in Amsterdam auf den Spuren Maarten Konings wandeln und die Wege etwa von seiner Schlafhöhle zu seinen beruflichen Wirkungsstätten und von dort zum Markt für den mittäglichen Einkauf der Kartoffeln für Nicolien abschreiten will, wird bestens mit einem «literarischen Stadtführer» zu J. J. Voskuil bedient. Ein «Kreuzweg» der besonderen Art.
    Die Nieuwe Hoogstraat in Amsterdam, fotografiert von J. J. Voskuil. In dem Haus links vorne befand sich der Eingang zum Büro.
    Ganze Belegschaften niederländischer Fabriken und Büros haben sich zu
Het Bureau
-Fanclubs zusammengefunden, darunter auch einige begeisterte Leser, die dem Autor ein komplettes Buch mit ihren eigenen, ergreifenden Büroschicksalen füllten und es ihm feierlich bei einem seiner Auftritte überreichten. Doch nicht nur auf den Bürofluren und in den Amtsstuben – sogar auf den Sterbelagern des Königreichs war
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noch ein Thema. So wandte sich die schwerkranke Amsterdamer Stadträtin Annemarie Grewel 1998 an den Voskuil-Verleger Wouter van Oorschot und bat um Einblick in die bis dahin noch nicht erschienenen Bände des Romans, damit sie in Frieden sterben könne.
    Um
Het Bureau
und seinen Helden Maarten Koning kam es zu einem Medienhype, wie ihn die Niederlande noch nicht erlebt hatten. Es gab lange Interviews mit dem Autor in Funk und Presse, die um ausführliche Hintergrundberichte über das reale Büro und dessen «Insassen» ergänzt wurden, und die Literaturkritik übertraf sich in Lobeshymnen, wenn sie sich nicht verwundert über den Riesenerfolg des Werkes die Augen rieb. Mit
Het Bureau
war ein Roman zum Bestseller avanciert, der keinen wirklichen Plot kennt, mit einem wenig aufregenden Thema wie dem Alltag in einem Büro aufwartet und der zudem in einer so nüchternen, fast holzschnittartigen Sprache geschrieben ist, dass sie von Kritikern gelegentlich als «Buchhalterprosa» verspottet wurde.
    Was ist bloß an diesem Roman, dass er unsere ansonsten doch eher nüchternen Nachbarn zu solchen Begeisterungsstürmen reizte und Sterbenden das Letzte Sakrament ersetzte? Ist es der schonungslose Blick in die Abgründe einer kleinen, aber aufrechten Bürokratenseele namens Maarten Koning, der den Nerv seiner Leser getroffen hat? Oder sind es die intimen Einblicke in die Abläufe einer modernen Arbeitsorganisation, wie man sie sonst nur bekommt, wenn man selbst Teil dieser Organisation ist und sein Dasein in einem ähnlichen geistigen Vakuum zwischen Eingangskörbchen und Ausgangskörbchen fristet, wie es Voskuil in seinem Roman so eindringlich beschreibt?
    Es ist wohl beides, doch es ist vor allem die Tatsache, dass viele Leser des Voskuilschen Büro-Epos in sich selbst auch so einen Maarten Koning spüren, der versucht, einer sinnlosen Arbeit in
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