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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro
Autoren: J.J. Voskuil
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und setzte sich Beerta gegenüber. Beerta wirkte munter. „So ein Treffen finde ich wichtig“, sagte er.
    „Finden Sie?“
    „Ja. Ein solcher Kontakt lässt sich mit Briefen nicht zustande bringen.“
    „Aber wir haben über nichts gesprochen. Alle Probleme, die wir hätten besprechen müssen, sind noch da.“
    „Das macht nichts. Worum es geht, ist, dass man sich einmal gesehen und die letzten Neuigkeiten ausgetauscht hat. Auf diese Weise schafft man ein Band, und daran hat man später dann sein Vergnügen.“
    „Und die Tagesordnung mit den acht Punkten, über die wir zueiner Entscheidung kommen sollten? Die ist nicht einmal zur Sprache gekommen.“
    „Das machen wir brieflich. Darüber werden wir uns jetzt bestimmt einig. Wenn man erst einmal miteinander gegessen hat, ist das kein Problem mehr.“
    Maarten bezweifelte das, doch er schwieg. Er erinnerte sich an die Bitte Pieters, eine Festschrift für Beerta zu organisieren, doch er schob den Gedanken wieder beiseite. Es war ihm augenblicklich nicht möglich, auch noch daran zu denken.
     

Ein Buch des Trostes
    Aus dem Nachwort
von Gerd Busse
    Kurz vor der Jahrtausendwende konnte man in den Niederlanden Zeuge eines sonderbaren Phänomens werden: Die Nation nahm über mehrere Jahre hinweg und mit wachsender Intensität Anteil am Schicksal eines Büroangestellten namens Maarten Koning. Mit atemloser Spannung folgte man seinem Treiben, durchmaß mit ihm die Höhen und Tiefen einer dreißig Jahre währenden Büro-Existenz und verlor dabei doch nie ganz die Hoffnung, dass sich das Blatt eines Tages noch wenden und sein Martyrium ein Ende nehmen könnte.
    So viel Anteilnahme am Schicksal eines Romanhelden ist bemerkenswert und bedarf der Erklärung. In der Figur des Maarten Koning hatte sich ihr Schöpfer, der niederländische Autor J. J. Voskuil, sein Dasein als «wissenschaftlicher Beamter» an einem Amsterdamer Institut für Volkskunde von der Seele geschrieben. An diesem Ort hatte er selbst dreißig Jahre seines Lebens zugebracht und ihn anschließend zum schillernden Gegenstand seines fünftausend Seiten umfassenden Megaromans erkoren.
    Die Geschichte beginnt 1957. Maarten Koning, ein etwas kontaktscheuer Zeitgenosse – aber mit großen Idealen –, heuert an einem halbvergessenen Institut zur Erforschung niederländischer Volkskultur in Amsterdam an, ebenjenem «Büro», das von einem wendigen, mit allen Wassern gewaschenen, homosexuellen Direktor namens Beerta geleitet wird. Zu seinen ersten Aufgaben im Büro gehört eine Untersuchung über «Wichtelmännchen-Erzählungen» – nicht eben das, was Maarten sich unter einem seriösen Forschungsthema vorgestellt hat. Doch auch bei den anderen Projekten, mit denen er sich beschäftigen muss, kann er sich des Spotts seiner Umwelt gewiss sein. So versucht man etwa, in einer großangelegten Feldstudie über den Umgang des Volkes mit der Nachgeburt des Pferdes – wird sie aufgehängt oder vergraben? – sogenannte «Kulturgrenzen» aufzuspüren. Kurzum, es handelt sich um Projekte, die man dem Steuerzahler besser verschweigt,völlig aus dem Ruder gelaufene Hobbys der Institutsleitung, wie Maarten später einmal einem jungen Kollegen anvertraut.
    So ist es also auch kein Wunder, dass Maarten seiner Arbeit wenig Sinn abgewinnen kann, doch er tut sie aus einem tiefen Pflichtgefühl heraus. Er verbringt seine Tage mit dem Anlegen von Karteikarten über alles, was er nicht versteht, langweilt sich auf zahllosen Sitzungen wissenschaftlicher Museumskommissionen oder heimatgeschichtlicher Arbeitsgruppen, wo er den Wissenschaftler geben muss – und hadert derweil mit seinem Los.
    Das Institut wächst mit den Jahren, und nicht immer hat man eine glückliche Hand bei der Auswahl des Personals. Viele der «Tölpel», mit denen sich der inzwischen zum Abteilungsleiter aufgestiegene Maarten tagtäglich herumschlagen muss, sind alles andere als eine Zierde der Zunft: Wenn sie nicht gerade an einer ihrer seltenen Publikationen herumwerkeln, feiern sie krank oder hecken Intrigen gegen ihren Chef aus. Dabei wäre Maarten der Allerletzte, der ein solches Verhalten verdient hätte – ein Mann, der sich, wie er selbst findet, um seine Leute stets wie der gute Hirte um seine Schäfchen bemüht hat. Und wie wird es ihm gedankt? Kaum hat Maarten im letzten Band des Zyklus den wohlverdienten Ruhestand angetreten, macht sich seine Abteilung daran, rigoros die Spuren seines Wirkens zu tilgen – bis hin zur unangekündigten Entfernung
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