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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten
Autoren: Jonathan Kellerman
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erschießen«, bemerkte Milo. »Irgendwann, wenn ich nicht damit rechne.«
    »Das könnte ich, aber ich werde es nicht tun«, erwiderte Broussard. »Es sei denn, Sie zwingen mich dazu.« Er betupfte seine Nase mit dem Seidentuch. Das Blut floss unvermindert weiter. »Wenn Sie sich vernünftig benehmen, werde ich Ihnen noch nicht mal die Reinigungsrechnung schicken.«
    »Und das heißt…?«
    »Das heißt, dass Sie sich alles von der Seele geredet haben und nun bereit sind, unter veränderten Bedingungen an Ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.«
    »Inwiefern verändert?«
    »Wir vergessen die ganze Sache, und Sie werden zum Lieutenant befördert. Und in eine Abteilung Ihrer Wahl versetzt.«
    »Warum sollte ich scharf auf einen Bürojob sein?«, fragte Milo.
    »Kein Bürojob, Sie werden als Lieutenant-Detective arbeiten«, erwiderte Broussard. »Sie werden weiterhin Fälle bearbeiten, interessante, anspruchsvolle Fälle, aber Sie werden das Gehalt eines Lieutenants beziehen und das entsprechende Prestige genießen.«
    »So läuft das nicht im Department.«
    »Ich bin immer noch der Chef.« Broussard rappelte sich auf, schlug dabei wie zufällig seinen Zweireiher zurück und ließ Milo einen Blick auf die 9-Millimeter werfen, die in einem Halfter aus verziertem cognacfarbenem Leder steckte.
    »Sie werfen mir einen Knochen zu, und ich trolle mich«, sagte Milo.
    »Warum nicht?«, me inte Broussard. »Es ist alles getan, was getan werden musste. Sie haben den Fall gelöst, die Übeltäter sind aus dem Weg geräumt, und wir können uns wieder unseren Aufgaben zuwenden. Was ist die Alternative, dass wir unser beider Leben ruinieren? Denn je me hr Sie mir wehtun, desto mehr verletzen Sie sich selbst. Es ist mir gleichgültig, wie edel und aufrichtig Sie sich vorkommen; so funktioniert die Welt nun mal. Denken Sie an Nixon und Clinton und all die anderen Tugendbolde. Nach denen werden Bibliotheken benannt, und alle Leute um sie herum haben teuer bezahlen müssen.«
    Broussard trat näher. Milo konnte sein Zitrus-Aftershave riechen, seinen Schweiß und den metallischen Geruch des Bluts unter seiner Nase, das jetzt allmählich gerann.
    »Ich habe Unterlagen aufbewahrt«, sagte Milo. »Belastende Unterlagen, versteckt an einem Ort, wo Sie sie niemals finden werden.«
    »Ich bitte Sie, Detective, und Sie erzählen mir was von Drehbüchern«, erwiderte Broussard. »Wollen Sie mir mit Drohungen kommen? Denken Sie an Dr. Silverman. Dr. Delaware. Dr. Harrison.« Broussard lachte. »Hört sich an wie ein medizinischer Kongress. Ich kann Ihnen so schaden, dass Ihre schlimmsten Albträume dagegen verblassen. Und wozu das alles? Was haben Sie davon?«
    Er lächelte. Das Lächeln eines Siegers. Ein Gefühl der Sinnlosigkeit überkam Milo wie eine kalte Welle. Er war ausgelaugt, der Schlag auf Broussards Nase hatte ihm selbst mehr zugesetzt als dem Geschlagenen.
    Gewinner und Verlierer, die Rollen wurden wahrscheinlich schon im Kindergarten verteilt.
    Er fragte: »Was ist mit Bosc?«
    »Craig ist mit einer beträchtlichen Abfindung aus dem Department ausgeschieden, mit Wirkung ab letzter Woche. Er wird Ihnen nicht mehr zu nahe kommen, das kann ich Ihnen versprechen.«
    »Wenn er das tut, ist er ein toter Mann.«
    »Das ist ihm schon klar. Er wird in eine andere Stadt ziehen. In einen anderen Staat.« Broussard wischte sich Blut aus dem Gesicht, begutachtete das Seidentuch, fand noch eine saubere Ecke und faltete es so, dass diese Ecke zu sehen war, als er es wieder in die Brusttasche steckte. Er knöpfte sein Hemd zu, zog den Krawattenknoten stramm und trat noch näher auf Milo zu.
    Er atmete langsam und regelmäßig. Der Atem des Bastards duftete pfefferminzfrisch. Kein Schweißtropfen mehr auf seinem ebenholzfarbenen Gesicht. Seine Nase war angeschwollen und sah ein wenig schief aus, aber wenn er sich einmal gründlich gewaschen hätte, würde das nicht weiter auffallen.
    »So«, sagte er.
    »Lieutenant«, sagte Milo.
    »Sie werden umgehend befördert, Detective Sturgis, sobald Sie sich für Ihre neue Abteilung entschieden haben. Sie können eine Weile Urlaub nehmen oder sich gleich in die Arbeit stürzen. Betrachten Sie es als einen gegenseitigen Prozess konstruktiver Anpassung.«
    Milo starrte in die ausdruckslosen schwarzen Auge n. Er hasste Broussard und bewunderte ihn zugleich. O großer Guru des Selbstbetrugs, lehre mich zu leben wie du…
    Er sagte: »Ich scheiße auf Ihre Beförderung. Ich werde in der Sache nichts weiter
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