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Das Buch der Schatten - Verwandte Geister: Band 8 (German Edition)

Das Buch der Schatten - Verwandte Geister: Band 8 (German Edition)

Titel: Das Buch der Schatten - Verwandte Geister: Band 8 (German Edition)
Autoren: Cate Tiernan
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der Macht. Maeve hatte dieses Gewand getragen, als sie zu Hause in Irland die Kreisrituale ihres Hexenzirkels geleitet hatte. Davor hatte ihre Mutter Mackenna es getragen. Und so weiter, über viele Generationen.
    Ich trug das Gewand unglaublich gern, denn dann hatte ich das Gefühl, meiner Bestimmung zu folgen, und ich spürte darin eine Verbindung zu den Frauen, die ich nicht gekannt hatte. Konnte das Gute von Maeve das Böse von Ciaran in mir aufheben? Welche Hälfte würde siegen?
    Sobald die Falten des Gewands mich umschwebten und mich ganz in ihre magischen Schwingungen hüllten, holte ich meine anderen Werkzeuge heraus: einen Athame und einen langen, schmalen Magierstab mit Verzierungen aus Silberdraht, die in das dunkle alte Holz getrieben worden waren. Ich war bereit.
    Zuerst zeichnete ich mit Kreide einen Kreis auf den Boden. Mit flüchtigem Stolz bemerkte ich, dass meine Kreise immer perfekter wurden. Der hier war fast ganz rund. Ich trat hinein, schloss ihn und kniete vor dem Altar nieder. » Göttin und Gott, ich rufe euch an « , sagte ich leise und blickte in die Kerzenflamme. » Eure Tochter Morgan ruft eure Göttlichkeit und eure Macht an. Helft mir, Magie zu wirken. Helft mir zu lernen. Zeigt mir, was zu wissen ich bereit bin. « Dann schloss ich die Augen, atmete ganz aus und langsam wieder ein. Kaum eine Minute später war ich in einem tiefen meditativen Zustand versunken. Ich hatte so viel geübt, dass meditieren so selbstverständlich geworden war wie einen Muskel anspannen. Es war da, fast sofort, und es war stark.
    Was bin ich bereit zu wissen?, fragte ich. Vor mir spulte sich ein schmaler Feldweg ab. Bäume und Sträucher säumten beide Ränder, was den Weg einladend machte und abgeschieden zugleich. Ich folgte dem Weg, weich und ohne dass ich das Gefühl hatte, Schritte zu machen – als würde ich über die festgefahrene Erde schweben. Es fühlte sich wunderbar an, aufregend. Neugierig bewegte ich mich schneller.
    Ich flog um eine Kurve und fuhr voller Entsetzen zurück. Meiner Kehle entstieg ein wortloser Schrei. Eine sterbende Schlange versperrte mir den Weg, eine schwarze zuckende zweiköpfige Schlange. Ihr Fleisch war zerrissen und zerfressen; beißendes Blut befleckte den Untergrund, bei dessen bitterem, widerlichem Gestank ich mir Nase und Mund zuhalten musste. Das Ding lag im Sterben. Es wand sich im Todeskampf und zuckte noch ein paarmal, während es seinen letzten Atem verströmte und sämtliches Blut aus ihm floss. Ich bewegte mich langsam rückwärts, unsicher, wie gefährlich das Tier noch war, und dann senkte sich vom Himmel ein wunderschöner kalter kristallener Käfig über die zweiköpfige Schlange. Mit einem letzten gequälten Aufschrei peitschte sie ihren mit Stacheln besetzten Schwanz und starb. Der Käfig schimmerte sanft über ihr, er schien aus Luft gemacht, aus Musik, aus Gold, aus Kristallen. Er war ganz aus Magie. Ich hatte ihn gemacht. Und mit Hilfe meines Käfigs die Schlange besiegt.
    Keuchend hangelte ich mich zurück in die Wirklichkeit, und als ich die Augen aufschlug, klopfte mein Herz wie wild, und in der Nase hatte ich noch den Gestank des Schlangenbluts. Mir war danach, mich zu übergeben, die schrecklichen Bilder verharrten noch auf meiner Netzhaut. Die zweiköpfige Schlange, das waren Cal Blaire und Selene Belltower gewesen. Um das zu wissen, brauchte ich keinen Abschluss in Psychologie. Mein Unterbewusstsein kämpfte wohl immer noch mit diesem schrecklichen Erlebnis. Kein Tag war seither vergangen, an dem ich nicht an den Tod von Cal und seiner Mutter Selene gedacht hatte. Ich blickte auf meine rote Kerze und schauderte. Ausgeschlossen, dass ich diesen Weg heute Abend weiterverfolgte. Vielleicht musste ich es sehen, vielleicht hatte die Magie es mir vor Augen führen müssen, um etwas daraus zu lernen, doch ich fühlte mich dem nicht gewachsen. Ich konnte nur hoffen, dass die Erinnerungen im Laufe der Zeit in den Tiefen meines Hirns versinken würden.
    Ich schluckte und betrachtete den Rauchfaden, der von dem Räucherstäbchen aufstieg. Wenn ich dem Weg meines Unterbewusstseins weiter gefolgt wäre, hätte ich mich gesehen – in New York und kurz davor, wegen meiner magischen Kräfte von Ciarans Hexenzirkel geopfert zu werden.
    Nein danke. Das genügte. Die Göttin hatte wohl gedacht, ich wäre bereit dafür, doch ich fühlte mich ganz und gar nicht so.
    Wieder richtete ich den Blick auf die rote Kerze. Ich steckte in einer seltsamen Situation: Ich war
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