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Das Buch der Lebenskunst

Das Buch der Lebenskunst

Titel: Das Buch der Lebenskunst
Autoren: Anselm Gruen
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also schon in mir.
    Ich muss es mir nicht erkaufen. Ich muss es nicht durch äußeren Erfolg erreichen. Ich brauche nur in Einklang zu kommen mit mir selbst, mich an dem freuen, was von mir ausgeht, dann werde ich diese beglückende Harmonie als Kraft wahrnehmen, die sich selbst genügt, aber auch nach außen strahlt. Die Anerkennung ist auch in mir. Wenn ich mich selber anerkenne, muss ich der Anerkennung nicht nachlaufen. Dann ist es nicht mehr so wichtig, ob die anderen mich anerkennen.
    Die eingangs zitierte Erkenntnis Anthony de Mellos lädt uns ein, unsere Sehnsüchte genau anzuschauen, immer wieder innezuhalten und uns zu vergewissern: All das, wonach ich mich sehne, das ist schon in mir. Wenn ich stehen bleibe und nach innen höre, finde ich schon alles in mir. Das ist die tiefste Wahrheit meines Lebens: Gott ist in mir. Und damit ist alles, wonach ich mich sehne, in meinem Herzen. Es geht darum, vor dieser Wahrheit nicht davonzulaufen, sondern innezuhalten und sich ihr zu stellen. So paradox es klingt: Dieses Innehalten ist die Voraussetzung für jeden menschlichen und geistlichen Fortschritt.

    BLEIB BEI DIR
    Der heilige Benedikt sieht in der stabilitas, in der Beständigkeit, im Bleiben, das Heilmittel für die Krankheit seiner Zeit, der Zeit der Völkerwanderung, der Unsicherheit, der ständigen Bewegung. Stabilitas heißt für ihn Bleiben in der Gemeinschaft, in die man eintritt. Und sie bedeutet für ihn, dass der Baum sich einwurzeln muss, um wachsen zu können. Das ständige Verpflanzen hemmt nur seine Entwicklung.
    Stabilitas heißt aber zuerst: bei sich bleiben, sich in seinem Kellion vor Gott aushaken. So sagt Abba Serapion: „Kind, wenn du Nutzen haben willst, dann halte in deinem Kellion aus, achte auf dich und deine Handarbeit. Denn das Herausgehen bringt dir für den Fortschritt nicht den Nutzen wie das Stillsitzen“ (Apo 878).
    Eine alte Geschichte aus der Wüste, die auch heute aktuell ist:
    „Ein Bruder kam in die Sketis zum Altvater Moses und begehrte von ihm ein Wort. Der Greis sagte zu ihm: ‚Fort, geh in dein Kellion und setze dich nieder, und das Kellion wird dich alles lehren’.“
    Und eine andere Mönchsgeschichte mit einer tiefen psychologischen Weisheit:
    „Jemand sagte zum Altvater Arsenios: ‚Meine Gedanken quälen mich, indem sie mir sagen: Du kannst nicht fasten und auch nicht arbeiten, so besuche wenigstens die Kranken; denn auch das ist Liebe.’ Der Greis aber, der den Samen der Dämonen kannte, sagte zu ihm: ‚Geh und iss, trinke und schlafe und arbeite nicht, nur verlass dein Kellion nicht!’ Er wusste nämlich, dass das Ausharren im Kellion den Mönch in seine rechte Ordnung bringt.“
    Was sagen uns diese alten Texte?
    Der Mönch kann alles tun. Er braucht gar keine Askese zu üben. Er braucht auch nicht zu beten, wenn er nur in seinem Kellion bleibt. Dann wird sich in ihm etwas verwandeln, dann wird er innerlich in Ordnung kommen. Er wird konfrontiert mit all dem inneren Chaos, das in ihm auftaucht. Und er verzichtet darauf, davor fortzulaufen.

    EIN RAUM IN MIR
    Jammern ist heute an der Tagesordnung. Da beklagt sich der eine darüber, wie viel Arbeit man hat, der andere, wie man nicht mehr zurechtkommt mit den Erwartungen der anderen, und wieder ein anderer spricht davon, wie er sich allein gelassen fühlt, in dem, was er vorhat und leistet. Der Alltag gibt sicher zu vielen Klagen Anlass. Aber wir sind doch mehr als nur Pflichterfüller oder Krisenmanager oder Konfliktloser.
    Wir haben in uns einen Raum, zu dem die alltäglichen Probleme keinen Zutritt haben, in dem wir aufatmen können, weil Gott selbst uns darin befreit von der Macht der Menschen und von der Macht des eigenen Über-Ichs, von der Macht der Selbstbeschuldigungen und Selbstvorwürfe. In diesem Raum kann ich die Erfahrung machen: Ich habe Fehler, aber ich bin nicht meine Fehler. Ich habe Schuld, aber ich bin nicht meine Schuld. In diesem Raum wird all das, was mir zu schaffen macht, relativiert. Es hat keine letzte Macht über mich. Dieser Raum ist frei von Wut und Angst, frei von Enttäuschungen und Selbstvorwürfen.
    Ich kann zu allem, was in mir ist, ja sagen. Ich muss in diesem Raum meine Schwächen nicht mehr bekämpfen und besiegen und mir dabei den Kopf wundstoßen. Ich weiß, dass in diesem Raum nichts über mich Macht hat. Weil ich dort schon heil und ganz bin, darf ich sanft und gut mit mir umgehen.

    ERKENNE DICH SELBST
    „Was nützt es uns, zum Mond reisen zu können, wenn es uns
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