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Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Titel: Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1
Autoren: Bastei Lübbe
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unendlich fürchtete.
    »Joe, du musst hinterher! Los, mach schon!«
    Ich bewegte mich nicht. Wir waren verloren. Die Zeit musste schon längst um sein. Wie von weiter Ferne hörte ich Janines Stimme.
    »Noch vierzig Sekunden!«
    Dann haute mir Tommy auf die Schulter und sagte etwas, das meine Erstarrung löste.
    »Pass auf, das Wasser hat sich nicht ein bisschen bewegt. Der Brunnen ist nur eine Tür in die andere Welt. Wie die Hauswand oder der Verschlussstein. Du wirst sehen, du wirst nicht mal nass werden! Aber du musst da runter. Und zwar jetzt!«
    Wir hatten keine Zeit mehr zum Überlegen oder zum Angst haben. Ich registrierte Tommys Worte wie in Trance und fand sie irgendwie logisch. Sie nahmen mir einen Teil meiner Angst, und dann dachte ich gar nichts mehr. Ich sahnur noch den Brunnen und seine Haltegriffe vor mir. Und ich wusste, ich musste jetzt gehen. Jetzt!
    Ich schwang ein Bein über den Brunnenrand und setzte den rechten Fuß auf den obersten Griff. Dann war ich ganz im Brunnen und begann, Haltegriff für Haltegriff nach unten zu steigen. Im Unterbewusstsein hörte ich noch, wie Tommy den anderen irgendetwas zurief. Und dass jemand über mir als nächster in den Brunnen kletterte.
    Ich blickte kurz nach unten, sah die mit Brunnenkresse übersäte Wasseroberfläche unter meinen Füßen und schloss die Augen. Ich durfte nicht mehr zögern. Ich holte so tief Luft wie noch nie in meinem Leben und stieg weiter hinab. Ich dachte an nichts mehr und fasste einen Griff nach dem anderen. Gleich würde das Wasser über mir zusammenschlagen.
    *
    Mit einem Mal fühlte ich festen Boden unter den Füßen. Völlig verblüfft stellte ich beide Beine auf die Erde und testete die Festigkeit des Untergrunds. Ich hielt meine Augen nach wie vor krampfhaft geschlossen. Aber dann wurde mir klar, dass ich keinesfalls unter Wasser und nicht im Geringsten nass geworden war. Langsam ließ ich die Luft aus meinen Lungen. Meine Hände umklammerten immer noch einen der Haltegriffe, da trat mir plötzlich jemand auf die Finger.
    »Auuu!«, schrie ich und ließ los. Vor Schreck hatte ich dieAugen geöffnet. Ein warmes, aber dunkles Glimmen umfing mich. Ich schaute nach oben und sah, wie ein Fuß in der Luft baumelte. Das waren Sannes Schuhe!
    »Komm weiter!«, rief ich. »Du bist gleich unten!«
    Ich schaute zu, wie sich Sanne die letzten Stufen vorsichtig hinuntertastete. Wie mir schien, dauerte es unendlich lange, und als sie dann ganz unten war, sah ich auch, warum das so war. Sie trug Lazy unter dem rechten Arm!
    Mir wurde ganz anders. Ich hatte meinen Hund da oben vergessen! Das war mir noch nie passiert! Schnell nahm ich ihr Lazy ab.
    »Mann, mit einer Hand da runter«, sagte Sanne schnaufend. »Das mach mir erst mal nach!«
    »Tut mir leid«, meinte ich entschuldigend. »Ich konnte einfach an nichts anderes mehr denken.«
    »Ist schon gut. Das haben wir gesehen. Aber du hast es geschafft!«
    Dann erschienen Janines Beine, und kurz darauf kam auch Tommy herabgeklettert, Jever unter dem Arm.
    Kaum hatte er den Griff losgelassen, flackerten überall um uns herum Fackeln auf. Voller Ehrfurcht sahen wir zu, wie sich eine nach der anderen entzündete und einen uns wohlbekannten Raum erleuchteten.
    »Die Kammer des Wissens!«, flüsterte Janine.
    »Ja«, sagte Tommy. »Wir haben es geschafft. Tolle Leistung, Joe!«
    Ich war stolz, aber ich fühlte den Stolz für uns alle.
    »Leg es zurück!«, rief Sanne ängstlich. »Die Zeit muss um sein!«
    Es war keine Zeit mehr zum Diskutieren. Tommy zögerte keine Sekunde. Er holte das Buch der Gaben aus dem Hosenbund hervor, machte die wenigen Schritte bis in die Mitte der Kammer und legte es auf den Boden. Dann trat er zurück und stellte sich wieder zu uns.
    »Hoffentlich war es noch rechtzeitig«, murmelte Janine.
    Zuerst geschah gar nichts. Mit bangem Herzen standen wir nah an der Wand der Kammer und warteten darauf, dass etwas mit dem Buch passieren würde. Ich betrachtete die Hieroglyphen und fragte mich unwillkürlich, ob vielleicht wieder einige von ihnen aufglühen würden. Doch sie bewegten sich nur scheinbar im Licht der Fackeln. Und dann passierte das, worauf wir gewartet hatten. Rings um das Buch der Gaben leuchtete der Boden auf und ein rot glühender Kreis entstand!
    Gebannt verfolgten wir das Schauspiel. Sekundenlang verstärkte sich das Glühen und wurde immer intensiver, bis ich die Augen zusammenkneifen musste. Dann gab es einen kleinen Blitz, und die Erscheinung war
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