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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land
Autoren: Bernard Cornwell
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Dörfer!», sagte Bischof Erkenwald.   Er klang gleichzeitig überrascht und empört. Wessex war seit Jahren von größeren Wikingerüberfällen verschont geblieben, weil die Burgfesten es schützten. Das waren Städte, die Alfred mit Wallanlagen umgeben und mit einer Garnison hatte ausstatten lassen, und dennoch brannten, schändeten und raubten Haralds Männer im gesamten östlichen Teil von Wessex. Sie umgingen die Burgfesten und griffen nur kleinere Siedlungen an. «Sie sind schon weit hinter Cent!», rief Erkenwald.
    «Und sie stoßen noch tiefer nach Wessex vor», sagte ich.
    «Wie viele sind es?»
    «Es sollen zweihundert Schiffe angekommen sein. Also müssen sie wenigstens fünftausend Kämpfer haben. Ungefähr zweitausend davon werden wohl mit Harald auf Beutezug gegangen sein.»
    «Nur zweitausend?», fragte der Bischof scharf.
    «Es hängt davon ab, wie viele Pferde sie haben», erklärte ich. «Nur berittene Krieger beteiligen sich an den Überfällen, die übrigen bewachen die Schiffe.» «Dennoch ist es eine gewaltige Horde.» Er berührte das Kreuz, das um seinen Hals hing. «Unser Herr König», fuhr er fort, «hat entschieden, diese Heiden bei Æscengum zu schlagen.» «Æscengum!»
    «Und warum nicht?» Der Bischof zuckte zurück, als ich auflachte. «Da gibt es nichts zu lachen», giftete er. Doch, das gab es! Alfred, es mochte auch Æthelred gewesen sein, hatte die Armee von Wessex nach Cent geführt, sie auf einem bewaldeten Bergkamm zwischen den Kräften von Haesten und Harald aufgestellt, und dann hatten sie nichts weiter getan. Nun schien es so, als habe Alfred, oder vielleicht   auch sein Schwiegersohn, beschlossen, sich mit dem Heer nach Æscengum zurückzuziehen, einer Burgfeste mitten in Wessex. Vermutlich hofften sie, Harald würde sie dort angreifen und sie könnten ihn an den Wällen niederschlagen. Es war eine läppische Idee. Harald war ein Wolf, Wessex war eine Schafherde, und Alfreds Armee war der Wolfshund, der die Schafe beschützen sollte, doch nun leinte Alfred den Wolfshund an, weil er hoffte, der Wolf käme herbei und würde sich totbeißen lassen. Stattdessen gab er dem Wolf die Freiheit, sich in aller Ruhe an der Schafherde gütlich zu tun. «Und unser Herr König», sagte Erkenwald hochmütig, «hat darum gebeten, dass Ihr Euch ihm mit einigen Truppen anschließt, aber nur, wenn ich sicher sein kann, dass Haesten in Eurer Abwesenheit nicht Lundene angreift.»
    «Das wird er nicht», sagte ich und spürte, wie ein Hochgefühl in mir aufstieg. Endlich hatte Alfred meine Hilfe erbeten, und das bedeutete, dass der Wolfshund ein paar scharfe Zähne bekommen würde.
    «Fürchtet Haesten, dass wir die Geiseln töten?»
    «Haesten gibt nicht mal einen stinkenden Furz auf die Geiseln. Der eine, den er seinen Sohn nennt, ist irgendein Bauernjunge, den er in ein prächtiges Gewand gesteckt hat, um uns zu täuschen.»
    «Und warum habt Ihr Euch dann mit ihm einverstanden erklärt?», fragte der Bischof entrüstet.
    «Was hätte ich denn Eurer Meinung nach tun sollen? Haestens Hauptlager angreifen, um nach seinen ungewaschenen Abkömmlingen zu suchen?» «Also betrügt Haesten uns?»
    «Natürlich betrügt er uns, aber er wird Lundene nicht angreifen, bevor Harald nicht Alfred geschlagen hat.»
    «Ich wünschte, da könnten wir sicher sein.»
    «Haesten ist vorsichtig», sagte ich. «Er kämpft nur, wenn er sicher ist, siegen zu können, andernfalls wartet er ab.»
    Erkenwald nickte. «Also führt Ihr morgen Eure Männer nach Süden», befahl er. Dann ging er davon, und seine Priester wieselten hinterher.
    Jetzt, mit dem Abstand so vieler Jahre, erkenne ich, dass Bischof Erkenwald und ich Lundene gut regiert haben. Ich mochte ihn nicht, und er hasste mich, und wir fluchten auf die Zeit, die wir miteinander verbringen mussten, aber er mischte sich nie in meine Garnisonsführung ein und ich mich nicht in seine Stadtregierung. Ein anderer Mann hätte mich vielleicht gefragt, mit wie vielen Kämpfern ich nach Süden ziehen oder wie viele ich zum Schutze der Stadt zurücklassen wollte, doch Erkenwald traute mir die richtige Entscheidung zu. Er war ein Fuchs.
    «Wie viele Männer reiten mit dir?», fragte mich Gisela an diesem Abend. Wir waren in unserem Haus, dem Haus eines römischen Händlers am Nordufer der Temes. Der Fluss verbreitete oft üblen Gestank, aber wir hatten uns daran gewöhnt und waren glücklich. Wir hatten Sklaven, Diener und Wächter, Kinderfrauen und Köche, und
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