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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land
Autoren: Bernard Cornwell
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der trostlosen Marschen. «Was sollte einen Mann dazu bringen, das alles hinter sich zu lassen, Herr?»
    «Du sollst Wessex verlassen», wiederholte ich ungerührt, «einwilligen, nicht in Mercien einzumarschieren, meinem König zwei Geiseln geben und seine beiden Missionare bei dir aufnehmen.»
    «Missionare!», sagte Haesten und deutete mit seinem Hornlöffel auf mich. «Das könnt Ihr doch nicht billigen, Herr Uhtred! Ihr verehrt immerhin noch die wahren Götter.» Er drehte sich auf seinem Stuhl um und starrte die beiden Priester an. «Vielleicht bringe ich sie einfach um.»
    «Tu das, und ich sauge dir die Augen aus dem Kopf.»
    Er bemerkte die Gehässigkeit in meiner Stimme und war überrascht. Einen winzigen Moment lang blitzte Feindseligkeit in seinem Blick auf, doch seine Stimme blieb ruhig. «Seid Ihr Christ geworden, Herr?» «Pater Willibald ist mein Freund.»
    «Das hättet Ihr mir gleich sagen sollen. Dann hätte ich keine solchen Scherze gemacht. Freilich bleiben die beiden am Leben, und sie dürfen sogar zu uns predigen, aber sie werden nichts damit erreichen. Also - Alfred befiehlt mir, meine Schiffe wegzubringen?»
    «Sogar sehr weit weg», sagte ich.
    «Aber wohin nur?», fragte er mit gespielter Unschuld.
    «Ins Frankenreich?»
    «Die Franken haben mich dafür bezahlt, dass ich sie in Frieden lasse. Sie haben uns sogar Schiffe gebaut, damit wir schneller wegkommen! Wird Alfred uns ebenfalls Schiffe bauen?»
    «Du sollst Wessex verlassen», sagte ich hartnäckig, «du sollst Mercien nicht bedrohen, du sollst die Missionare aufnehmen, und du sollst Alfred Geiseln schicken.»
    «Ah.» Haesten lächelte. «Die Geiseln.» Er starrte mich unbewegt an, schien dann die Sache mit den Geiseln vergessen zu haben und deutete in Richtung See. «Und wohin sollen wir gehen?»
    «Alfred bezahlt dich dafür, dass du Wessex verlässt», sagte ich, «und wohin du gehst, ist nicht meine Sorge, aber ich rate dir, dich möglichst außer Reichweite meines Schwertes zu halten.»
    Haesten lachte. «Euer Schwert, Herr, rostet in der Scheide.» Er richtete einen Daumen über die Schulter nach Süden. «Wessex brennt», sagte er genüsslich, «und Alfred lässt Euch schlafen.» Er hatte recht. Weit im Süden stiegen hellgraue Rauchtürme in den Sommerhimmel. Ein Dutzend oder mehr Dörfer mussten brennen, und das war nur das, was ich sehen konnte. Der ganze Osten von Wessex wurde verwüstet, und statt mich bei der Vertreibung der Eindringlinge zu Hilfe zu rufen, hatte mir Alfred befohlen, in Lundene zu bleiben und die Stadt vor Angriffen zu schützen. Haesten grinste. «Denkt Alfred vielleicht, Ihr wäret zu alt zum Kämpfen, Herr?»
    Auf diese Stichelei ging ich nicht ein. Wenn ich nach all den Jahren heute zurückschaue, sehe ich mich damals als jungen Mann, obwohl ich zumindest fünfunddreißig oder sechsunddreißig gewesen sein muss. Die meisten Männer werden nicht einmal so alt, aber ich war vom Glück begünstigt. Ich hatte nichts von meinem Geschick am Schwert oder meiner Kraft verloren. Zwar hinkte ich aufgrund einer alten Verletzung ein wenig, aber ich hatte auch das Wertvollste gewonnen, was ein Krieger erringen kann: einen bedeutenden Ruf. Doch Haesten glaubte mich reizen zu können, weil er wusste, dass ich als Bittsteller zu ihm kam.
    Ich kam als Bittsteller, weil zwei dänische Flotten in Cent, dem östlichsten Teil von Wessex, gelandet waren. Haesten befehligte die kleinere der beiden Flotten, und bislang hatte er sich damit zufriedengegeben, die Festung zu bauen und seine Männer nur gerade so viele Raubzüge unternehmen zu lassen, dass er genügend Nahrungsmittel   und ein paar Sklaven zur Verfügung hatte. Er hatte sogar die Schifffahrt auf der Temes unbehelligt gelassen. Noch vermied er den Kampf gegen Wessex, denn er wollte abwarten, was im Süden geschehen würde, wo eine weitere, viel größere Dänenflotte gelandet war.
    Jarl Harald Bluthaar hatte mehr als zweihundert Schiffe voll gieriger Männer nach Wessex gebracht, und sein Heer hatte eine halbfertige Burgfeste gestürmt und die Männer darin abgeschlachtet. Jetzt zogen seine Krieger durch Cent, brandschatzend und mordend, raubend und Sklaven nehmend. Es waren Haralds Männer, die den Himmel mit Rauch erfüllt hatten. Alfred war gegen beide Eindringlinge gezogen. Der König war inzwischen alt, alt und noch schwerer krank als zuvor, und deshalb wurden seine Truppen angeblich von seinem Schwiegersohn, dem Herrn Æthelred von Mercien, und Alfreds
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