Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
ich lauernd.
    «So war es», sagte der alte Mönch, «mit Gottes Hilfe.»
    «Mit Gottes Hilfe? Mit meiner Hilfe! Ich habe diese Schlacht geschlagen, nicht Æthelred!» Keiner der Mönche sagte etwas. Sie starrten mich nur an. Einer meiner Männer erschien an dem Ende des Durchgangsraums, an das sich der Kreuzgang anschloss, lehnte sich an die Wand und grinste so breit, dass man seine Zahnlücken sah. «Ich war   bei Fearnhamme!», setzte ich hinzu. Dann griff ich mir das einzige Exemplar der Annalen von Mercien und blätterte durch die steifen Seiten. Æthelred, Æthelred, Æthelred und kein einziges Mal Uhtred, kaum dass je Alfred erwähnt wurde, auch Æthelflæd kam nicht vor, nur Æthelred. Ich blätterte zu der Seite, auf der von den Ereignissen nach der Schlacht von Fearnhamme berichtet wurde. «», las ich laut, «» Ich sah dem alten Mönch direkt in die Augen. «Æthelred und Edward haben diese Armee geführt?»
    «So heißt es, Herr.» Die Missachtung in seinem Blick war verschwunden.
    «Ich habe sie geführt, du Bastard!» Ich raffte die neubeschriebenen und die Seiten der Erstschrift zusammen und ging zur Kohlenpfanne.
    «Nein!», begehrte der alte Mann auf.
    «Das sind Lügen», sagte ich.
    Er hob beschwichtigend die Hand. «Vierzig Jahre lang, Herr», sagte er bescheiden, «sind diese Berichte zusammengetragen und aufbewahrt worden. Sie sind die Geschichte unseres Volkes. Und dies ist die einzige Ausfertigung!»
    «Das sind Lügen! Ich war dort. Ich war auf diesem Hügel bei Fearnhamme und in dem Graben bei Beamfleot. Wart Ihr auch dort?»
    «Ich war noch sehr jung, Herr.»
    Er quiekte entsetzt auf, als ich die Manuskripte auf die Kohlenpfanne warf. Hastig versuchte er, die Pergamente zu retten, aber ich schlug seine Hand weg.
    «Ich war dort», wiederholte ich und starrte auf die Pergamentseiten, die   sich dunkler färbten und zusammenrollten, bevor sie von den Rändern her knisternd Flammen fingen. «Ich war dort.»
    «Vierzig Jahre Arbeit und Mühen!», rief der Mönch fassungslos.
    «Wenn Ihr wissen wollt, was geschehen ist», sagte ich, «dann kommt zu mir nach Bebbanburg, und ich erzähle Euch die Wahrheit.»
    Sie kamen nie.
    Aber ich war bei Fearnhamme, und das war nur der Anfang der Geschichte.
     
Eins
     
    Es war Morgen, und ich war jung, und auf der See lag ein silbrig-rosafarbener Schimmer unter dem Nebelhauch, der die Küste verhüllte. Südlich von mir lag Cent, nördlich Ostanglien und hinter mir Lundene. Vor mir ging die Sonne auf und vergoldete die wenigen Wolken, die über den Himmel zogen.
    Wir befanden uns im Mündungsgebiet der Temes. Mein Schiff, der
Seolferwulf,
war neu und leckte, wie es alle neuen Schiffe tun. Friesische Handwerker hatten es aus ungewöhnlich hellen Eichenbalken gebaut. Daher hatte es seinen Namen:
Silberwolf.
Hinter mir waren der
Kenelm,
der von König Alfred nach irgendeinem ermordeten Heiligen benannt worden war, und der
Drachenfahrer,
den wir den Dänen abgenommen hatten. Der
Drachenfahrer
war eine wahre Schönheit, ein Schiff, wie allein die Dänen es bauen können. Es hatte einen schlanken Körper, war leicht zu lenken und doch tödlich in der Schlacht.
    Auch der
Seolferwulf
war
eine Schönheit: langkielig, breit und mit hohem Bug.
    Ich hatte ihn selbst bezahlt, den friesischen Schiffszimmerern Gold gegeben und zugesehen, wie seine Rippen wuchsen, die Plankenhaut entstand und wie schließlich der stolze Bug über der Werft aufragte. Am Bug war ein aus Eichenholz geschnitzter Wolfskopf befestigt, der zuerst ganz weiß und dann noch mit einer roten, heraushängenden Zunge, roten Augen und gelben Fängen bemalt worden war.
    Bischof Erkenwald von Lundene hatte mich getadelt.   Seiner Meinung nach hätte ich das Schiff nach einem dieser Heiligen, dieser christlichen Weichlinge, nennen sollen. Dann hatte er mir ein Kruzifix überreicht, das ich an den Mast des
Seolferwulfs
nageln sollte, doch stattdessen verbrannte ich den hölzernen Gott an seinem hölzernen Kreuz, mischte die Asche unter zerstampfte Äpfel und fütterte meine Säue damit.
    Ich bete zu Thor.
    An diesem fernen Morgen also, an dem ich noch jung war, ruderten wir ostwärts auf der silber- und rosafarbenen See. Mein Wolfsbug war mit einem belaubten Eichenzweig geschmückt. Wir zeigten damit,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher