Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Boese in uns

Das Boese in uns

Titel: Das Boese in uns
Autoren: Cody Mcfadyen
Vom Netzwerk:
sie, kreischte sie, wieder und wieder. Bitte, bitte, töte mich und mach, dass es aufhört, mach, dass es aufhört, o gütiger Gott, mach, dass es aufhört...
    »Mom war katholisch und immer sehr gläubig gewesen. Sie erzog mich zur Katholikin. Und trotzdem lag sie in ihrem Bett und bettelte um ihren Tod.«
    »Gott erlegt uns Prüfungen auf«, sagt Michael.
    Ich sehe ihn an und überlege, ob ich ihn umbringen soll. Doch nur für eine Millisekunde.
    »Eines Tages, ganz gegen Ende, hatte Mom einen guten Morgen. Das kam manchmal vor. Manchmal war sie ganz bei sich. Ihre Augen waren normal und klar, und wir konnten uns sogar ein wenig unterhalten. Doch es dauerte nie lange. An jenem Morgen hätte ich meinen Vater hinzurufen können, aber ich tat es nicht. Ich beschloss, allein mit ihr zu reden, unter vier Augen.«
    »Über ihren Todeswunsch.« Es ist eine Feststellung, keine Frage.
    »Ja. Ich sagte ihr, dass Selbstmord eine Sünde wäre, und wenn sie mich darum bäte, sie zu töten, und ich ihren Wunsch erfüllte, würde sie in die Hölle fahren. Ich sagte ihr, sie müsse mir sagen, dass sie leben wollte bis zum Ende. Ich musste diese Worte aus ihrem Mund hören.«
    Michael neigt den Kopf zur Seite, während er mich aus zusammengekniffenen Augen mustert.
    Sieht er schon, wohin das führt? Vielleicht. Vielleicht ist das sein Talent, seine Begabung. Vielleicht riecht er Sünden wie ein Hund das Fleisch.
    »Sie war klar im Kopf. Sie hatte immer noch Schmerzen, doch sie begriff, was ich von ihr wollte, und in diesem Moment zeigte sie mir, wie weit echter Glaube gehen konnte. Sie lächelte und sagte mir genau das Gleiche wie Sie vorhin. >Gott prüft mich, Liebes, das ist alles. Es ist bald vorbei<, sagte sie. >Sag die Worte, Mom<, bettelte ich sie an. Sie war ein wenig verblüfft, doch sie war müde, unendlich müde. >Ich möchte bis zum Ende leben<, sagte sie dann. Eine Stunde später war sie wieder im Fieberwahn, gefangen im Schmerz, und bettelte um ihren Tod.«
    »Das hört sich an, als wäre Ihre Mutter eine außergewöhnliche Frau gewesen.«
    »Ja, das war sie.«
    Er beugt sich ein klein wenig vor. »Die Sünde, Smoky Barrett. Was haben Sie getan?« Ich hasse es, dass er mich mit Vornamen anspricht. »Ich musste die Worte hören, verstehen Sie? Damit es nicht Selbstmord war, als ich sie getötet habe.« Da hast du es, denke ich. Die Wahrheit.
    Seine Augen haben sich unmerklich geweitet. Nicht aus Schock oder Überraschung, sondern wegen des Nervenkitzels. Die Wahrheit ist seine Droge.
    »Sie haben Ihre Mutter getötet?«, fragt er atemlos.
    »Ich habe ihr Frieden gegeben. Den Frieden, den Gott ihr nicht geben wollte. Sie litt Höllenqualen. Kein Tier lassen wir so leiden. Warum sollten Menschen so etwas durchmachen?«
    »Weil Menschen eine Seele haben, Smoky.«
    Ich würde ihm am liebsten ins Gesicht spucken.
    »Was auch immer, letzten Endes habe ich sie mit einer Überdosis Morphium vergiftet. Ich wusste, was ich zu tun hatte — ich habe geholfen, ihr ihre Medikamente zu geben. Und es war kein Selbstmord, also ist sie dafür nicht in die Hölle gekommen.«
    Er trommelt mit den Fingern auf das Resopal des Tisches, während er nachdenkt. »Ich muss dir zustimmen, Smoky. Deine Mutter ist in den Himmel gekommen. Ihr letzter, bei klarem Verstand geäußerter Wunsch war es, zu leben. Du selbst jedoch ...« Er schüttelt den Kopf. »Du wirst Gottes Gnade niemals spüren, es sei denn, du bittest ihn um Vergebung.«
    »Mag sein. Aber das war nicht unsere Abmachung. Ich habe mich bereit erklärt, etwas zu beichten, und ich glaube, ich habe meinen Teil der Vereinbarung eingehalten.«
    Er seufzt. »Ja. Und ich habe bei Gott geschworen. Ich hoffe trotzdem, dass du irgendwann darüber nachdenkst. Ich hoffe für dich, dass du eines Tages aufwachst und Gott bittest, dir den Mord an deiner Mutter zu vergeben. Verstehst du denn nicht? Es ist die einzige Möglichkeit, wie du sie jemals wiedersehen kannst.«
    »Was ist mit den Leichen der anderen Opfer?« Meine Stimme ist eisig.
    »Speckkäfer. Das sind Fleischfresser, die beispielsweise beim Präparieren von Tierkörpern eingesetzt werden, um die Knochen von Haut und Fleisch zu befreien. Diese Käfer sind sehr effizient, und man kann sie leicht erwerben. Wir benutzten sie, um die Leichen zu skelettieren. Anschließend haben wir die Knochen zermahlen und das Pulver auf geweihtem Boden verstreut.«
    »Sie haben die Leichen von Käfern ... auffressen lassen?«, frage ich fassungslos.
    »Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher