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Das Boese in uns

Das Boese in uns

Titel: Das Boese in uns
Autoren: Cody Mcfadyen
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Körper ist nur ein Gefäß, Smoky. Ihre Seelen sind im Himmel.« Er ist ruhig, gelassen, entspannt.
    »Ich bin nicht sicher, ob die Familien der Opfer das auch so sehen.«
    »Es spielt keine Rolle, ob sie es so sehen oder nicht. Die Wahrheit bleibt die Wahrheit.«
    Ich kämpfe gegen das Verlangen an, ihn mit den bloßen Händen zu erwürgen. Nur noch ein paar letzte Fragen.
    »Wie haben Sie von Dexter Reid erfahren?«
    »Dexters ... Situation wurde zu einem kontroversen Thema in verschiedenen katholischen Weblogs. Wir haben weltweit sämtliche für Katholiken relevanten Nachrichten im Internet verfolgt.«
    Ich stelle mir Michael und Frances als Ghouls vor, zusammengekauert in der Dunkelheit, die Gesichter erhellt vom geisterhaften Schimmern eines Computerbildschirms, während sie sich die Lippen lecken und durch den Cyberspace surfen.
    »Reden wir von Ihrer Vorgehensweise. War sie immer gleich? Frances hat sich in die Gemeinde eingeschlichen und die Beichtstühle verwanzt?«
    Er nickt. »Anschließend haben wir gemeinsam die Bänder abgehört und unsere Wahl getroffen. Frances freundete sich dann mit der jeweiligen Person an, um deren Verhaltensmuster kennenzulernen.«
    »Und Sie haben das Töten übernommen.«
    »Manchmal hat Frances geholfen, aber im Allgemeinen ... ja. Das war unsere Arbeitsteilung.«
    »Anschließend blieb Frances noch eine Zeit lang in der Kirchengemeinde, damit niemand Verdacht schöpft, sie könnte etwas mit dem Verschwinden des Opfers zu tun haben.«
    Er nickt erneut. »Richtig.«
    »Sie haben mit Ihrer ... Arbeit angefangen, ehe es das Internet gab. Was hatten Sie ursprünglich mit den Filmen vor, die Sie aufgenommen haben?«
    »Wir wussten es selbst nicht genau. Wir wussten nur, dass wir unsere Arbeit aufzeichnen mussten, doch ich gestehe, dass uns anfangs nicht klar war, wie wir diese Aufzeichnungen letztlich nutzen würden. An eine Nachrichtenagentur schicken? Direkt an andere Leute?« Er blickt auf und lächelt. »Wir vertrauten darauf, dass Gott uns einen Weg zeigen würde, und tatsächlich, nach einer Reihe von Jahren hat er es getan.«
    »Warum haben Sie bei Lisa Reid Ihre Vorgehensweise geändert? In Lisas Fall haben Sie selbst die Gemeinde infiltriert.«
    Er zuckt die Schultern. »Eifer, nehme ich an. Wir haben zwanzig Jahre damit verbracht, unsere Sache aufzubauen. Wir wussten, dass unser Werk fast vollendet war, und wir wollten keine Sekunde länger warten als nötig. Und weil wir an die Öffentlichkeit treten wollten, war es nicht mehr notwendig, ganz so vorsichtig zu sein. Abgesehen davon hatte ich auf diese Weise Gelegenheit, meinen eigenen Daumenabdruck auf dem Kelch zu hinterlassen.«
    »Hatten Sie denn keine Angst, Lisa könnte Sie im Flugzeug erkennen?«
    »Ich trug einen falschen Bart und änderte meine Augenfarbe. Sie hatte mich immer nur in einem Rollstuhl gesehen. Wenn jemand behindert ist, erinnern die Menschen sich oft nur an die Behinderung.«
    Da hat er recht.
    »Woher wussten Sie, dass Ihr Werk getan war?«
    Das ist eine Schlüsselfrage für mich, denn es macht Michael und Frances einzigartig, von einem »Abschluss ihres Werks« zu reden. Serienkiller töten, weil sie es gerne tun. Sie töten, bis sie aufgehalten werden, entweder durch Verhaftung oder Tod. Die Murphys haben praktisch von allein das Töten eingestellt, indem sie sich offenbarten.
    »Wir haben immer gewusst, dass wir eines Tages erkennen würden, wann wir genug getan hatten. Vor ein paar Monaten wurde uns offenbar, dass dieser Augenblick gekommen war.«
    »Wie das?«
    Michael Murphy sieht mir direkt in die Augen und lächelt. Es ist das freudigste Lächeln, der glückseligste Ausdruck, den ich jemals auf einem menschlichen Gesicht gesehen habe.
    »Gott hat es mir gesagt.«
    Seine Stimme bebt vor Ehrfurcht. Er meint es nicht als Scherz.
    »Er hat mit Ihnen gesprochen?«
    »Nicht nur das. Er ist mir erschienen! Es war vor ungefähr drei Monaten. Ich hatte aus irgendeinem Grund schlecht geschlafen in jener Nacht, was ungewöhnlich war. Normalerweise schlafe ich tief und fest. Ich war einen Moment lang eingedöst. Es war an der Grenze, an jenem Abgrund, bevor man in Bewusstlosigkeit stürzt, als ich seine Stimme vernahm.«
    »Was hat er gesagt?«, bohre ich nach, obwohl es unnötig ist. Michael ist zurückgekehrt zu jenem Augenblick und hört die Stimme Gottes, so wie damals.
    »>Michael, mein Sohn, du hast dein Werk vollbracht<, hat er gesagt. >Du bist einen schweren Weg gegangen und hast große
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