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Das Blut der Unsterblichen

Das Blut der Unsterblichen

Titel: Das Blut der Unsterblichen
Autoren: Christine Saamer-Millman
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Kristina nicht allzu viel für alkoholische Aufmunterungsversuche übrig hatte, konnte sie tatsächlich eine Auflockerung gebrauchen. Sie prosteten einander zu und tranken einen Schluck. Pia bewegte ihren Kopf im Rhythmus der Musik und ließ den Blick über die Gäste schweifen.
    „Suchst du jemanden?“, fragte Kristina.
    „Was?“, schrie Pia.
    Kristina winkte ab. Sie hatte keine Lust, jeden Satz zweimal zu wiederholen. Stattdessen rührte sie in ihrem Glas herum, betrachtete die bernsteinfarbene Flüssigkeit und fragte sich, wie ein derart hochprozentiges Gemisch so harmlos schmecken konnte.
    Plötzlich stieß Pia einen freudigen Ruf aus.
    „Was ist?“, fragte Kristina und folgte Pias aufgeregtem Blick, konnte aber nichts Aufsehenerregendes entdecken.
     „… ist Paul … bin … wieder da“, rief Pia, schnappte ihre Handtasche und eilte davon.
    Verwirrt blickte Kristina ihr nach. Sie hatte nicht alles verstanden, doch der Name Paul genügte ihr. Nach Pias eigenen Angaben handelte es sich um ihren Traummann. Wenn er also tatsächlich hier war, stand zu befürchten, dass ihre Freundin in den nächsten ein bis zwei Stunden nicht an den Tisch zurückkehren würde. Ihre Stimmung verdüsterte sich, da half auch kein Long Island Icetea, und wohl zum hundertsten Mal fragte sie sich, warum sie sich hatte überreden lassen, Pia zu begleiten. Wahrscheinlich war sie von vorneherein nur darauf aus gewesen, Paul zu treffen und hatte sie nur als Alibi mitgeschleppt.
    Missmutig schob sie mit dem Strohhalm die Eiswürfel in ihrem Glas herum und überlegte, ob sie genug Geld für ein Taxi dabei hatte. Sie beschloss, auf die Toilette zu gehen, um nachzusehen. Während sie nach ihrer Handtasche griff, beugte sich unvermittelt eine Gestalt zu ihr hinab und murmelte ihr etwas ins Ohr. Die Stimme klang sehr angenehm, tief und weich und hatte einen leichten Akzent. Kristina drehte sich um und blickte in dunkle Augen, die in dem Dämmerlicht fast schwarz wirkten. Der Fremde hatte schwarzes, schulterlanges Haar, ein längliches Gesicht und schmale Lippen, deren strenge Kontur von einem einnehmenden Lächeln abgemildert wurde. Eine Reihe strahlend weißer Zähne und zwei Grübchen auf den Wangen vervollständigten das Bild. Sie fand ihn attraktiv, sehr sogar, doch da sie seine Worte nicht verstanden hatte, schüttelte sie vorsichtshalber den Kopf.
    Er nickte, deutete eine Verbeugung an und wandte sich zum Gehen. Kristina blickte ihm neugierig nach. Sein Gang war geschmeidig und irgendwie sexy. Er durchquerte den Raum und verschwand im Schatten einer Kunstpalme. Sie runzelte die Stirn und starrte auf den dunklen Schemen neben dem Plastikgrün, bis ihr bewusst wurde, dass er sie wahrscheinlich besser sehen konnte, als sie ihn. Schnell sah sie weg, erhob sich und schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch zu der schmalen Treppe, die in den Keller mit den Sanitäranlagen führte. Vor der Tür hatte sich eine lange Schlange gebildet, was ihr ein entnervtes Augenrollen entlockte. Während sie auf eine freie Kabine wartete, grübelte sie über Pias Qualitäten als Freundin und den Mann, der sie angesprochen hatte, nach.
    Trotz ihrer schlechten Laune hatte er ihr Interesse geweckt, und sie hoffte, dass er sie noch einmal ansprechen würde. Ein Flirt würde den Abend sicher erträglicher gestalten und sie könnte sich das Taxigeld sparen. Als sie endlich an der Reihe war, beeilte sie sich mit dem Toilettengang, legte noch ein wenig Lipgloss auf, sowie einen Spritzer Parfüm und begab sich nach oben zurück. Sie schlenderte absichtlich nahe an der Kunstpalme vorbei, konnte den Fremden aber nirgends entdecken. Wahrscheinlich sprach er schon die nächste attraktive Brünette an.
    Enttäuscht setzte sie sich an ihren Tisch und griff nach dem Drink. In ihrer Eile hatte sie sogar vergessen, ihr Geld zu zählen. Verdammt.
    Zu ihrer Rechten erspähte sie einen muskulösen Mann, der neben der Tanzfläche stand und sie ungeniert musterte. Die Ärmel seines T-Shirts spannten sich über Oberarme, die so dick waren wie ihre Schenkel. Als er sah, dass sie seine Blicke bemerkt hatte, grinste er breit, hob sein Glas und prostete ihr zu. Kristina erwiderte sein Lächeln gequält und hoffte inständig, dass er nicht auf die Idee kommen würde, sie anzusprechen. Um ihm ihr Desinteresse zu signalisieren, reagierte sie nicht auf seine Geste und sah eilig in eine andere Richtung. Doch die Tatsache, dass sie seine Blicke bemerkt hatte, war anscheinend
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