Das Band der Magie
wartete geduldig, bis ich mich wieder eingekriegt hatte.
Gegen Abend ging ich zu ihm, umarmte seinen mächtigen Hals und drückte ihn fest an mich. „Danke!“, sagte ich. „Danke!“
Bei dem Gedanken daran, was Keelin da gerade getan hatte, wurde mir ganz schwindelig. Es war nicht nur, dass er mir Hühner geschenkt hatte. Das allein war ja schon genial, hatte ich doch noch nie ein Geschenk bekommen.
Es war eine so menschliche Handlung gewesen – und eine wohl durchdachte und gut geschlussfolgerte noch dazu.
Die Eier waren der Beweis: Keelin war hochintelligent und ganz gewiss kein normaler Veddawolf.
Wobei … ich hatte ohnehin nur eine grobe Idee davon, was ein Veddawolf überhaupt war. Ich wusste, dass es sich dabei um Magiewesen handelte, die ihre Opfer mit Gebell lähmten. Ich war auch schon einem Rudel begegnet, was keine schöne Erfahrung gewesen war. Aber so wie Keelin waren sie definitiv nicht gewesen.
Aber was war Keelin denn dann?
Ich verdrängte den doch ziemlich wichtigen Gedanken und freute mich lieber über meine neuen Hühner.
Hätte ich Keelin nicht bereits fest in mein Herz geschlossen, ich hätte mich spätestens jetzt unendlich in ihn verliebt.
Den Biber nahm ich dann aber trotzdem aus und trocknete sein Fell. Er wäre andernfalls ja umsonst gestorben. Ich nähte daraus einen neuen Beutel, aß aber nichts von seinem Fleisch ... irgendwie war mir der Appetit auf ihn vergangen.
Am nächsten Tag nahm ich sogar die Geweihe von der Wand, selbst meinen riesigen Sechzehnender, auf den ich so stolz war. Keelin hatte ihn jeden Tag missbilligend gemustert.
„Zufrieden?“, fragte ich ihn. Keelin schnaufte als Antwort.
Also hatte ich endlich Eier. Die ersten Eier ließ ich in Frieden, so dass ich bald ganz viele Küken hatte. Die waren so niedlich, dass ich einen ganzen Tag nur im Pferch saß und die kleinen Flauschbällchen streichelte. Keelin streunte in der Zwischenzeit irgendwo in der Gegend herum.
Fast rechnete ich damit, dass er mir auch Vorwürfe machen würde, wenn ich Eier aß. Aber Eier zu essen war wohl in Ordnung. Er klaute sich sogar ab und zu selbst ein Ei, manchmal auch mal zwei oder drei. Die Aktion war also nicht ganz uneigennützig gewesen.
Durch die Eier lernte ich dann auch eine neue Tierart kennen und nannte sie kurzerhand Spuknik. Dabei handelte es sich um richtig fiese, kleine Eierdiebe: Sie sahen aus wie Eier, nur mit ganz vielen Warzen, tarnten sich als solche und ließen sich fröhlich von der Henne wärmen, während sie die restlichen Eier verputzten.
Pech für den Spuknik: Ich erkannte ihn als Eierdieb und stellte danach fest, dass sein Fleisch gar nicht mal so schlecht schmeckt.
Glück für mich: Ein Spuknik ist wohl kein Magiewesen. Das stelle ich immer erst fest, wenn ich eins getötet hatte und sich die Magiewelt in irgendeiner Weise rächt.
Der Frühling kam, ich säte mit wenig Begeisterung.
Ich bin keine Bauersfrau, genauso wenig wie ich ein Holzhacker oder eine Köchin bin. Am liebsten geh ich jagen. Aber wie all die anderen Dinge ist eben auch das Säen ein notwendiges Übel.
Zwei Wochen lang schleppte ich kübelweise Wasser auf mein neues Feld. Irgendwann bot sich Keelin mit viel Gebaren an, mir die Eimer abzunehmen. Ich brauchte ziemlich lange, um zu verstehen, warum er mir einen riesigen Stock anschleppte, ein Seil und zwei Eimer.
„Du willst, dass ich dir ein Joch baue?“, erkundigte ich mich dann ungläubig. Er winselte. Das machte er immer: Nicken schien unter seiner Würde zu sein, ebenso wie Kopfschütteln. Das wäre ja auch einfacher gewesen, als sein Jaulen/Winseln/Japsen zu interpretieren. Das hier war wohl ein Ja. Ich zuckte die Schultern. „Okay. Wie du willst!“
Also band ich an die Enden des Stocks die Eimer, füllte sie mit Wasser, legte sie über den mächtigen Rücken des Wolfs und ließ ihn die schwere Arbeit machen. Es gab nur eine eindeutige Bedingung: Wehe, du machst mich nass – dann ist es mit dem Wassertragen vorbei! Das machten seine Blicke Richtung Wasser ziemlich deutlich.
Klar, dass ich peinlich drauf aufpasste, dass mein werter Wolf nicht nass wurde. So ein Wasserträger war ziemlich praktisch.
Wenn ich meine Wäsche machte, bewachte mich Keelin aus sicherer Entfernung. Er suchte sich einen Hügel und ließ dann seine Blicke schweifen. Da sich hierher noch nie ein Mensch verirrt hatte, sah ich darin eigentlich keine Notwendigkeit, ich fand es aber beruhigend, dass er wohl auch auf wilde Tiere aufpasste. Einen
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