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Das Baby vom Deich

Das Baby vom Deich

Titel: Das Baby vom Deich
Autoren: Angelika Friedemann
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Telefon läutete und sein Arbeitsalltag begann. Durch den Artikel in den heutigen Ausgaben riefen den ganzen Vormittag die Leute an. Die meisten konnte er beruhigen, da die Frauen noch nicht entbunden hatten. Bei anderen notierte er Namen und Anschrift. Es war erstaunlich, dass Menschen solche Handlung der Nachbarin, der angeblich guten Bekannten, ja sogar der Enkelin zutrauten, fand er. Manche erzählten ihm, dass sie eine schwangere Frau gesehen hatten, die sie jedoch nicht kannten und er fragte sich, ob die alle zu viel Langeweile hatten. Andere wollten den Jungen sofort zu sich holen. Zwei Frauen empfahlen ihm, er solle einen Massen-Gen-Test ins Leben rufen. Sie würden sofort kommen.

Am Nachmittag ließ es nach und er fuhr noch einige Adressen ab, erfolglos.
Erst am späten Abend erreichte er seine Wohnung und spürte, dass er Hunger hatte. Schiet fluchte er, da er vergessen hatte, einzukaufen. So duschte er, zog sich an und rief bei seinen Eltern an, fragte ob er etwas Brot und Belag haben könnte. Weggehen hatte er keine Lust. Sein Vater lachte und meinte er solle kommen.
Seine Mutter stellte bereits etwas hin und es roch köstlich.
"Mudding, mach dir keine Arbeit. Ich wollte nicht stören, da ihr auch Ruhe benötigt."
"Halb so schlimm. Magst du ein Bier?"
"Gern!"
"Gehst du heute nicht weg?"
"Nein, ich hab keine Lust. Mir ist nicht nach langweiligem Gelaber."
"Warst du bei dem Lütten?"
"Ja! Ich habe ihn gefüttert und herum getragen, bis er einschlief. Er ist man bannig nüddelich. Er schaut mich an, als wenn er versteht, was ich ihm erzähle."
"Was hast du ihm denn erzählt?", forschte Andreas schmunzelnd nach.
"Eine erfundene Geschichte über Schafe. Keine Ahnung." Er legte das Besteck auf den Teller, trank und schaute seine Eltern an. "Heute habe ich an Iris und Tobias gedacht. Er wäre heute sieben Jahre alt. Ich habe mich gefragt, wie mein Sohn wohl wäre, wie mein Leben mit Frau und Kind verliefe. Seit ehrlich, wäre ich ein guter Vater, so wie Papa es früher war, oder eher so ein gleichgültiger?"
"Du wärst gewiss ein guter Vater. Eike, da steckt etwas anderes dahinter?"
"Du kennst mich gut." Er aß weiter, überlegte, was ihm da gerade durch den Kopf schwirrte.
Erst als er fertig war, man sich ins Wohnzimmer setzte, rückte er mit der Sprache heraus.
"Es ist verrückt, vermute ich, aber der Knirps gefällt mir, berührt irgendetwas in mir, was letztlich sieben Jahre brachlag. Ich möchte ihn gern zu mir holen. Ich weiß, ich habe wenig Zeit, trotzdem. Der Gedanke ist mir eben erst gekommen, aber ich möchte es wirklich. Er soll nach diesem Start wenigstens ein wunderschönes Leben haben. Er soll lachen, sich freuen, Spaß haben, toben können. So aufwachsen wie ich." Er trank. "Ich könnte tagsüber eine Frau für ihn engagieren, die ihn versorgt."
"Was ist abends?"
"Bin ich ja da. Ich habe mich lange genug ausgetobt. Gerade in den letzten Monaten lebe ich generell ruhiger, da es mich anödet."
"Völlig neue Töne. Da wird die Frauenwelt aber traurig sein."
"Kann ich mit leben. Die Attraktiven habe ich mitgenommen und die jungen Dinger interessieren mich nicht. Zu langweilig, zu nervig."
"Aha, mein Sohn lebt die nächsten sechzig Jahre abstinent und keusch."
"So nicht. Hin und wieder läuft mir eine über den Weg, die ich kurz mitnehme."
"Wie wäre es mit einer festen Beziehung?"
"Glaube ich kaum." Er schwieg, sah Iris vor sich.
Andreas Klaasen seufzte verstohlen, schaute erst seine Frau, dann seinen Sohn an.
"Eike, du musst nicht alle Frauen mit Iris vergleichen, weil sie es nur einmal gab. Jeder Mensch ist einmalig, selbst wenn man zuweilen gewisse Affinitäten findet. Denkst du, sie hätte gewollt, dass du deswegen allein bleibst? Gewiss nicht. Sie hätte sich gewünscht, dass du glücklich wirst, mit einer neuen Frau. Sie ist mit eurem Sohn tot, aber du lebst."
"Ich weiß, aber die sechs Jahre mit ihr, waren wunderschön. So eine Frau findet man nicht wieder. Jede andere würde in ihrem Schatten stehen und das wäre unfair. Die Frauen, die ich seitdem hatte, haben mich alle kalt gelassen. Sie waren fürs Bett, aber nie mehr. Fingen sie an zu klammern, nervten sie mich - Finis. Das habe ich gewiss nicht bewusst gesteuert. Es ist einfach so."
"Nur meinst du, der kleine Knirps, den du zu dir holen willst, benötigt keine Mama?"
"Wahrscheinlich hast du recht. Es war nur so ein Gedanke, weil mich wirklich etwas berührt hat, außer was meine Familie betrifft. Es war das Gefühl da, das mir sagte,
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