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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen
Autoren: Garth Nix
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Wasserfall an den Langen Klippen aufstieg.
    Die Toten waren bald nach dem Nebel erschienen, schwerfällige Leichen, die sich mühsam an den Ufern entlangplagten, obwohl sie sich vor dem schnell fließenden Wasser fürchteten. Irgendetwas trieb sie an, etwas, das im Nebel verborgen war. Höchstwahrscheinlich war es Maskenchlorr, die einstige Nekromantin und nunmehr selbst eine der Größeren Toten – eine sehr gefährliche Verbindung, wie Lirael wusste, denn Chlorr verfügte gewiss noch über großes Zauberwissen Freier Magie und hatte im Tod möglicherweise noch weitere finstere Kräfte erworben. Lirael und die Hündin hatten Chlorr vergangene Nacht bei einem Kampf am Ufer vertrieben, doch es war kein Sieg gewesen.
    Lirael konnte die Anwesenheit der Toten und die Unnatürlichkeit des Nebels fühlen. Obwohl das Abhorsen-Haus durch tiefes fließendes Wasser und eine starke magische Abwehr geschützt war, schauderte sie, als würden eisige Finger über ihre Haut streichen.
    Lirael schämte sich, weil ihr Erschauern so offensichtlich gewesen war, doch niemand machte eine Bemerkung darüber; alle blickten sie nur an. Sam, die Hündin und Mogget schienen darauf zu warten, dass sie von selbst eine Erklärung gab. Einen Augenblick lang stieg Entsetzen in Lirael auf. Sie war es nicht gewohnt, das Wort zu ergreifen. Doch Lirael war jetzt die Abhorsen-Nachfolgerin und musste sich äußern, musste die Führung übernehmen, zumal Sabriel sich jenseits der Mauer in Ancelstierre aufhielt, so dass Lirael hier und jetzt die einzige Abhorsen war. Deshalb waren die Toten, der Nebel und Chlorr ihre Probleme. Und sie waren nur kleinere Probleme gegenüber der wahren Bedrohung – das, was Hedge und Nicholas unweit vom Roten See ausgruben.
    Ich muss ihnen etwas vormachen, sagte sich Lirael. Ich muss mich wie eine Abhorsen benehmen. Vielleicht glaube ich es dann sogar selbst, wenn es mir nur gut genug gelingt.
    »Von den Trittsteinen abgesehen – gibt es noch einen anderen Weg hinaus?«, fragte sie und wandte sich nach Süden, um zu den Steinen zu blicken, die unter dem Wasser gerade noch zu sehen waren und die sowohl zum Ost- wie zum Westufer führten. Trittsteine war eigentlich nicht der zutreffende Ausdruck; Sprungsteine wäre passender, da sie jeweils ungefähr sechs Fuß voneinander entfernt waren. Sie befanden sich außerdem dicht am Rand des Wasserfalls. Verfehlte man beim Springen einen Stein, bedeutete es den sicheren Sturz in die tödlichen Tiefen des tosenden Wassers.
    »Sam?«
    Sam schüttelte den Kopf.
    »Mogget?«
    Der kleine weiße Kater lag zusammengekuschelt auf dem blauen und goldenen Kissen, das kurze Zeit auf dem Beobachterhocker gelegen hatte, ehe er es mit einem Pfötchen herunterzog, um es einem besseren Zweck auf dem Boden zuzuführen. Mogget sah äußerlich zwar wie eine Katze aus, doch sein Halsband aus Charterzeichen mit der Miniaturglocke – Ranna, der Schlummerschenkerin – deutete darauf hin, dass er viel mehr war als eine Katze, die reden konnte.
    Nun öffnete er ein leuchtend grünes Auge und gähnte. Ranna klingelte an seinem Halsband, woraufhin Lirael und Sam ebenfalls gähnen mussten.
    »Sabriel hat den Papiersegler dabei, also können wir nicht von hier wegfliegen«, antwortete Mogget. »Ich nehme an, wir könnten ein Boot rufen, doch die Toten würde uns entlang der Ufer folgen.«
    Lirael blickte hinaus auf die Nebelmauern. Sie war erst seit zwei Stunden die Abhorsen-Nachfolgerin und wusste nicht, was zu tun war. Nur eins war ihr gewiss – dass sie das Haus verlassen und zum Roten See eilen musste, um Sams Freund Nicholas zu finden und ihn daran zu hindern, das auszugraben, was immer dort tief unter der Erde gefangen war.
    »Vielleicht gibt es noch einen Weg«, sagte die Hündin. Während sie redete, ging sie um Mogget herum und machte dabei Schritte, als bewegte sie sich durch hohes Gras, nicht auf glattem kühlem Stein. Plötzlich legte sie sich neben dem Kater nieder und schlug mit einer schweren Pfote neben seinen Kopf. »Auch wenn Mogget dieser Weg nicht gefallen wird.«
    »Welcher Weg?«, fauchte Mogget und krümmte den Rücken. »Ich kenne keinen anderen Weg aus dem Haus als die Trittsteine oder die Luft oder den Fluss – und ich war schon hier, als das Haus erbaut wurde.«
    »Aber du warst nicht hier, als der Fluss geteilt und die Insel geschaffen wurde«, entgegnete die Hündin ruhig. »Ehe die Mauermacher die Mauer errichteten und das Zelt des ersten Abhorsen dort aufgestellt wurde, wo
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