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Das achte Tor

Das achte Tor

Titel: Das achte Tor
Autoren: bottero
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schlitzartigen Pupillen. Die Augen einer Raubkatze.
    Ein Schrei des Entsetzens drang aus der Kehle des Narbigen. Obwohl seine Backe vor Schmerzen brannte, drehte er sich auf dem Absatz um und floh. Seine Helfer, die nichts davon mitbekommen hatten, taten es ihm nach.

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    Shaé ließ sich auf den Boden fallen.
    Ihr Körper schrie, sie sollte nachgeben. Es akzeptieren.
    Aber sie weigerte sich.
    Mit geschlossenen Augen lag sie ausgestreckt auf dem Rücken und zwang sich, tief einzuatmen. Und ebenso tief wieder auszuatmen.
    Kontrollieren, ich muss mich kontrollierend Ihr Herzschlag beruhigte sich. Mit einem Seufzer der Erleichterung spürte sie, wie das Etwas sich zurückzog, seinen Platz ganz tief in ihrem Inneren einnahm und wieder einschlief.
    Halb.
    Eine einzelne Träne lief ihr übers Gesicht.

    35

4
    athan kniete im Schnee und atmete kaum. Er hatte N sich bei dem Sturz die Stirn und die Hände aufge-schürft, aber er fühlte keinen Schmerz. Er sah, wie das Haus seiner Familie abbrannte, besser gesagt das, was von der Explosion übrig war, und versuchte zu erahnen, was geschehen war. Er schaffte es nicht.
    Er wusste nur, dass er eigentlich in seinem Bett hätte liegen sollen. Schlafend. Ohne den Schnee wäre er tot.
    So tot wie seine Eltern.
    In der Straße waren Stimmen zu hören. Schreie. Eine Wagentür schlug zu. Dann noch eine. Und noch eine.
    Ein Auto fuhr los. Von weitem ertönte eine Sirene. Ein Telefon läutete.
    Nathan brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, dass es seins war.
    Mechanisch zog er es aus der Tasche und hielt es ans Ohr.
    »Nathan, hör mir gut zu. Dies ist …«
    Sein Vater! Sein Vater rief ihn an!
    »… eine aufgezeichnete Mitteilung. Wenn du sie ab-hörst, ist die Situation sehr ernst. Dein Leben ist in Gefahr. Bring dich sofort in Sicherheit. Sprich mit niemandem, schon gar nicht mit der Polizei. In genau zehn Minuten wird dich ein weiterer Anruf erreichen.«
    Piepton.

    36

    Die Verbindung war unterbrochen.
    »Papa?«
    Schweigen.
    Nathan erhob sich mit verzerrtem Gesicht. Seine Erstarrung ließ allmählich nach, und in ihm breitete sich ein Chaos von widersprüchlichen und wirren Gedanken aus, die das Blut in seinen Schläfen pochen ließen. Nur ein einziger war klar und deutlich, und an den klammerte er sich wie an einen Rettungsring: Er musste sich in Sicherheit bringen!
    Die ersten Schritte ließen ihn schmerzhaft aufstöhnen.
    Er hatte das Gefühl, seine Hüfte sei bei dem heftigen Sturz gebrochen. Im Feuerschein tauchten jetzt die Sil-houetten der Nachbarn auf. Nathan humpelte zu einer Hecke und schob sich zwischen den Sträuchern hindurch. Als die ersten Fahrzeuge der Polizei eintrafen, war er schon ein gutes Stück entfernt.

    ***

    Der Schneefall hatte aufgehört. Der Parc Jarry war dunkel und verlassen. Nathan kauerte unter den tief hängenden Zweigen einer Tanne und sah auf das leuchtende Display seines Handys. Als es läutete, war er bereit. Zitternd drückte er die Taste. Er erkannte sofort seinen Vater.
    Kein Stocken in seiner Stimme.
    Keinerlei Emotion.
    »Ich hoffe, du hast meine Ratschläge befolgt und befindest dich in Sicherheit. Das Wichtigste ist, dass du sämtliche Anflüge von Trauer, Bedauern oder irgendei-37

    nem Gefühl dieser Art aus deinen Gedanken streichst.
    Du wirst schwierige Zeiten durchleben, und du musst effizient sein. Gefühlsduselei und Effizienz passen nämlich nicht gut zusammen, das habe ich dir oft genug gesagt, und ich hoffe, du hast es verstanden. Ich kann dir in dieser Nachricht keine Erklärung geben. Das Risiko, dass sie in falsche Ohren gelangt, ist zu groß.
    Erklärungen und Ratschläge findest du unter den Elchhufen.«
    Ein Schauder lief Nathan über den Rücken. Er verspür-te Kälte, Angst, Panik und Erregung. Jenseits des Schocks, den die Zerstörung des Hauses und der Tod seiner Eltern ausgelöst hatten, oder vielleicht gerade wegen dieses Schocks, fühlte er sich, als sei er direkt in einen Traum hineinkatapultiert worden. Und die Nachricht, die er soeben erhalten hatte – eine Spur des Rätsels
    –, passte zu diesem Gefühl.
    Die Explosion war kein Zufall! Sein Vater hatte sie vorhergesehen, denn er hatte eine ziemlich komplizierte Nachrichtenschaltung installiert. Was wollte er ihm offenbaren? Wer war für den Mord verantwortlich? Weshalb durfte er nicht die Polizei um Hilfe bitten? Hoff-nungslos komplizierte Fragen, hätte Nathan nicht wenigstens das Ende eines Fadens in der Hand. Eines Fadens, der sie verband.
    ›Unter
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