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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen
Autoren: Kyle Mills
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Leute dazu, dieses Produkt zu benutzen, habe die gesundheitlichen Gefahren der Sucht heruntergespielt und tue dies auch weiterhin. Das war natürlich alles richtig. Und eigentlich war es gar nicht so schwer, die Klageschrift als Zielsetzung eines Tabakunternehmens misszuverstehen.
    Aber so einfach war es nun doch wieder nicht. Schließlich gab es die Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen, das höchst subjektive Konzept von der Verantwortung und Freiheit des Einzelnen und die Frage, ob tatsächlich jemand glaubte, Rauchen würde ihn nicht umbringen.
    In der Praxis allerdings spielten diese durchaus berechtigten Einwände manchmal überhaupt keine Rolle für das Abschneiden der Tabakindustrie im Gerichtssaal. Letzten Endes lief es darauf hinaus, wie übel gelaunt die Geschworenen waren. Und in der Regel waren sie sehr übel gelaunt, weshalb Big Tobacco vor den Richtern eines Berufungsgerichts auch erheblich besser abschnitt als vor Menschen aus Fleisch und Blut.
    Was also war in Montana los, und weshalb regten sich alle so auf? Schließlich war so gut wie sicher, dass die Geschworenen den Klägern die zweihundertfünfzig Milliarden Dollar zusprechen würden und die Tabakindustrie ihre bis dahin im Keller versteckten Horden gut frisierter Anwälte loslassen würde, damit diese Berufung einlegen konnten. Das war der Lauf der Dinge, stimmt’s?
    Bei diesem Fall war es vielleicht anders.
    Denn in Montana gab es kein Gesetz, das eine Höchstgrenze für die Kaution eines Berufungsprozesses vorsah. Wenn Big Tobacco diesen Fall verlor, würden die Unternehmen der Tabakindustrie also den gesamten durch das Urteil festgesetzten Betrag aufbringen müssen, um Berufung einlegen zu können. Und im Gegensatz zur landläufigen Meinung konnten sie so viel Geld nicht einfach aus der Portokasse nehmen.
    Und das bedeutete, dass das Urteil rechtskräftig werden würde, wenn die Geschworenen in Montana der Meinung waren, die Tabakindustrie sei Schuld daran, wenn es im Juli regnete, und den Klägern mehr Geld zusprachen, als die Tabakindustrie zusammenkratzen konnte. Dann würde das ganze Kartenhaus einstürzen.
    »Ich glaube, das ist realistisch«, sagte Scalia. »Genau genommen dürfte es sogar sehr realistisch sein. Big Tobacco kann nicht mehr kontrollieren und manipulieren, welche Informationen das amerikanische Volk bekommt. Diese Firmen sind jetzt endlich als skrupellose Lügner entlarvt worden. Und die Politiker wissen jetzt, dass sie, wenn sie auch nur einen Cent von Big Tobacco nehmen und diese Mörder verteidigen, in den Augen ihrer Wähler als das dastehen, was sie sind – Huren. Merken Sie sich gut, was ich jetzt sage – in den nächsten zehn Jahren wird die Tabakindustrie zusammenbrechen.«
    Der Moderator nickte nachdenklich und wandte sich an Viasanto. »Möchten Sie dazu etwas sagen?«
    Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, sah es tatsächlich so aus, als wüsste der mit allen Wassern gewaschene Sprecher der Tabakindustrie nicht, was er sagen sollte. »Es tut mir leid, aber zu einem laufenden Verfahren kann ich mich nicht äußern.«
    Als Viasanto wieder das Wort hatte, zerrte meine Hündin so heftig an ihrem Halsband, dass ich schließlich meinen Fuß zurückzog.
    »Schnapp ihn dir!«
    Sie gab ein freudiges Bellen von sich, machte einen Satz nach vorn und überzog den Bildschirm meines Fernsehers mit Pfotenabdrücken und Speichel. Der nicht allzu bösartig wirkende Angriff dauerte nur ein paar Sekunden, dann hatte sie sich so verausgabt, dass sie sich zu einem wohlverdienten Nickerchen auf den Teppich fallen ließ.
    Mit einem Mal wurde mir klar, dass ich jetzt ganz dringend etwas zu trinken brauchte – und zwar in einer Menge, die in meinem Kühlschrank nicht zu finden war. Ich stand auf, schaltete den Fernseher aus und ging zur Haustür.
    »Nikotin, ich bin in ein paar Stunden wieder da. Kannst du so lange die Stellung halten?«
    Sie schnarchte und rollte sich auf den Rücken, machte die Augen aber nicht auf.

EINS
    » Muss man eigentlich nackt sein, wenn man Tischfußball spielen will?«
    Das glaubte ich jedenfalls verstanden zu haben. Die Tonanlage des Hauses hatte eine halbe Million Dollar gekostet und wurde gerade mit jenen monoton wummernden Bässen malträtiert, die etwas jüngere Leute als ich gern hörten. Ich konzentrierte mich auf ihren Mund, während sie weiterredete, und versuchte, durch die Rauchschwaden und die chaotische Beleuchtung hindurch von den Lippen zu lesen, stellte dann aber fest, dass ich nur
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