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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1
Autoren: Clive Barker
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Stunden in ‘nem Sessel, ohne ein Wort zu sagen.«
    »Hast du mir ihr geredet?«
    »Schließlich schon. Als sie langsam aus ihrem Dämmerzustand rauskam. Das Experiment war zu Ende. Wollt’ ihr nicht wehtun.«
    »Und was hat sie gesagt?«
    »Nichts.«
    »Nichts?«
    »Überhaupt nichts. Wahrscheinlich hat sie lange Zeit nicht mal bemerkt, daß ich auch im Zimmer war. Dann hab’ ich ‘n paar Kartoffeln gekocht, die hat sie gegessen.«
    »Hat sie nicht versucht, die Polizei zu holen?«
    »Nein.«
    »Und ist nicht auf dich losgegangen?«
    »Nein. Ihr war klar, was ich getan hab’ und weshalb ich’s getan hab’.
    Es war nicht direkt vorausgeplant, aber wir hatten uns über solche Experimente unterhalten, sie ganz allgemein diskutiert. Weißt du, ernstlich ist ihr ja praktisch nichts passiert. Sie hat vielleicht etwas abgenommen, aber das war auch schon alles.«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Am nächsten Tag ist sie abgezogen. Weiß nicht, wo sie hin ist.«
    »Und was ist nun rausgekommen bei dem Ganzen?«
    »Vielleicht gar nichts. Aber als Einstieg in meine Nachforschungen war’s interessant genug.«
    »Einstieg? Das war nur ein Einstieg?« Unverhohlener Abscheu vor Quaid schwang in Steves Stimme mit.
    »Stephen…«
    »Du hättest sie umbringen können!«
    »Nein.«
    »Sie hätte den Verstand verlieren können, psychisch auf Dauer geschädigt bleiben.«
    »Möglich. Aber unwahrscheinlich. Sie war eine Frau mit starkem Willen.«
    »Aber du hast ihn gebrochen.«
    »Ja. Es war eine Reise, zu der sie bereit war. Wir hatten miteinander abgesprochen, die Konfrontation mit ihrer Angst zu suchen. Also bitte: Hab’ ich’s für Cheryl arrangiert, genau das zu tun. Doch wirklich nichts Weltbewegendes.«
    »Du hast sie dazu gezwungen. Andernfalls hätte sie es todsicher bleibenlassen.«
    »Stimmt. Es war eine wichtige Lektion für sie.«
    »Ach, ein Lehrer bist du also?«
    Steve wünschte, er hätte den Sarkasmus in seiner Stimme unterdrükken können. Aber er war unüberhörbar. Sarkasmus; Wut; und ein bißchen Angst.
    »Ja, ich bin ein Lehrer«, erwiderte Quaid, sah Steve von der Seite her an, ohne ihn wirklich ins Auge zu fassen. »Ich bring’ den Menschen das Grauen bei.«
    Steve starrte auf den Boden. »Bist du zufrieden mit dem, was du ihr beigebracht hast?«
    »Ich hab’ auch gelernt dabei, Steve. Ausgesprochen aufregende Aussichten: Eine Welt der Ängste gilt es zu erforschen. Besonders bei intelligenten Versuchspersonen. Selbst angesichts der Tatsache, daß sie rational überlegen…«
    Steve stand auf. »Ich will nichts mehr hören.«
    »Ah ja? Okay.«
    »Ich hab’ Seminar gleich morgen früh.«
    »Nein.«
    »Was?«
    Ein Schlag - schon abgedämpft.
    »Nein. Geh noch nicht.«
    »Weshalb?« Sein Herz raste. Er fürchtete Quaid, nie hatte er sich klargemacht wie sehr.
    »Ich hab’ noch ‘n paar Bücher mehr für dich auf Lager.«
    Steve fühlte, wie er rot wurde. Nur leicht. Was hatte er eben gedacht?
    Daß Quaid im Begriff war, ihn mit einem aggressiven Rugby-Hecht-sprung flachzulegen, um anschließend an seinen Ängsten herumzu-experimentieren? Idiotische Einfülle.
    »Ich hab’ ein Buch über Kierkegaard. Wird dir gefallen. Oben. Bin in zwei Minuten wieder da.«
    Lächelnd verließ Quaid das Zimmer.
    Steve ging in die Hocke und fing an, das Bündel Fotos nochmals durchzublättern. Am meisten faszinierte ihn der Zeitpunkt, als Che~
    ryl das verfaulte Fleisch zum ersten Mal hochhob. Ihr Gesicht zeigte einen Ausdruck, der für die Frau, die er gekannt hatte, absolut untypisch war. Zweifel stand darin geschrieben, und Verwirrung und tiefes…
    Grauen.
    Es war Quaids Wort. Ein schmutziges Wort. Ein obszönes Wort, von dieser Nacht an mit Quaids Folterung eines unschuldigen Mädchens verknüpft.
    Einen Augenblick lang dachte Steve an den Ausdruck in seinem eigenen Gesicht, während er auf die Fotografie hinunterstarrte. Zeigte sein Gesicht nicht einiges von derselben Verwirrung? Und vielleicht auch einiges von dem Grauen, das nur darauf wartete, freigesetzt zu werden.
    Er hörte ein Geräusch hinter sich, zu leise, um von Quaid herzurühren. Außer, er schlich sich an.
    Mein Gott, außer er…
    Ein Bausch chloroformgetränktes Tuch wurde Steve auf Mund und Nase gepreßt. Unwillkürlich holte er Luft, und beißend drangen die Dämpfe in seine Nebenhöhlen, trieben ihm das Wasser in die Augen.
    Ein Tupfen Schwärze erschien am Rand der Welt, gerade noch außer Sicht, und er fing an zu wachsen, dieser Fleck, pulsierte
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