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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1
Autoren: Clive Barker
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im Rhythmus von Steves schneller schlagendem Herzen. Tief drin in seinem Kopf konnte er Quaids Stimme als Schleier wahrnehmen. Sie sagte seinen Namen.
    »Stephen.«
    Und wieder.
    ». ..ephen.«
    ».. .phen.«
    ».. .hen.«
    ».. .en.«
    Der Fleck füllte die Welt aus. Die Welt war dunkel, fortgelöscht. Aus der Sicht, aus dem Sinn.
    Hilflos sackte Steve zwischen den Fotografien zusammen.
    Als er wieder zu sich kam, war er sich seines Wachzustandes nicht bewußt. Finsternis überall, ringsum. Eine Stunde lag er mit aufgeris-senen Augen wach, ehe er merkte, daß sie offen waren.
    Versuchsweise bewegte er erst Arme und Beine, dann den Kopf.
    Wider Erwarten war er nicht gefesselt, außer am Knöchel. Zweifelsohne hatte er eine Kette oder was Ähnliches um den linken Knöchel.
    Sie schürfte ihm die Haut wund, wenn er sich zu stark zu bewegen versuchte.
    Der Boden unter ihm war äußerst unangenehm, und als er ihn mit der Handfläche genauer untersuchte, erkannte er, daß er auf irgendeiner Art überdimensionalem Gitter oder Rost lag. Aus Metall, und die gleichmäßige Oberfläche erstreckte sich nach allen Seiten, soweit seine Arme reichten. Als er mit dem Arm durch die Löcher in seinem Grill nach unten langte, berührte er keinerlei Widerstand. Bloß Luft, die unter ihm ins Leere fiel.
    Die ersten Infrarotaufnahmen, die Quaid von Stephens Haft machte, bestätigten augenfällig seine Voruntersuchung. Erwartungsgemäß verhielt sich die Versuchsperson angesichts ihrer Lage ziemlich vernünftig. Keine hysterischen Ausbrüche. Keine Verwünschungen.
    Keine Tränen. Darin bestand das Problem, das dieser spezielle Fall stellte. Er wußte genau, was vor sich ging; und er würde sich seinen Ängsten gegenüber nach logischen Gesichtspunkten verhalten. Das ergab mit Sicherheit eine geistige Konstitution, die schwerer zu knacken war als die von Cheryl.
    Aber wieviel lohnender wären die Resultate, wenn er endlich zusammenkrachte. Würde seine Seele sich Quaid dann nicht ganz erschließen, sich betrachten, berühren lassen? So viel gab’s im Innern dieses Mannes, das er studieren wollte.
    Allmählich gewöhnten sich Steves Augen an die Dunkelheit. Augenscheinlich war er in einer Art Schacht eingekerkert. Schätzungsweise an die sechs Meter breit und vollkommen rund. War es eine Art Luftschacht, für einen Stollen oder eine unterirdische Fabrik? Wie auf einer Karte vergegenwärtigte Steve sich das Areal um die Pilgrim Street und versuchte, so genau wie möglich den mutmaßlichen Ort zu bestimmen, an den Quaid ihn verfrachtet haben könnte. Es blieb ihm unvorstellbar, wohin.
    Unvorstellbar.
    Abgeschoben, verloren an einem Ort, den er weder lokalisieren noch identifizieren konnte. Der kantenlose Schacht bot seinen Augen keinen Halt; und die Wände wiesen weder Riß noch Loch auf, keinen Unterschlupf für sein Bewußtsein. Schlimmer: Er lag ausgebreitet auf einem Rost, der über diesem Schacht hing. Gegen die Dunkelheit unter ihm konnten seine Augen nicht das Geringste ausrichten. Der Schacht war möglicherweise bodenlos. Und nur das dünne Netzwerk des Gitters war da, zwischen ihm und dem Absturz, und die zarte Kette, die seinen Knöchel an das Gitter fesselte.
    So sah er sich: in der Schwebe unter einem leeren schwarzen Himmel, und über einer grenzenlosen Finsternis. Die Luft war warm und muffig. Sie trocknete die Tränen auf, die ihm plötzlich in die Augen geschossen waren, und machte diese klebrig. Als er, nachdem die Tränen versiegt waren, doch anfing, um Hilfe zu rufen, verschluckte die Finsternis seine Worte mühelos.
    Nachdem er sich heiser geschrien hatte, sank er aufs Gitter zurück. Er konnte nicht anders, mußte sich einfach vorstellen, daß jenseits seines zerbrechlichen Betts die Finsternis endlos weiterging. Natürlich war das unsinnig. »Nichts geht endlos weiter«, sagte er laut.
    Nichts geht ewig weiter.
    Und doch, er würde es nie erfahren. Wenn er in die absolute Schwärze fiele, da unter ihm, dann würde er fallen und fallen und fallen und den Boden des Schachts nicht kommen sehen. Obwohl er versuchte, an freundlichere, positivere Bilder zu denken, verhexte sein Seelenzustand seinen Körper dazu, diesen gräßlichen Schacht kaskadenartig hinabzustürzen, der Boden immer drei Handbreit von seinem abwärt»
    wirbelnden Körper entfernt, ohne daß seine Augen ihn sahen, sein Hirn ihn voraussagte.
    Bis er aufschlüge.
    Sähe er Licht, wenn sein Kopf beim Anprall aufgeschmettert würde?
    Begriffe er, in dem
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