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Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)

Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)

Titel: Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)
Autoren: Giulia Enders
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kann, außer sich entzünden. Außerdem hat der Dickdarm lauter Ausstülpungen. Er sieht aus wie ein trauriger Versuch, eine Perlenkette nachzuahmen. Von weitem betrachtet, ist das Darmrohr ein unansehnlicher, uncharmanter und unsymmetrischer Schlauch.
    Deshalb pfeifen wir jetzt mal auf Abstand. Es gibt kaum ein Organ in unserem gesamten Körper, das immer faszinierender aussieht, je näher wir heranzoomen. Je mehr man über den Darm weiß, desto schöner wird er. Schauen wir uns also zunächst die merkwürdigen Stellen etwas genauer an.
Die »gargelige« Speiseröhre
    Als Erstes fällt ins Auge: Die Speiseröhre kann nicht zielen. Statt den kürzesten Weg zu nehmen und direkt oben auf die Mitte des Magens zuzusteuern, erreicht sie ihn an seiner rechten Seite. Ein genialer Schachzug. Chirurgen würden so etwas einen End-zu-Seit-Anschluss nennen. Es ist zwar ein kleiner Umweg, aber er lohnt sich. Allein bei jedem Schritt, den wir gehen, verdoppelt sich der Druck im Bauch, weil wir unsere Bauchmuskeln anspannen. Beim Lachen oder Husten steigt der Druck gar um ein Vielfaches. Weil der Bauch von unten auf den Magen drückt, wäre es schlecht, wenn die Speiseröhre genau am oberen Ende andocken würde. Seitlich versetzt bekommt sie nur einen Bruchteil des Druckes ab. Wenn wir uns jetzt nach dem Essen bewegen, müssen wir so nicht bei jedem Schritt aufstoßen. Bei einem starken Lachanfall verdanken wir dem cleveren Winkel und seinen Verschlussmechanismen, dass höchstens hier und da mal ein Freuden-Pups mitlacht – Lach-Kotzen ist dagegen kaum bekannt.
    Ein Nebeneffekt des Seiteneingangs ist die Magenblase! Auf allen Röntgenbildern sieht man oben im Magen diese kleine Luftblase. Luft steigt schließlich nach oben und sucht nicht zuerst den Seitenausgang. Deshalb müssen viele Leute erst ein bisschen Luft hinunterschlucken, bevor sie rülpsen können. Durch das Schlucken bewegen sie die Öffnung der Speiseröhre ein bisschen näher zur Luftblase, und schwups kann der Rülps in die Freiheit aufsteigen. Wer im Liegen rülpsen will, schafft das sehr viel einfacher, wenn er auf der linken Seite liegt. Wer mit drückendem Bauch die ganze Zeit auf der rechten Seite liegt, sollte sich schlichtweg mal umdrehen.

Abb.: Zur besseren Darstellung der Magenblase wurde auf die genaue Schwarzweiß-Verteilung eines Röntgenbildes verzichtet. Auf einem gewöhnlichen Röntgenbild erscheinen dichte Materialien, wie Zähne oder Knochen, hell, weniger dichte Bereiche, wie die Magenblase oder die Luft in der Lunge, dunkel.
    Auch das »gargelige« Aussehen der Speiseröhre ist hübscher, als es auf den ersten Blick wirkt. Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass einige Muskelfasern spiralförmig um die Speiseröhre herumlaufen. Sie sind der Grund für die »gargeligen« Bewegungen. Wenn man sie in die Länge zieht, reißen sie nicht, sondern ziehen sich wie Telefonhörerkabel spiralig zusammen. Unsere Speiseröhre ist über Faserzüge mit unserer Wirbelsäule verbunden. Wenn wir uns ganz gerade hinsetzen und mit dem Kopf nach oben schauen, ziehen wir unsere Speiseröhre in die Länge. Dadurch wird sie enger und kann sich besser nach unten und oben verschließen. Nach einem üppigen Mahl hilft eine gerade Haltung also besser gegen saures Aufstoßen als ein runder Buckel.
Das schiefe Magenbeutelchen
    Unser Magen sitzt viel weiter oben, als wir denken. Er beginnt knapp unter der linken Brustwarze und endet unter dem rechten Rippenbogen. Alles, was unterhalb von diesem schiefen Beutelchen weh tut, ist nicht der Magen. Wenn viele Leute meinen, sie haben etwas am Magen, ist es in Wirklichkeit ihr Darm. Auf dem Magen sitzen das Herz und die Lungen. Wenn wir so richtig viel gegessen haben, ist es deshalb schwieriger, ganz tief einzuatmen.
    Ein vom Hausarzt oft übersehenes Syndrom ist das Römheld-Syndrom. Im Magen sammelt sich so viel Luft, dass sie von unten auf das Herz und die Eingeweidenerven drückt. Betroffene reagieren unterschiedlich. Ihnen wird schwindelig oder unwohl. Bei manchen Menschen geht es so weit, dass sie Angst oder Atemnot bekommen, wieder andere haben sogar einen starken Schmerz im Brustbereich wie bei einem Herzinfarkt. Häufig werden die Betroffenen von Ärzten wie überängstliche Simulanten behandelt, die sich alles nur einbilden. Hilfreicher wäre da mal die Frage: »Haben Sie probiert zu rülpsen oder zu pupsen?« Auf Dauer ist dann der Verzicht auf blähendes Essen angesagt, das Wiedereinrenken der Magen- und Darmflora
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