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Darling

Darling

Titel: Darling
Autoren: Hanna Hartmann
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Augen, dass es reiche, wenn einer in der Familie Karriere mache. Und das dürfe ruhig sie sein, damit er die Zeit habe, sich um die Kinder zu kümmern. Diese Idee empfand Annika als ausgesprochen abwegig. Einmal war sie sogar so weit gegangen und hatte ihm mit dem Zeigefinger ein „Spinner“ an die Stirn getippt, als er wieder diesem Gedanken nachgehangen war. Traurig und verloren hatte Adrian über sie hinweggeschaut. Dann war er mit den Worten „Muss jetzt Taxi fahren“ aus der Wohnung geflüchtet. Das war das erste Mal gewesen, dass er für zwei Tage spurlos abgetaucht war.
    Annika spürte den unbezähmbaren Drang, jetzt mit ihm zu reden. Hektisch tippte sie die Nummer ins Display. Es klingelte. Einmal, zweimal. Geh verdammt noch mal dran, flehte sie innerlich. Gerade als sie auflegen wollte, hob Adrian ab.
    „Hallo Annika“, meldete er sich.
    „Wo bist du?“, fuhr sie ihn wie aus der Pistole geschossen an.
    „Annika, was soll das? Was ist los? Ich fahr’ Taxi. Das ist mein Job. Ich verdiene damit meinen Lebensunterhalt. Das weißt du.“
    „Wann kommst du nach Hause?“, drang sie in ihn.
    „Keine Ahnung, ich hab gleich noch eine Fahrt, weiß nicht. So um Mitternacht vielleicht“, stotterte er. „Annika, was willst du?“
    Sie spürte, wie er sich bedrängt fühlte. Und sie wusste, dass es falsch war, ihn ständig dazu zu zwingen, sich für einen Job zu rechtfertigen, der ihm offensichtlich Spaß machte. Doch sie konnte nicht anders, es musste jetzt raus. Etwas, das sich in ihr seit langer Zeit aufgestaut hatte. Immer schneller reihte sie Vorwurf an Vorwurf. Und doch konnte sie sich nicht bremsen.
    „Annika, was willst du?“, fuhr er sie ungehalten an.
    Genervt schaute er auf sein Handy, als sie zur üblichen Tirade, wieso, weshalb, warum ansetzte. Um dann grundsätzlich ihre Beziehung in Frage zu stellen. Adrian hörte schweigend zu und war gefühlsmäßig Lichtjahre von ihr entfernt. Warum konnte sie verdammt noch mal nichtm respektieren, dass das, was sie von ihm forderte, nicht seine Welt war? Ihn nervte ihre Stimme, die wie Sissi, wenn sie schlecht gelaunt war, im Stakkato Vorwurf an Vorwurf reihte.
    „Liebst du mich?“, fragte sie plötzlich.
    Und dann hörte sie ihn auf einmal ganz ruhig „Nein“ sagen. Annika schrie tief verletzt auf.
    „Annika, warte. So war das nicht gemeint“, wollte er sie beschwichtigen. Doch sie schluchzte und ihre Stimme überschlug sich hysterisch. Sein „Nein“ hatte das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. „Warum willst du was anderes aus mir machen als das, was ich bin? Warum? Wer gibt dir das Recht dazu?“
    „Ich will dir helfen.“ Annika weinte jetzt hemmungslos. „Ich will, dass wir glücklich werden. Ich weiß, dass es funktioniert, wenn wir es beide wollen.“
    Adrian warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war zwei Minuten vor zehn.
    „Scheiße“, entfuhr es ihm.
    „Bist du nicht mehr ganz richtig?“ Wütend überschlug sich ihre Stimme. „Scher dich zum Teufel!“

4
    Durch den Streit mit Annika hatte Adrian Karls Auftrag völlig vergessen. Zornig warf er sein Handy auf den Beifahrersitz und startete den Motor. Das wird verdammt knapp, hörte er sich innerlich fluchen. Ausgerechnet beim ersten Mal so eine bescheuerte Panne. Er war sonst immer pünktlich. Wo war nur der verdammte Zettel mit der Anschrift? Mit der rechten Hand tastete er auf dem Beifahrersitz nach dem Fetzen Papier, während er den Wagen auf deutlich über 50 Stundenkilometer beschleunigte.
    An der Mönchhofstraße sprang die Ampel plötzlich auf Rot. Mit quietschenden Bremsen kann der Wagen auf dem nassen Asphalt vor der Haltelinie zum Stehen. Das Motorola schoss vom Beifahrersitz. Adrian fluchte. Heute war absolut nicht sein Tag.
    Grün. Einsam und viel zu schnell jagte der Mercedes über die regennasse Mainzer Landstraße nach Griesheim. Als er in die Elektronstraße einbog, war er mindestens fünfzehn Minuten zu spät. Eine gefühlte Ewigkeit. Hausnummer 50, Sander. Er drückte die Klingel. Die Gegensprechanlage sprang sofort an.
    „Karl, wo bleibst du? Du bist absolut zu spät! Du weißt, dass du pünktlich sein musst!“
    Adrian durchzuckten die Worte wie ein Blitz. Er wollte antworten. Doch seine Stimme versagte. Wie ein abgekanzelter Schuljunge stand er vor der Eingangstür eines hässlichen, dreigeschossigen Mietshauses aus den sechziger Jahren. Dann hörte er hastige Schritte im Treppenhaus. Ruckartig wurde die Haustür von innen aufgerissen. Adrian
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