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Darkover 07 - Die Zeit der Hundert Koenigreiche

Titel: Darkover 07 - Die Zeit der Hundert Koenigreiche
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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waren, sagte er zu Melisandra: »Ob du es glaubst oder nicht, ich hatte die Absicht, dich mit Paul zu verheiraten, aber ihr habt mir vorgegriffen. Erlend muß ich für mich verlangen; er ist mein einziger Erbe.«
   Melisandras Kinn zitterte, aber sie antwortete: »Ich werde ihm nicht im Weg stehen.« Und Bard dachte an seine unbekannte Mutter, die ihn Dom Rafael überlassen hatte, damit er als Edelmann erzogen werde. Waren alle Frauen so selbstlos? Er erklärte barsch: »Ich werde dafür sorgen, daß er sich erinnert, auch dein Sohn zu sein. Und jetzt, verdammt noch mal, kein Geheul noch vor dem Frühstück! Schick mir meinen Leibdiener mit der richtigen Kleidung für eine Audienz! Und, Paolo, schneide dir das Haar! Wir wollen die Ähnlichkeit herunterspielen - du bist immer noch nicht raus aus der Patsche!«
   Als Bard in den Innenraum gegangen war, legte Melisandra Paul die Hand auf den Arm.
   »Ich bin so froh… « Sie lächelte. Er nahm sie in seine Arme.
   »Was hätte ich anderes tun können?« fragte er. »Sonst wäre ja das Königreich an mir klebengeblieben!«
   Und zu seiner völligen Überraschung wurde ihm klar, daß er die Wahrheit gesprochen hatte. Er beneidete Bard nicht. Nicht einmal ein bißchen. Und vielleicht - nur vielleicht - war jetzt alles so geregelt, daß er Bard nicht zu töten brauchte, wenn er selbst am Leben hängen bleiben wollte. Mit dem Bard, den er zuvor gekannt hatte, wäre das niemals möglich gewesen. Aber in der kurzen Zeit, seit Paul Carlina von der Insel des Schweigens entführt hatte, war etwas mit Bard geschehen. Paul wußte nicht, was es war, aber irgendwie war das hier ein anderer Mann. Melisandra, dachte Paul, wußte über diesen Wechsel Bescheid, und vielleicht würde sie es ihm eines Tages er zählen.
   Oder vielleicht Bard selbst. Jetzt würde ihn gar nichts mehr wundern.
   Rasiert, angekleidet, den blonden Zopf mit der roten Kriegerschnur umwickelt, betrachtete Bard sich im Spiegel. Er sah wie der gleiche Mann aus, aber er war immer noch ein Fremder in seiner eigenen Haut und wußte nicht, was er als nächstes tun würde. Paul hatte, ohne es zu wissen, das Richtige getan - obwohl er nicht damit gerechnet hatte. Er hatte gefürchtet, Paul werde versuchen, die Täuschung aufrechtzuerhalten, und dann hätte er keine andere Wahl gehabt, als ihn töten zu lassen. Nein. Ich hätte ihn nicht töten lassen. Ich habe bereits zu viele Menschen vernichtet. Vielleicht hätte ich ihn im Zorn eigenhändig niedergestochen, aber ich könnte nie kaltblütig dastehen und den Befehl geben, ihn zu töten. Er ist jetzt zu sehr ein Teil meiner selbst. Und es ist gut ausgegangen, denn ich bin frei von Melisandra .
   Aber das Gesetz band ihn immer noch an Carlina, und wenn sie den Schutz dieser Ehe brauchte - wenn er sie zum Beispiel, was alle Götter verhüten mochten, geschwängert hatte -, dann konnte er ihr die Stellung der Königin nicht mehr verweigern, ohne unehrenhaft zu handeln. Sein ganzes Herz schrie nach Melora. Doch obwohl er wußte, er würde sie lieben, solange er lebte, konnte er nicht zu ihr kommen, indem er Carlina in den Staub trat oder ihr Recht auf ihn mißachtete.
   Sei vorsichtig, um was du die Götter anflehst; sie könnten dich erhören . Und er dachte daran, wie Melora in jener schicksalhaften, lange zurückliegenden Festnacht gesagt hatte, sie wolle Carlina nicht auf den Saum ihres Gewandes treten.
   Wenn ich damals nur genug Verstand gehabt hätte, um zu Carlina zu gehen und ihr die Freiheit von einer Ehe anzubieten, die wir beide nicht wollten… Aber nicht einmal ein Gott kann die Blätter zurückbringen, die abgefallen sind. Er hatte das Netz gewoben, in dem er mit Carlina verstrickt war, und falls es nicht auf ehrenvolle Weise gelöst werden konnte, mußte er in seinen Schlingen leben.
   Es kam ihm vor, obwohl er sich so gerade aufrichtete, wie er konnte, als beuge sich der Mann im Spiegel unter einer schweren Last. Ja, dies Land Asturias, das er nicht regieren wollte, lag nun auf seinen Schultern. Oh, mein Bruder! Ich hätte soviel lieber den Befehl über deine Armee als deine Krone gehabt! Aber der Wein war eingegossen worden und mußte getrunken werden. Er wandte sich vom Spiegel ab, biß die Zähne zusammen und straffte die Schultern. Seine Armee hatte entschieden, der Kilghard-Wolf solle sie regieren, und so mußte er regieren.
   Ein Baldachin und ein Sessel anstelle eines Throns waren für ihn auf dem Rasen aufgebaut
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