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Darkons Tod

Darkons Tod

Titel: Darkons Tod
Autoren: Hubert Haensel
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fegte er über die Ebene und peitschte den beiden Männern winzige Eiskristalle in die Gesichter. Sie kamen nicht mehr weiter, waren gezwungen, in kauernder Haltung abzuwarten, bis das Unwetter abflaute. Blitze zuckten in nicht enden wollender Folge herab, dumpf grollender Donner brach sich in vielfachem Echo und flutete von allen Seiten heran. Flammen umzüngelten einige Bergspitzen; die Luft dort oben schien zu brennen.
    Dann, schlagartig, trat Ruhe ein.
    Mythor stellte überrascht fest, daß sie das Ziel fast erreicht hatten, und er begann sich zu fragen, weshalb sie noch immer keine Dämonen zu Gesicht bekamen.
    »Diese Kreaturen haben es nicht nötig, anzugreifen«, sagte Boozam. »Schließlich kommen wir freiwillig zu ihnen.«
    Zum erstenmal bedauerte Mythor, das DRAGOMAE im Todesstern zurückgelassen zu haben. Auch wenn es nicht vollständig war, hätte es ihm ein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Andererseits: durfte er das Zauberbuch der Weißen Magie auf solche Weise gefährden?
    Die spiegelnde Fläche lag vor ihnen. Es war weder Wasser noch Salz, noch gab es irgendetwas, was ihr vergleichbar gewesen wäre. Langsam kniete Mythor nieder und streckte eine Hand aus. Er spürte einen sanften, nachgebenden Widerstand.
    Ein knochiges Gesicht blickte ihn aus dem Spiegel heraus an. Der Sohn des Kometen erschrak, als er die tief in den Höhlen liegenden blutunterlaufenen Augen sah. Das Gesicht war von Narben und verkrustetem Blut verunstaltet, die Entbehrungen einer langen Zeit waren ihm anzusehen. Zitternd bewegten sich die spröden, aufgeplatzten Lippen, als wollten sie dem Betrachter zurufen…
    Mythor erkannte sich selbst in dem Spiegelbild. Seine Kleidung war zerschlissen und dreckig, eigentlich trug er nur noch Fetzen am Leib, die mehr entblößten, als sie zu verhüllen vermochten.
    »Das soll ich sein?« stieß er hervor.
    »Was du siehst, ist ein Spiegel der Zeit«, nickte Boozam. »Heute, morgen oder übermorgen, niemand weiß, wann du die Zukunft so erlebst. Aber du solltest dich darauf vorbereiten.«
    Der Sohn des Kometen wandte sich wieder seinem Abbild zu, das von leichten Schlieren verwischt wurde. Seine Gedanken begannen die unwirtliche Umgebung zu verlassen. Er dachte an Fronja, ihr gemeinsames Kind, an ALLUMEDDON… Immer schneller wirbelten die Bilder vor seinem geistigen Auge durcheinander, bis sie schließlich eins wurden, in einem wilden Reigen miteinander verschmolzen und ihn hinabzogen in einen Strudel quälender Empfindungen.
    Mythor wollte schreien, doch die Stimme versagte ihm den Dienst. Er fühlte sich plötzlich so unsagbar leicht, als gleite er auf Vogelschwingen durch die Lüfte.
    Dann war nichts mehr.
    Als er wieder zu sich kam, hatte seine Umgebung sich völlig verändert. Ein düster drohendes Gebilde lag vor ihm. Der Anblick löste Furcht aus und Beklemmung. Es war, als fehle plötzlich die Luft zum Atmen.
    »Die Burg der Dämonen«, stieß Boozam ungläubig hervor.
    Vor diesem monströsen Bauwerk wirkten sie klein und verlassen. Es war riesig, ragte gut hundert Schritt weit aus der Ebene auf und erinnerte mit seinen unzähligen schwarzen Türmen und Vorsprüngen, Zinnen und Erkern am ehesten an die Schlackehelme von Odams Kriegern, die nicht minder bizarr erschienen. Wolkenfetzen umwehten die höchsten der zerklüfteten Türme; Lichterscheinungen huschten an ihnen herab, verästelten sich vielfach und ließen manchmal sogar den Boden aufleuchten, als wohne ihm unbegreifliches Leben inne.
    Das Grauen ging von dieser Festung aus. Wenn man genau hinsah, konnte man erkennen, daß sie nicht aus Steinen aufgeschichtet war, sondern daß sie aus dem Staub der Schattenzone gewachsen sein mußte. Und sie schien noch immer zu wachsen und sich auszudehnen. Ein Alptraum, durch Schwarze Magie zur Wirklichkeit erstarrt.
    »Wie sind wir hierhergelangt?« murmelte Mythor bedrückt.
    »Durch den Spiegel der Zukunft«, erwiderte Boozam. »Kein anderer als der Darkon selbst kann uns geholt haben.«
    »Das bedeutet, daß auch er die Entscheidung sucht.«
    Der Aborgino schwieg, betrachtete nur stumm seinen Zweizack. Er schien mehr zu wissen, als er zuzugeben bereit war.
    »Weshalb hat der Darkon uns nicht getötet?« fuhr Mythor fort. »Was hat er vor?«
    »Ich weiß es nicht. Mag sein, daß er an einem Kräftemessen Gefallen findet.«
    Mythor lachte. Aber dieses Lachen klang schrill.
    »Du unterstellst einem Dämon edle Motive? Boozam, wenn er sich keinen Vorteil davon verspräche, daß wir noch
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