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Dark Village - Das Böse vergisst nie

Dark Village - Das Böse vergisst nie

Titel: Dark Village - Das Böse vergisst nie
Autoren: Kjetil Johnsen
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nicht sonderlich gelungen aus. Sie malte es blau aus und machte ein Herz daraus. Daneben setzte sie ein weiteres Herz, mit einem Pfeil hindurch. Auch das erste Herz bekam noch einen Pfeil.
    Kurz darauf hatte sie den Rand nach unten mit Herzen verziert. Es gefiel ihr. Aber sie musste auch etwas auf die Seite schreiben, in die Mitte, wo noch alles leer war.
    Ihr fiel nichts Besonderes ein, darum versuchte sie, eines ihrer Lieblingslieder zu übersetzen, und fügte immer mehr ihrer eigenen Gedanken hinzu:
    Da ist ein Loch in meiner Seele.
    Du kannst es in meinem Gesicht sehen.
    Ich bin so leer, so leer.
    Wenn ich dich doch nur ein Mal
    Lieben dürfte,
    Dich lieben, dich lieben.
    Gib mir Liebe,
    Damit ich verstehe,
    Wer ich bin, wer ich bin.
    Wann fängt das Leben endlich an?
    Gib mir Liebe,
    Erfüll mich mit Liebe, mit Liebe.
    „Ja, was haben wir denn da?“
    Nora fuhr zusammen. Eine Hand kam über ihre Schulter, griff nach dem Kalender und nahm ihn ihr fort.
    Es war ein Albtraum. Nora konnte nichts sagen, sich nicht rühren. Die Geräusche um sie herum verschmolzen zu einem einzigen Brei. Sie wartete darauf, dass es aufhörte, dass jemand den irrsinnigen Film, der sich in ihrem Kopf abspielte, anhielt und die Welt wieder normal wurde. Aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen wurde es noch schlimmer.
    Synnøve Viksveen machte einen Schritt nach vorn und blieb neben Noras Tisch stehen. Sie las das Gedicht, dann streckte sie die Hand aus und tätschelte herablassend Noras Kopf. Mit einer Stimme voll falschem Mitleid sagte sie: „Ui, ui, ui. Hier hat aber jemand Liebeskummer, wie ich sehe.“
    Viksveen lachte heiser und nahm den Kalender mit nach vorn ans Pult. Sie wedelte damit durch die Luft, lächelte und fragte: „Wollt ihr mal hören?“
    Niemand antwortete. Niemand konnte glauben, was da passierte. Gut, es wurde schon mal ein Kalender eingesammelt. Aber dass die Lehrerin anbot, daraus vorzulesen? Das war die reine Demütigung. So was machte man einfach nicht!
    Nora stand der Mund offen. Benedicte und Trine hatten ihre Plätze weiter vorn. Sie drehten sich um und sahen sie schockiert an, sie erwarteten, dass sie etwas sagte.
    Noras Gesicht war kreidebleich und sie hatte das Gefühl zu fallen. Tiefer und tiefer in eine schwarze, kalte, schmerzvolle Dunkelheit.
    Benedicte bewegte die Lippen. Formte die Worte: Sag was!
    Trine hob die Hände. Worauf wartest du?
    Aber Nora konnte nicht. Es war unmöglich. Die Welt stand still, nichts bewegte sich, sie hatte genug damit zu tun, überhaupt Luft zu kriegen.
    Synnøve Viksveen räusperte sich demonstrativ und begann: „Da ist ein Loch in meiner Seele. Du kannst es in meinem Gesicht sehen. Ich bin so leer, so leer.“
    Ein paar der Jungs lachten laut. Sogar einige Mädchen kicherten, obwohl es ebenso gut sie hätte treffen können.
    „He!“, sagte Vilde von ganz hinten im Klassenraum.
    Viksveen holte mit einer Hand aus und fuhr laut und schluchzend fort: „Wenn ich dich doch nur ein Mal lieben dürfte, dich lieben, dich lieben.“
    Jetzt lachten fast alle Jungs. Viksveen atmete tief ein, um weiterzulesen.
    „Heeee!“ Vilde stand so schnell auf, dass der Stuhl gegen die Wand hinter ihr knallte. „Das können Sie nicht machen!“
    Kein Laut war zu hören.
    Mucksmäuschenstille.
    Nur Vilde atmete heftig. Ihr Gesicht war rot und ihre Fäuste geballt. Sie war zu allem bereit.
    Nora starrte auf die Tischplatte. Langsam wurde ihr klar, dass etwas passiert war und dass es dabei um sie ging. Das alles war ihr passiert. Ihr. Nora. Der gewöhnlichen Nora Mittelmaß.
    Synnøve Viksveen schwieg. Es schien, als würde sie nachdenken. Dann schlug sie den Kalender zu, warf den Kopf nach hinten und lachte. „Kann ich nicht? Ich dachte, ich hätte es gerade getan.“ Sie ging zu Nora und knallte ihr den Kalender hin.
    „So, jetzt wisst ihr, was passiert, wenn ihr im Unterricht nicht aufpasst. Liebesgedichte könnt ihr in eurer Freizeit schreiben. Wenn ihr sonst nichts Vernünftigeres zu tun habt.“
    Vilde setzte sich nicht.
    Synnøve Viksveen ging zurück zum Pult, drehte sich um und ließ den Blick über die Klasse schweifen.
    Vilde stand noch immer. Verwaschene schwarze Jeans, Jeansweste mit abgeschnittenen Ärmeln, darunter ein weißes T-Shirt und im linken Ohr ein Ring. Sie wirkte wie eine gespannte Feder, kurz bevor sie – piooong – in die Luft fliegt und einen zu Tode erschreckt.
    Synnøve Viksveen betrachtete sie. „Ah. Die wilde Vilde. Ist noch was?“
    Die Jungs
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