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Dark Village - Das Böse vergisst nie

Dark Village - Das Böse vergisst nie

Titel: Dark Village - Das Böse vergisst nie
Autoren: Kjetil Johnsen
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konnte braun werden, wenn er wollte. Ich kann die Braunste werden, weil alle anderen was Bes seres zu tun haben …
    Nora setzte sich an den Schreibtisch. Sie war mit den Hausaufgaben fertig, aber es schadete ja nicht, ein bisschen vorzuarbeiten. Nur für den Fall.
    Du bist so abartig vorsichtig , sagte Vilde irgendwo in ihrem Kopf. Nora hob den Blick und starrte die Wand an.
    Vorsichtig, vorsichtig …
    Ihr Rücken juckte. Bis hinunter zur Poritze. Sie bewegte den Hintern. Es juckte wie verrückt.
    Plötzlich war sie es leid, sie war alles so unsagbar leid. Ihre Freundinnen, sich selbst, sie war die ganze Situation leid.
    Dass man sich so eingesperrt fühlen konnte.
    Zorn kochte in ihr hoch. Es war wie vorhin, als die anderen zu Besuch gewesen waren und sie am liebsten den Aschenbecher an die Wand geschleudert hätte. Eine Welle lief durch ihren Körper, glühend heiß und unberechenbar. Sie knallte das Englischbuch zu, dass die Tischplatte bebte.
    „Scheiße!“

4
    Es war am Tag zuvor passiert.
    Synnøve Viksveen redete über die UN und die Nato und die EU.
    „Alles internationale Organisationen“, sagte sie. „Wird es sie in zehn Jahren noch geben? Oder in zwanzig? Dreißig?“
    Sie schaute sich um und lächelte, breitete die Arme aus, als wollte sie fragen: Und, will jemand was dazu sagen? Dabei schaukelten ihre Brüste.
    Viksveen war Ende zwanzig. Siebenundzwanzig, schätzte Nora.
    Sie brachte mindestens zehn Kilo zu viel auf die Waage, aber niemand hielt sie für dick. Wenn ihre männlichen Kollegen sie anderen Männern beschrieben, verwendeten sie Worte wie: saftig , bunt und spannend . Ein Vollweib . Die Kolleginnen waren deutlich zurückhaltender mit ihren Komplimenten.
    Synnøve Viksveen war braun gebrannt und liebte es, Haut zu zeigen. Sie hatte große Brüste und trug meistens enge, dünne Tops in knalligen Farben – Gelb, Rosa oder Hellgrün – und mit besonders tiefem Ausschnitt.
    Wenn sie auf dem Pult saß und sich vorbeugte, wenn sie redete und ihre dunklen Haare zurückwarf (die todsicher gefärbt waren), wenn sie mit dem kleinen Goldkreuz spielte, das in ihrem Dekolleté baumelte, oder den Träger des schwarzen Spitzen-BHs lässig wieder auf die Schulter schob – dann hatte sie die volle Aufmerksamkeit der Jungs.
    In jeder Bewegung, die Synnøve Viksveen vor ihnen vollführte, lag ein Versprechen. Und irgendwas sagte ihnen, dass sie es einlösen würde. Früher oder später. Wirklich einlösen – also nackt und geil und ich will dich, großer Gott, ich will dich so sehr, fuck me hard, baby …
    Und darum glotzten die Jungs.
    Viksveen hatte ein niedliches, herzförmiges Gesicht. Sie benutzte rosafarbenen Lippenstift, genau im selben Ton wie der Lack auf ihren Finger- und Zehennägeln.
    Am ersten Tag fanden die Mädchen sie nett und lustig. Sie wollten in ihrer Nähe sein, mit ihr reden, mit ihr lachen. Sie war wie eine coole und gut gelaunte Verwandte, die ein bisschen Leben in die triste Weihnachtsgesellschaft brachte.
    Aber es stellte sich bald heraus, dass Synnøve Viksveen die Lieblingstante aus der Hölle war. Die Erste, die sich ihr in der Pause näherte, wurde mit einem eiskalten W as-glaubst-du-wer- du-bis-Blick abserviert. Damit hätte man eine Flasche Bier in zwei Sekunden schockgefrieren können.
    Zzzzing!
    Viksveen nahm sich Zeit, ihre Schülerin vor den Augen aller auf dem Schulhof zu verachten. Danach hielten die Mädchen Abstand. Es war eindeutig, dass alle mit Schlitz auf Viksveens Abschussliste standen.
    „Eine Lesbe ist sie jedenfalls nicht“, sagte Vilde trocken.
    Im Klassenzimmer schaute Viksveen die Jungs an, wenn sie sprach, auch ihr Lächeln galt immer den Jungs. Ihr Blick wanderte von einem zum anderen, während sie mit ihrer Halskette spielte und sich ab und zu vorsichtig, liebkosend mit den Fingerspitzen über die nackte Stelle zwischen Hals und Busen strich.
    Genau das tat sie. Sie streichelte sich vor der Klasse und sprach über internationale Politik.
    „Sie schaffen es nicht, in der EU ein Grundgesetz zu verabschieden. In den UN herrscht andauernd Unruhe, vor allem die USA stehen der Organisation kritisch gegenüber. Und die NATO wird immer größer. Was bedeutet das für die kommenden Jahre?“
    Die Jungs glotzten mit offenem Mund.
    Nora schaltete ab. Es war die letzte Stunde, davor hatten sie Sport gehabt. Sie war müde und kaputt.
    Gedankenverloren blätterte sie in ihrem Schulkalender. Oben in die Ecke einer Seite zeichnete sie ein kleines Gesicht. Es sah
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