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Dark Room

Dark Room

Titel: Dark Room
Autoren: Sophie Andresky
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Blut sehen. Es war also klar, dass er sich um seine verletzte Hand kümmern würde. Und das Geschirrtuch lag ja auch als einziges Stück Stoff sehr schön griffbereit da. Es war ein gewisses Risiko, aber glücklicherweise sind die meisten Menschen berechenbar.«
    Gemma griff nach hinten und öffnete die große Tasche des Sklaven. Obenauf lag das Fläschchen sicher verwahrt in dem Plastikbeutel.
    »Der Stoff war präpariert mit Tollwuterregern. Püppi hat sagenhafte Kontakte zur Veterinärszene.«
    Fiona zuckte zurück, und Gemma nahm den Beutel. »Den müssen wir nachher ganz sicher entsorgen.« Mit sanftem Druck streichelte sie Fionas Hand. »Es kann vierzehn Tage dauern, bis er was merkt, maximal neunzig, aber er wird sterben, und es wird hässlich werden. Und als ausgebildeter Jäger wird er auch genau wissen, was er sich eingefangen hat.«
    Erst als sie anhielten, wurde Fiona klar, wo sie waren: wieder vor Lorinas Haus. Es dämmerte schon. Gemma sprang aus dem Wagen und brachte den Laptop zurück an seinen Platz.
    Der Sklave wartete mit laufendem Motor. Er fuhr direkt weiter, als Gemma zurück war, sie ballte ein Knäuel aus Klebeband und Mullbinde in ihren Händen.
    »Was machen wir mit der Krankenschwester?«, fragte Püppi, aber Gemma winkte ab. »Ich hab ihr was zum Träumen gegeben, die schläft durch, da waren die Fesseln unnötig. Der Arzt kommt am Nachmittag und findet sie. Die Polizei wird ja bald wissen, welcher Laptop benutzt wurde, und wer außer ihr sollte Zugriff darauf gehabt haben?«
    Fiona sah sie ernst an. »Was ist, wenn sie denen von uns erzählt?« Sie kuschelte sich an Püppi, als der den Arm um sie legte.
    »Wird sie nicht. Und falls doch, merken die schnell, wie wahnsinnig sie ist. Außerdem hat uns kein Mensch gesehen. Und wir vier waren die ganze Zeit zusammen. Das kann jeder von uns bezeugen. Der Zirkel war mit dieser Methode schließlich jahrzehntelang erfolgreich.«
    * * *
    Die Sonne ging auf und tauchte die Autobahn in ein goldenes, unwirkliches Licht.
    Sie fuhren eine Weile und hielten erst am Flughafen Schönefeld wieder an. Gemma und Quälius stiegen aus. Püppi und Fiona krabbelten vom Rücksitz. Eine Weile standen sie nur da und sagten nichts.
    »Ihr könntet mit uns kommen«, sagte Gemma. »Wir haben auch noch zwei Tickets. Wir fliegen dorthin, wo es immer sonnig ist. Soll sich erst mal alles beruhigen. Und ich habe eine neue Geschäftsidee. Das Labyrinth mache ich schon zu lange. Es gäbe genug zu tun für euch.« Sie machte eine Pause. »Ich hätte euch sehr gern dabei.« Püppi trat auf sie zu und nahm sie fest in die Arme.
    Eng umschlungen standen sie da, die Köpfe aneinandergelehnt.
    »Wir sehen uns wieder, Kätzchen«, sagte er und küsste sie auf die Stirn. »Aber ich bleibe mit Fiona hier.« Er nahm Fionas Hand und hielt sie fest. »Sie hat nichts getan, aber es wird Befragungen geben, und sie muss ja auch das Haus abwickeln. Vielleicht rollt die Polizei sogar den Mord an ihren Eltern wieder auf. Wir fahren zu meinem Vater, er arbeitet noch in der Klinik, da haben wir auch ein Auge auf Alicia.«
    Eine Träne rollte über Gemmas Gesicht, sie wischte sie mit dem Handrücken weg, schob Püppi mit beiden Händen von sich. Sie sah Fiona lange an, setzte mehrmals an, um etwas zu sagen, zuckte aber schließlich nur die Achseln und küsste sie. Dann drehte sie sich um und ging langsam in Richtung der Abfertigungshalle.
    Quälius schob sich die Maske vom Gesicht, sodass Fiona erstmals sah, dass er älter als die Grinsekatze war und freundliche Züge hatte.
    Sie machte große Augen und schnappte überrascht nach Luft.
    »Ich kenne Sie! Aus der Massagepraxis!«, japste sie. »Ich hab Sie jeden zweiten Mittwoch auf dem Tisch.«
    Er reichte ihr die Hand und strich sich mit der anderen über den Rücken. »Bandscheiben. Ich mag’s einfach zu gern, wenn jemand auf meinem Rücken steht, vor allem mit nackten Füßen.« Er grinste schief.
    Plötzlich, als wäre ihm etwas eingefallen, setzte er die große Tasche ab und kramte darin herum. Schließlich fand er, was er suchte. Er schob einen Stapel Kleidung auf die Seite und zog Fionas weißen Plüschhasen und die bunte Raupe hervor. Beide waren flauschig wie neu und tadellos sauber. Davon, dass der Hase bis zu den Ohren in einer Toilette voller Tierblut gesteckt hatte, war nichts mehr zu sehen. »Das Herz war leider nicht zu retten«, sagte er, »das war Achtzigerjahre-Polyester, aber die beiden Kumpel hier« – er hielt den Hasen und
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