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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
Autoren: Gillian Flynn
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war ein gutes, wenn auch grausames Gedankenspiel. Inzwischen hatte ich mir angewöhnt, mindestens einen der beiden sterben zu lassen.
    Ich schaute zu meinem gemieteten Häuschen hinauf und überlegte, ob das Dach tatsächlich schief hing. Wenn das Ding einstürzte, würde ich nicht viel verlieren. Ich besaß nichts Wertvolles außer einem sehr alten Kater namens Buck, der mich tolerierte. Als ich die glitschigen, durchgebogenen Stufen betrat, hörte ich sein grollendes Maunzen aus dem Innern des Hauses, und mir wurde schlagartig klar, dass ich ihn heute noch nicht gefüttert hatte. Ich öffnete die Tür, und das greise Tier kam langsam und krumm auf mich zu, wie ein rostiges Auto mit einem kaputten Rad. Ich hatte kein Katzenfutter mehr – seit einer Woche stand es schon auf meiner Einkaufsliste –, deshalb holte ich ein paar Scheiben vertrockneten Schweizerkäse aus dem Kühlschrank und gab sie ihm. Dann setzte ich mich an den Tisch und öffnete die drei Briefe. Meine Finger rochen nach verdorbener Milch.
    Gleich beim ersten Brief blieb ich hängen.
    Liebe Ms Day,
    ich hoffe, dieser Brief erreicht Sie, denn anscheinend haben Sie keine Website. Ich habe viel über Sie gelesen und Ihre Geschichte in den letzten Jahren genau verfolgt. Nun interessiert es mich sehr, wie es Ihnen heute geht und was Sie machen. Treten Sie gelegentlich in der Öffentlichkeit auf? Ich bin Mitglied einer Gruppe, die Ihnen 500  Dollar bezahlen würde, wenn Sie einmal zu uns kommen. Bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf, ich würde mich freuen, Ihnen nähere Informationen zu geben.
    Mit freundlichen Grüßen
    Lyle Wirth
     
    PS : Es handelt sich um ein seriöses Angebot.
    Strippen? Porno? Als damals das Buch herauskam, gab es auch einen Teil »Erwachsenenfotos von Baby Day«. Das denkwürdigste davon zeigt mich im Alter von siebzehn Jahren, mit wogendem, aus einem knappen billigen Haltertop hervorquellendem Busen. Daraufhin erhielt ich mehrere Angebote von zwielichtigen Nacktmagazinen, von denen mir aber keines so viel Geld anbot, dass ich in Versuchung geraten wäre, auch nur ernsthaft darüber nachzudenken. Fürs Ausziehen würden mir die in dem Brief angebotenen fünfhundert Dollar auch jetzt nicht reichen. Aber vielleicht –
denk positiv, Baby Day!
, – vielleicht war es ja tatsächlich ein seriöses Angebot, wieder so eine Trauergruppe, die meine Gegenwart als Vorwand brauchte, um über sich selbst zu reden. Fünfhundert für ein paar Stunden Sympathie waren ein erwägenswerter Tauschhandel.
    Der Brief war getippt bis auf die Telefonnummer, die in einer markanten Handschrift mit Tinte unten auf der Seite vermerkt war. In der Hoffnung, einen Anrufbeantworter dranzukriegen, wählte ich die Nummer. Doch statt einer Maschine hörte ich zunächst nur grottentiefes Schweigen in der Leitung, dann wurde das Telefon abgehoben, aber niemand sagte etwas. Ich war ein bisschen verlegen, als hätte ich jemanden mitten in einer Party angerufen, von der ich nichts erfahren durfte.
    Drei Sekunden verstrichen, dann ertönte eine Männerstimme: »Hallo?«
    »Hi, spreche ich mit Lyle Wirth?« Buck strich um meine Beine und verlangte mehr Futter.
    »Mit wem habe ich das Vergnügen?« Im Hintergrund immer noch ein großes lautes Nichts. Als wäre er auf dem Grund eines tiefen Lochs.
    »Hier ist Libby Day. Sie haben mir geschrieben.«
    »Ohhhh, na so was. Echt? Libby Day! Äh, wo sind Sie denn? In der Stadt?«
    »In welcher Stadt?«
    Der Mann – der Stimme nach könnte es auch ein Junge sein – rief jemandem hinter ihm etwas zu, aber ich verstand nur: »Die hab ich doch schon erledigt!«, und stöhnte mir dann ins Ohr.
    »Sind Sie in Kansas City? Sie wohnen doch in Kansas City, oder nicht, Libby?«
    Ich wollte schon auflegen, aber der Typ fing an,
Hallooo? Hallooo?
in den Hörer zu brüllen, als wäre ich ein verträumter Schüler. Also sagte ich ihm, dass ich tatsächlich in Kansas City wohnte, und fragte ihn, was er von mir wollte. Er antwortete mit einem
Hehehe
-Lachen, das wohl seine Begeisterung ausdrücken sollte.
    »Tja, wie gesagt, ich wollte mit Ihnen über einen Auftritt sprechen.«
    »Was soll ich denn dabei tun?«
    »Na ja, ich bin in so einem speziellen Club … und nächste Woche haben wir ein spezielles Clubtreffen hier, und …«
    »Was ist das für ein Club?«
    »Na ja, er ist jedenfalls nicht nullachtfünfzehn. So ein bisschen eine Untergrund-Geschichte …«
    Ich antwortete nicht und ließ ihn stottern. Nach dem großkotzigen
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