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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)
Autoren: Gillian Flynn
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den Kopf, ein vorsichtiges Nicken.
    »Na ja, und bei uns ist es so ähnlich, aber es ist … na ja, wir nennen es den Kill Club.«
    Ich trank einen Schluck Bier und merkte, wie sich Schweißperlen auf meiner Nase bildeten.
    »Es ist aber gar nicht so abgefahren, wie das jetzt vielleicht klingt.«
    »Hört sich aber echt verdammt abgefahren an.«
    »Manche Leute mögen Krimis, oder nicht? Oder finden True-crime-blogs toll. Na ja, aus solchen Leuten besteht der Club. Jeder interessiert sich für ein bestimmtes Verbrechen: Laci Peterson, Jeffrey MacDonald, Lizzie Borden … Sie und Ihre Familie. Ich meine, Sie und Ihre Familie stehen im Club total hoch im Kurs. Total. Mehr als JonBenét Ramsey.« Als er sah, dass ich das Gesicht verzog, fügte er schnell hinzu: »Eine echte Tragödie, was bei Ihnen passiert ist. Und Ihr Bruder sitzt im Gefängnis, wie lange schon? Bald fünfundzwanzig Jahre, nicht wahr?«
    »Ben muss Ihnen nicht leidtun. Er hat meine Familie umgebracht.«
    »Hmm, ja, richtig.« Er lutschte an einem Stück milchigen Eis herum. »Haben Sie jemals mit ihm darüber gesprochen?«
    Ich merkte, wie meine Abwehrmechanismen aktiv wurden. Es gibt nämlich Leute, die behaupten, dass Ben unschuldig sei. Sie schicken mir Zeitungsartikel über Ben, die ich nie lese, sondern wegwerfe, sobald ich sein Foto sehe – mit seinen schulterlangen roten Haaren und dem strahlend friedvollen Gesicht die reinste Jesuskopie. Er geht jetzt auf die vierzig zu. In den ganzen Jahren habe ich meinen Bruder nie im Gefängnis besucht. Praktischerweise liegt das derzeitige am Rand unserer Heimatstadt – Kinnakee, Kansas –, dort, wo er die Morde begangen hat. Aber ich empfinde keine Nostalgie.
    Die meisten Anhänger von Ben sind Frauen, mit großen Ohren und langen Zähnen, Hosenanzugliebhaberinnen, dauergewellt, wortkarg und mit Kruzifixen behangen. Gelegentlich stehen sie vor meiner Tür, starren mich aus unnatürlich glänzenden, beseelten Augen an und erzählen mir, dass meine Aussage falsch gewesen sei. Sie meinen, dass ich damals, als ich mit meinen sieben Jahren geschworen habe, dass mein Bruder meine Familie getötet hat, verwirrt gewesen sei, dass ich unter Druck gesetzt worden sei oder schlicht gelogen hätte. Oft schreien sie mich an, und sie sind entsetzlich hartnäckig. Ein paar haben mich sogar geohrfeigt. Wodurch sie noch weniger überzeugend wirkten: Eine rotgesichtige, hysterische Frau kann man leicht ignorieren, und ich suche immer nach einem guten Grund, jemanden nicht zu beachten.
    Wenn sie netter zu mir gewesen wären, hätten sie mich vielleicht inzwischen überzeugt.
    »Nein, ich spreche nicht mit Ben. Wenn es darum geht, bin ich nicht interessiert.«
    »Nein, nein, nein, Sie brauchen einfach nur zu kommen, es ist so eine Art Kongress. Und wir löchern Sie mit unseren Fragen. Denken Sie wirklich nie an die Mordnacht?«
    Darkplace.
    »Nein, nie.«
    »Vielleicht erfahren Sie ja etwas Interessantes. Es gibt da ein paar Fans … Experten, die über den Fall besser Bescheid wissen als die Polizei. Nicht dass das so schwierig wäre.«
    »Dann sind es also Leute, die mich davon überzeugen wollen, dass Ben unschuldig ist.«
    »Na ja … vielleicht. Aber vielleicht überzeugen Sie diese Leute auch vom Gegenteil.« In seiner Stimme glaubte ich einen Hauch Herablassung zu hören, und er beugte sich aufgeregt, mit angespannten Schultern zu mir über den Tisch.
    »Ich verlange tausend Dollar für so einen Auftritt.«
    »Ich könnte Ihnen siebenhundert geben.«
    Ich schaute mich wieder im Raum um, ganz unverbindlich. Natürlich würde ich nehmen, was immer Lyle Wirth mir anbot, denn die Alternative war bekanntlich, dass ich mir einen richtigen Job suchen musste. Und dazu fühlte ich mich überhaupt nicht in der Lage. Ich bin nicht die Art Mensch, auf den man sich fünf Tage die Woche verlassen kann. Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag? Manchmal schaffe ich es nicht, fünf Tage hintereinander aus dem Bett zu kommen. Ich denke ja nicht mal jeden Tag daran zu essen. Pünktlich bei einer Arbeitsstelle aufzutauchen, wo ich acht Stunden bleiben müsste – acht lange Stunden weg von zu Hause –, das war schlicht unvorstellbar.
    »Na gut, dann eben siebenhundert«, sagte ich schließlich.
    »Wunderbar. Es werden eine Menge Sammler da sein. Also bringen Sie alle Souvenirs mit, äh, Sachen aus Ihrer Kindheit, die Sie verkaufen möchten. Ich denke, Sie könnten ohne weiteres mit zweitausend Dollar rausmarschieren. Vor
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