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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny
Autoren: Jennifer Benkau
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wieder geschlossen hätte, darauf vertrauend, dass er nicht endgültig fort war. Er war den ganzen Sommer lang nachts aufgestanden und ziellos umhergestreunt. Und ich war mir immer relativ sicher gewesen, dass er mir Auf Wiedersehen sagen würde, ehe er ernst machte.
    Heute war es anders.
    Mir war schon lange klar, dass irgendwann die Nacht kommen
    würde, in der es anders wäre. Nun, da meine Ängste wahr zu werden schienen, beunruhigten sie mich kaum noch. Ich spürte nur eine Traurigkeit, die mich schwach und müde machte. Ein Kampf wäre ohnehin zum Scheitern verurteilt gewesen.
    Ich stand auf, schlüpfte in meine Hose und eine leichte Jacke, ließ jedoch meine Schuhe zurück.
    Ich schlich aus unserem Haus und durchquerte den Garten, in dem wir vor Kurzem Nüsse und Pflaumen geerntet hatten. Der Regen war warm und hatte mich nach wenigen Schritten völlig durchnässt. Meine Füße sanken tief in den feuchten Erdboden ein. Die ersten Blätter färbten sich bereits herbstlich in Rot- und Ockertönen. Während ich zum Hafen lief, steckte ich meine Hände in die Taschen und stieß auf mein Messer. Ich hatte es lange nicht benutzt und konnte mich kaum noch daran erinnern, wie es dorthin gekommen war. Ich brauchte es nicht mehr.
    Die Schiffe an den Docks schaukelten leise vor sich hin, der Regen fiel ins Meer - das Plätschern hatte etwas Beruhigendes. Regen und Meer: Sie trennten sich und fanden sich im nächsten Leben wieder. Irgendwo schrie ein Vogel, ich bildete mir ein, dass es eine Krähe sein musste, obwohl man hier viel häufiger Dohlen sah.
    Die Wolken fuhren ein wenig auseinander und der Mond beleuchtete den Hafen, spiegelte sich schemenhaft im Wasser, wo er zu zerfließen schien.
    Neel warf soeben die letzte Tasche ins Boot. Gleich würde er die Taue lösen und dann würde nichts mehr von ihm und Edison bleiben, außer den Ruderschlägen, mit denen sie die Dark Destiny aufs offene Meer bewegten.
    An der Stelle, wo die Erde in den Steg überging, blieb ich stehen und berührte mit den Zehen das nasse Holz. »Kein Abschied?«, rief ich.
    Er zuckte zusammen, fuhr aber mit seiner Arbeit fort, als hätte er mich nicht gesehen. Edison streckte den Kopf aus dem Boot und winkte mir zu.
    Alles Gute, Zwerg. Neel hat ja recht, du wärst hier nicht glücklich geworden.
    Als Neel fertig war, kam er zu mir. »Ich habe es wirklich versucht.«
    Er meinte, hier zu leben. Hier glücklich zu sein. In dem Land, in dem ich glücklich leben konnte und das ich besser machen wollte
    Ich nickte. Er hatte in den letzten Wochen alles versucht, um sich einzugliedern, so wie es Graves fast mühelos gelungen war. Aber Neel war nicht Graves. Je mehr Mühe er sich gegeben hatte, umso mehr hatte er sich selbst verloren, als bröckelten Stücke von ihm ab. Erst nur an den Ecken und Kanten, dann immer mehr von seiner Seele.
    »Du gehst einfach so? Ohne mir Lebewohl zu sagen?«
    »Ich habe dir einen Brief geschrieben«, antwortete er leise, »aber ich weiß, dass das nicht dasselbe ist. Lass mich einmal feige sein. Kein Abschied. Ich würde dich sonst bitten, mit mir zu kommen.«
    »Wenn ich dich bitten würde, irgendwann zurückzukommen, würdest du es mir versprechen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wenn ich dir sagen würde, dass ich es gern versprechen möchte, aber nicht weiß, ob ich das Versprechen halten kann ... Würdest du mir das glauben?«
    Ich nickte. Ihn zu verlieren, würde mein Herz zerreißen und ich hatte schreckliche Angst vor den Schmerzen, die auf mich zukamen. Und vor der Sehnsucht. Aber ihn zu überreden, bei mir zu bleiben, in einem Land, das so wenig Freiheit für ihn bedeutete, hätte ihn nach und nach vergiftet und krank gemacht. Und das wäre meinem Herzen noch übler bekommen.
    »Ich muss gehen«, sagte er. »Ich will nach Hause, ich muss -« Ehe er sich erklären konnte, drückte ich meine Brust an seine und meine Lippen auf seinen Mund.
    Ich weiß, Neel. Weil du so bist wie ich, weil du frei sein musst. Weil wir zunächst selbst glücklich sein müssen, ehe wir anderen Glück geben können. Weil diese Welt noch nicht bereit ist für uns.
    Im vergangenen Sommer hatte ich mir noch im Stillen eingeredet, mit ihm zurückzukehren. Aber nun, da es so weit war, wusste ich, dass dies nicht meine Zukunft war und meine Pläne leeres Gerede, mit dem ich mich hingehalten und beruhigt hatte. Selbst wenn er mich darum gebeten hätte, wäre meine Antwort Nein gewesen. Ich gehörte nicht auf die Schatteninseln.
    Wir brauchen den
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