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Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Titel: Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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Puls raste. Die Dunkelheit, die sie von allen Seiten umgab, fühlte sich schwärzer an denn je. Es war keine gute Dunkelheit. Es war nicht die Dunkelheit ihrer erblindeten Augen. Es war auch nicht die Dunkelheit der Nacht. Es war eine greifbare Dunkelheit; etwas, das düsterer und unheimlicher war als alles, was Aliyah jemals empfunden hatte. Und obwohl sich ihre Füße so heiß anfühlten, als würde sie auf glühenden Kohlen stehen, fröstelte es sie am ganzen Körper.
    Die Sechzehnjährige tastete mit der rechten Hand nach ihrem weißen Wolf, der leise hechelnd neben ihr gelegen hatte und durch ihr ruckartiges Erwachen ebenfalls aufgesprungen war. Er spürte die Unruhe seiner jungen Herrin instinktiv. Treuherzig blickte er sie mit seinen eisblauen Augen von der Seite an, gab einen winselnden Laut von sich und legte beschützend seine rechte Pfote auf sie. Aliyah klammerte sich an sein dickes weißes Fell. Es gab ihr das Gefühl von Sicherheit.
    «Ich habe sie gesehen, Nayati», sagte sie leise. «Es war … unheimlich. Noch nie habe ich so etwas Unheimliches gesehen.» Sie schwieg und versuchte, die Bilder zu verdrängen, die ihr den Schlaf geraubt hatten. Aber es gelang ihr nicht. Feuer, tanzende Schatten, Gelächter, Flammen, ein Gesicht – und dann diese Augen. Sie hatten sich unauslöschlich in ihre Seele eingebrannt.
    «Sie hat mich angesehen. Sie hat mir direkt in die Augen geschaut», murmelte das Mädchen. «Es tat weh. Es brannte wie Feuer in meiner Brust. Ich wollte schreien, aber es ging nicht. Ich wollte wegsehen, aber ich konnte nicht. Es war, als würde sie mich zwingen, sie anzusehen. Es war, als ob …»
    Nayati hechelte und hörte seiner jungen Herrin geduldig zu, als würde er jedes ihrer Worte verstehen. Sie sprach den letzten Gedanken nicht mehr aus. Stattdessen zog sie ihren Arm zurück und drehte sich gegen die Wand. Sie winkelte die Beine an den Körper und rollte sich zusammen wie eine Katze.
    «Etwas Schreckliches wird geschehen, ich spüre es.» Sie flüsterte die Worte nur.
    Der Wolf kroch näher zu ihr heran und legte seinen Kopf auf ihre Schulter, entschlossen, sie gegen alles und jeden zu verteidigen, der ihr irgendein Leid zufügen wollte. Trotzdem zitterte Aliyah noch immer ein wenig.
    «Ich habe Angst, Nayati», hauchte sie.
    Sie schloss die Augen und zog sich die alte Decke bis über die Ohren. Sie spürte den feuchten Nebel im Gesicht. Er kroch an ihr hoch wie eine kalte Hand, die nach ihr greifen wollte. Dick und schwer hingen die Nebelschwaden in der Kammer, als würden sie in der Dunkelheit jemandem auflauern. Es war eine gefährliche Dunkelheit. Aliyah wusste es. Erst als ihre Atemzüge wieder tief und gleichmäßig waren, legte auch Nayati seine Ohren zurück und entspannte sich.

3
    Katara löste eine brennende Fackel aus ihrer Halterung in der Burgmauer. Es war kurz nach Mitternacht. Einer Katze gleich glitt Katara in ihren ausgetretenen Schuhen die Stufen der steinernen Wendeltreppe hinunter. Sie trug knielange, hautenge Hosen, einen kurzen dunkelvioletten Rock und ein ärmelloses Lederhemd mit auffälligem Reißverschluss. Darüber trug sie einen ebenfalls ärmellosen silbergrauen Mantel, der ihr fast bis zu den Fußknöcheln reichte. Er erinnerte entfernt an die Flügel einer Fledermaus und warf beim Gehen einen beinahe gespenstischen Schatten an die Burgmauer. Zwei breite silberne Armspangen schmückten die für eine Siebzehnjährige sehr kräftigen Oberarme. Ein langes Zöpfchen aus bunten Glasperlen und kleinen Holzkugeln war sorgfältig in ihr pechschwarzes Haar geflochten. Seidig fiel ihr schulterlanges Haar um ihr feines weißes Gesicht, das aussah, als wäre es aus reinstem Elfenbein geschnitzt. Zwei smaragdgrüne Augen funkelten abenteuerlustig daraus hervor.
    Bei einer Fensterscharte hielt das Mädchen kurz inne und warf einen Blick in die Nacht hinaus. Als ihre Mutter noch lebte, hatte sie ihr erzählt, früher hätte man in klaren Nächten Tausende von Sternen am Firmament funkeln sehen können. Ja, bevor der Nebel kam, hätte der Nachthimmel über Shaíria zuweilen ausgesehen wie ein dunkelblaues, mit Diamanten besetztes Abendkleid. Katara konnte sich das nur schwer vorstellen. Alles, was sie sah, war tiefste Finsternis.
    Weit unter ihr, irgendwo im Nichts, lag Dark City, verschluckt von der Dunkelheit der Nacht und dem zähen Nebel, der so dicht war, dass er den Menschen das Gefühl gab, daran ersticken zu müssen.
    Katara drehte sich um. Ihre beiden
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