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Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Titel: Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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Freundinnen gesellten sich kichernd und tuschelnd zu ihr. Sie waren ziemlich aufgeregt über den nächtlichen Ausflug. Katara legte drohend den Zeigefinger auf den Mund und bedeutete ihnen damit, sich ganz ruhig zu verhalten.
    «Wenn mein Vater uns erwischt, kriege ich mächtigen Ärger!», flüsterte sie. «Er hat mir ausdrücklich gesagt, ich dürfe nicht ins Verlies gehen. Also seid still, sonst verratet ihr uns.»
    Die Mädchen nickten und hielten sich die Hand vor den Mund, um nicht weiterzukichern.
    «Ich war noch nie in einem echten Burgverlies», sagte Yolanda, die Kleinere der beiden, nach einer Weile. Sie trug einen verspielten weiten Schnürrock und Sandalen. Ein sorgfältig geflochtener blonder Zopf hing ihr im Nacken. «Da unten gibt’s bestimmt Ratten und Spinnen und allerlei Ungeziefer. Wenn ich eine Ratte sehe, muss ich schreien, das kann ich euch gleich sagen.»
    «Wenn du nicht mal eine Ratte sehen kannst, ohne in Panik zu geraten, wäre es vielleicht besser, du würdest hierbleiben», spottete Xenia, ein Mädchen mit keckem Blick und kurz geschnittenen roten Haaren. Sie trug grobe Schuhe mit dicken Ledersohlen, dazu eng anliegende Hosen und einen Wollpullover. In ihren Ohrläppchen steckten auf jeder Seite drei Ohrringe, und ein kleiner Ring über der linken Augenbraue vervollständigte ihren frechen Look.
    «Ich habe keine Angst», verteidigte sich Yolanda. «Außerdem ist die Hexe angekettet, hab ich Recht, Katara?»
    «Angekettet schon, aber vermutlich ist sie tausendmal unheimlicher als alle Ratten und Spinnen, die dort unten hausen», ermahnte sie Katara.
    «Hast du sie schon gesehen?»
    «Nein. Ich sagte euch doch, mein Vater schärfte mir ein, ich solle mich von ihr fernhalten.»
    «Ich dachte, er lässt dich sonst immer zu den Gefangenen gehen?»
    «Diesmal nicht. Er sagt, sie sei anders.»
    «Natürlich ist sie anders», grunzte Xenia, «sie ist eine legendäre Hexe und wird dafür morgen auf dem Scheiterhaufen brennen.»
    «Ja, das wird sie», bestätigte Katara und hielt ihre Fackel fester. «Mein Vater wurde dazu bestimmt, sie anzuzünden.»
    «Im Ernst?»
    Katara nickte. Sie konnte ihren Stolz nicht verbergen. Es war eine immense Ehre, derjenige sein zu dürfen, der den Scheiterhaufen in Brand setzte. Nur jemand, der Drakars höchstes Vertrauen und all seinen Respekt genoss, wurde jeweils für diese würdevolle Handlung auserwählt. Die beiden Mädchen waren mächtig beeindruckt.
    «Vielleicht will dein Vater deshalb nicht, dass du ihr zu nahe kommst», kombinierte Yolanda. «Vielleicht hat er Angst, sie könnte dich mit einem Fluch belegen. Das wäre durchaus verständlich. Ich habe schon von Fällen gehört …»
    Katara winkte ab. «Alles dummes Geschwätz. Legenden und Märchen.»
    «Nein, du, im Ernst», beharrte Yolanda auf ihrer Geschichte, «man sagt, es gibt Hexen, die einen Fluch über dir aussprechen, der dich in eine von ihnen verwandelt. Ich weiß nicht, wie das geschieht, aber man sagt, einige könnten es.»
    «Wer hat dir denn den Humbug erzählt? Etwa dein Kindermädchen?»
    «Davon habe ich auch schon gehört», fiel Xenia ein. «Mein Onkel erzählte mir, der Freund seines Arbeitskollegen wäre eines Tages spurlos verschwunden. Man geht davon aus, dass er am Abend vorher Kontakt mit einer Hexe hatte. Vielleicht ist wirklich etwas dran an der Sache.»
    «Jetzt aber Schluss damit!», brauste Katara empört auf. «Wollt ihr die Aktion etwa abblasen wegen dieser lächerlichen Spukgeschichten?»
    Die Mädchen schüttelten heftig den Kopf.
    «Nein, natürlich nicht», sagte Xenia. «Ich habe noch nie eine Hexe aus der Nähe gesehen. Diese Chance lasse ich mir nicht entgehen, um nichts in der Welt.»
    «Ich auch nicht», schloss sich Yolanda ihrer Freundin an. «Wahrscheinlich hast du ja Recht. Es sind nichts weiter als Gerüchte.»
    Katara nickte zufrieden. «Gerüchte, nichts weiter. Die Hexe wird uns schon keinen Fluch anhängen, da macht euch mal keine Sorgen. Sie wird überhaupt nichts tun. Ihre Macht ist gebrochen. Dies ist ihre letzte Nacht. Morgen wird Dark City in Jubel ausbrechen, wenn sie in der Arena in Flammen aufgeht.» Sie schob sich ihr Glasperlenzöpfchen hinters Ohr und ging weiter. Die Mädchen folgten ihr, Xenia mit festen Schritten, Yolanda etwas zögerlich.

4
    Immer tiefer stiegen sie in dem Turm hinab, bis die Mauer dem blanken Felsen wich. Die Treppe ging weiter, sie schien direkt in den Felsen gehauen zu sein. Sie stiegen mitten in den Berg hinein,
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