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Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Titel: Dante Valentine 05 - Hoellenschlund
Autoren: Lilith Saintcrow
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auf der mit Geröll übersäten Ebene gegenüber. Ich hob den Blick und spürte, wie meine Wut weiter wuchs. Sie überflutete meinen Körper, diese klare, saubere Wut, die in ihrer Zielgerichtetheit so süß schmeckte.
    Ich wusste, was er mir angetan hatte. Ich konnte mich nicht im Einzelnen daran erinnern, aber ich wusste es, als wäre es jemand anderem passiert, irgendeinem misshandelten Mädchen, das sich in der Ecke eines Schlafzimmers zusammenkrümmt und schluchzend den Kopf gegen die Wand schlägt, weil jemand ihr zu nahe getreten ist und ihr Geist nicht mehr ganz ihr gehört.
    Der Fürst der Hölle kniff die Augen zusammen. Das war alles. Der Smaragd an seiner Stirn leuchtete so steril wie die radioaktiven Strahlen, die durch die Ruinen krochen.
    Mir fiel plötzlich auf, dass ich seit der Landung noch nicht eine einzige Pflanze oder ein einziges Tier gesehen hatte. Nur Sand, verfallende Gebäude und Schrott. Nichts als Zerstörung, so vollkommen, dass hier selbst nach Jahrhunderten nichts wuchs.
    Luzifers Arme hingen seitlich herab, die eleganten Finger völlig locker.
    Ich atmete tief ein. Sandbefrachteter Wind strich mir über die Wangen und durch mein dreckiges Haar. Meine Rippen hoben und senkten sich hektisch, so sehr schnappte ich nach Luft. Hinter meinen Augen konnte ich mein Herz schlagen hören, so schnell und kräftig, dass es durch meine Adern hinauszuplatzen drohte.
    „Hier stehe ich, Luzifer.“ Meine Kehle knackte in der trockenen Hitze, aber meine Stimme war fest. „Und auch alle Bewohner der Hölle werden mich nicht in die Flucht schlagen.“
    Mit anderen Worten: Du willst Eve? Dann komm doch und hol sie dir – aber dafür musst du erst an mir vorbei. Und ich habe dir noch was heimzuzahlen.
    Die Stimmen in meinem Kopf schwiegen. Durch meine linke Schulter lief samtenes Feuer, und die Hitze verdichtete sich in meinen Armen und Beinen. Sie schmiegte sich an den dünnen Film, der meine Psyche umgab, und stülpte sich über eine nicht erkennbare Wölbung.
    In der Dunkelheit hinter Luzifer glühten weitere Lampen auf dämonische Augen, die genügend Licht warfen, dass man die Schatten schlanker, geschmeidiger Gestalten erkennen konnte. Die Luft war angefüllt mit Psinergie, Geflüster, Kichern. Die Dämonen der Höheren Schar, die den Teufel noch mit „Meister“ anredeten, sammelten sich gerade rechtzeitig, um dem Spektakel beizuwohnen.
    Es war mir egal.
    Luzifer rührte sich. „Nicht alle Bewohner der Hölle werden gebraucht, Nekromantin.“ Sein Haar stellte sich auf, und die Spitzen leuchteten golden. Seine Tunika mit dem hohen Kragen glänzte, als er den Arm hob und auf mich zeigte, wobei die Krallen am Ende seines Zeigefingers ausfuhren. „Nur einer.“
    Fudoshins Spitze beschrieb in der Luft einen kleinen, exakten Kreis, bevor der Griff zur Seite glitt, eine ganz natürliche Bewegung, die in der Abwehrposition endete. Das Messer, das an meinem linken Unterarm anlag, sang sein hohes, spannungsgeladenes Lied des Todes. Über uns funkelten die Sterne, deren helles Licht von keiner städtischen Beleuchtung verschluckt wurde. Eve stand noch immer hinter mir oben auf dem Hügel. Ich konnte ihre Aufmerksamkeit spüren; der Smaragd an ihrer Stirn spuckte einen Funken nach dem anderen aus, als würde er Luzifer antworten. Auch das Juwel an meiner Wange sprühte Funken, meine Tätowierung tobte wie wild unter meiner Haut -ein intensiver, angenehmer, juckender Schmerz.
    Die Welt verengte sich und konzentrierte sich nur noch auf einen einzigen Punkt. Keiner von uns konnte jetzt mehr zurück. Der Fehdering war geworfen, die Herausforderung angenommen, und ich würde gleich sterben.
    Ich fragte mich, ob mein Gott mich wohl in die Arme nehmen oder ob ich unbemerkt in den Brunnen der Seelen hinabgleiten würde, über den ich so oft hinweggeschritten war.
    Spielte das eine Rolle?
    „Komm schon“, flüsterte ich. Komm und pack mich. Wenn du kannst. Wenn du dich traust.
    Mir blieb nicht die geringste Zeit zu reagieren. Noch bevor ich zu Ende gesprochen hatte, war er über mir.
    Es war, als würden zwei Welten zusammenprallen. Mein linker Arm wurde zur Seite gefegt, Luzifers Klingenfinger gruben sich in meinen Bauch und raubten mir den Atem, während meine schockierten Lungen und mein Herz verzweifelt versuchten weiterzuarbeiten. Fudoshin nutzte seinen Griff wie einen Rammbock und knallte ihn dem Fürsten der Hölle ins goldene Gesicht, das vor Wut ganz verzerrt und doch noch immer unbeschreiblich schön
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