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Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Titel: Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)
Autoren: Dr. Josephine Chaos
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gelaunten Hebammen sollte man sich niemals anlegen, das geht immer ins Auge (Lehrbuch für angewandtes Verhalten im Kreißsaal, Paragraph 29, Absatz 3b!), und stoße in der Kaffeeküche auf meine Kollegin Jeannie, die bereits fix und fertig zurechtgemacht mit einer Tasse Cappuccino in der Hand auf mich zu warten scheint.
    »Na, du bist ja früh dran heute«, stichele ich ein bisschen herum. »War denn gar nicht viel zu tun?«
    Jeannie setzt ihr unschuldiges Kleinmädchengesicht auf, schlägt das rechte Bein mit elegantem Schwung über das linke, um ihr perfektes Top-Model-Knie unterm Mini-Mini-Minikleid zu präsentieren, und flötet harmlos, während ihre Gesichtsfarbe nur eine Viertel Nuance dunkler wird: »Och, nööö, ruhiger Tag heute. Alles schon geschafft. Ich geh dann jetzt mal …«
    »Sicher, dass nichts mehr zu tun ist?«, hake ich misstrauisch nach. »OP fertig? Alle Patientinnen aufgenommen? Kein Blut abzunehmen? Braunülen zu legen? Sag schnell, Jeannie: Flunkerst du mich auch nicht an?«

    Aber sicher tut sie das. Meine Kollegin hat das Gemüt eines Metzgerhundes und erzählt mir, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, was immer ich hören will. Alle Arbeit erledigt, alle Patientinnen versorgt und eine Gehaltserhöhung bekommen wir obendrein. Großes Ehrenwort – ich schwöre!
    Und winkt zum Abschied leise Servus.
    Das dicke Ende kommt, wenn fünf Minuten nach ihrem Weggang die Arbeit aus allen Löchern kriecht. Von dort, wo Jeannie sie wohlwissentlich bis zum Beginn ihres Feierabends versteckt hat. Und auch der heutige Tag bildet hier keine Ausnahme, denn während sich ringsherum die Welt im zarten Rosé der untergehenden Frühlingssonne verfärbt, bricht an Bord das Chaos los. Alarmstufe Rot auf allen Decks! Und ich verspüre tatsächlich beginnenden klopfenden Kopfschmerz im linken Schläfenlappen. Keine zwei Sekunden, nachdem die schönste Ratte westlich der Milchstraße das sinkende Schiff verlassen hat, stürmt nämlich auch schon Dr. Bambi zur Tür herein, aus jeder Pore den Geruch des gehetzten Wildtieres verströmend, und bleibt nervös trippelnd in der Mitte des Raumes stehen.
    »Josephine! Hi! Schön, dass du da bist. Ich muss gleich wieder los! Frau XY auf Station 8a … der Visitenwagen … die OP für morgen … ich hab noch … kann noch nicht … muss aber …«
    Bambi zuzuhören ist, als hätte man 50 Grundschülern gleichzeitig eine Frage gestellt: Man bekommt 5000 unterschiedliche Teilantworten an den Kopf geschmissen und hat trotzdem keinen Schimmer, worum es geht.
    »Bambi! SITZ!« Aufmunternd schubse ich dem Rehlein einen Stuhl hin, auf den es sich auch brav plumpsen lässt, und schiebe wohlwollend vier Toffifee über den Tisch.
    »Nein, danke! Ich … Diät, weißt du … das Kleid … der Bauch … die Beine!«
    »Bambi! ISS!« Mit Bambi muss man reden wie mit dem Köter in der Hundeschule – kurze, knackige Ansagen. Stimme fröhlich angehoben und immer mal wieder euphorisierend mit dem Leckerli winken. Funktioniert tadellos bei meinem Golden Retriever – und dem Waldtier.
    Tatsächlich: ohne weiteres Aufmucken schiebt die Kleine jetzt alle Schokoladenstücke auf einmal in den Mund, und während ihr Gaumen mit den klebrigen Toffifees kämpft, wird das Tierchen allmählich ein wenig ruhiger. Der nicht von der Hand zu weisende Vorteil bei dieser Schokolade ist nämlich: Mein Reh muss jetzt erst mal überlegen, was es sagen will, denn mit vollem Mund kommuniziert es sich ungleich langsamer.
    Der Plan geht auf: Bambi zieht einen Din-A3-Zettel aus ihrer prall gefüllten Kitteltasche und entfaltet ihn sorgfältig. Darauf steht in ihrer ordentlichen, mikroskopisch kleinen Schulmädchenschrift alles, was heute noch zu tun ist. Ich entziffere von schräg gegenüber gerade so Punkt 1 bis 64 …
    »Okay, Bambi, das kannst du knicken! Ich komme zum Nacht dienst, nicht zum Fron dienst. Sag mir einfach, was heute noch ganz dringend gemacht werden muss. Alles andere kannst du morgen meistbietend unter Jeannie und Fred verlosen!«
    Mit glasigem Blick starrt die kleine Kollegin mich an, als ihr klar wird, dass gerade all ihre Hoffnung auf Lösung des Problems, Verzeihung: der Probleme, in weite Ferne gerückt ist. Denn Josephine wird ihr heute sicher nicht die Kastanien aus dem Feuer holen. Armes Bambi!
    Fast habe ich ein schlechtes Gewissen. Das kommt davon, weil ich immer so nett bin. An anderen Tagen hätte ich ein bisschen geschimpft und dann die komplette Liste,
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