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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves
Autoren: P. G. Wodehouse
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Sommerferien bei irgendeinem Vikar verbrachte, der mir Latein beibringen sollte, den ersten Preis im Radrennen der Chorknaben dieser Gemeinde gewonnen hatte.
    Das ist doch was ganz anderes, als sich seiner Triumphe im Sattel zu rühmen!
    Ich meine, der Mann besaß doch Welterfahrung. Da hätte er wissen müssen, daß Chorknaben sowieso keine großen Fahrrad-Asse sind. Und wenn ich mich nicht irre, hatte ich ihm außerdem ausdrücklich gesagt, daß man mir eine halbe Runde Vorsprung gegeben hatte und daß Willie Punting, der Lokalmatador, der das Rennen mit Sicherheit gewonnen hätte, nicht antreten konnte, weil er sich das Rad seines Bruders genommen hatte, ohne diesen zu fragen, so daß der Bruder angerannt kam, gerade als das Rennen beginnen sollte, und Willie eins hinter die Ohren gab und ihm das Rad wegnahm, woraufhin der von der Teilnehmerliste gestrichen werden mußte. Aber wenn man Jeeves jetzt so reden hörte, mußte geradezu der Eindruck entstehen, ich besäße eine riesige Kollektion von Pokalen, und mein Foto erschiene von Zeit zu Zeit in der Presse in Verbindung mit Berichten über eine neue Rekordfahrt von Hyde Park Corner nach Glasgow in knapp unter drei Stunden oder so.
    Und zu allem Überfluß mischte sich jetzt auch noch Tuppy ein.
    »Stimmt«, sagte Tuppy. »Bertie war schon immer ein prima Radfahrer. Ich weiß noch, wie er nach Studentenfesten nackt im Hof unseres Colleges herumgefahren ist und unanständige Lieder gesungen hat. Und er ist dabei sehr schnell gefahren.«
    »Dann soll er jetzt gefälligst auch sehr schnell fahren«, sagte Tante Dahlia energisch. »Für meinen Geschmack kann er gar nicht schnell genug fahren. Von mir aus kann er dabei auch unanständige Lieder singen. Und wenn du dich nackt ausziehen willst, Bertie, mein Lämmchen, dann tu das ruhig. Aber ob nackt oder angezogen, ob mit oder ohne unanständige Lieder – zisch ab!«
    Endlich fand ich meine Stimme wieder.
    »Ich bin aber schon seit Jahren nicht mehr Rad gefahren.«
    »Dann wird’s ja höchste Zeit, daß du wieder anfängst.«
    »Wahrscheinlich hab ich’s inzwischen verlernt.«
    »Wenn du erst ein paarmal hingefallen bist, wird dir schon wieder einfallen, wie es geht. Man lernt schließlich aus seinen Fehlern.«
    »Aber bis Kingham sind es wer weiß wie viele Meilen.«
    »Je eher du dich auf den Weg machst, um so besser.«
    »Aber …«
    »Bertie, mein Kleiner!«
    »Aber hör doch …«
    »Bertie, mein Schatz!«
    »Aber hör doch mal zu …«
    »Bertie, mein Liebling!«
    Und so geschah es denn. Kurz darauf ging ich mißmutig im Dunkeln davon, Jeeves an meiner Seite, während Tante Dahlia mir nachrief, ich sollte mir vorstellen, ich wäre Mazeppa auf seinem Pferd. Keine Ahnung, wen sie damit gemeint hat.
    »So, Jeeves«, sagte ich, als wir den Schuppen erreichten, und es klang frostig und bitter, »das haben wir nun von Ihrem grandiosen Plan! Tuppy, Angela, Gussie und die Bassett reden nicht mehr miteinander, und ich selbst bin dazu verurteilt, acht Meilen …«
    »Es sind, glaube ich, neun Meilen, Sir.«
    »… neun Meilen mit dem Fahrrad hinzufahren und dann noch mal neun Meilen zurück.«
    »Es tut mir leid, Sir.«
    »Was habe ich davon, daß es Ihnen leid tut? Wo ist denn dieser verdammte Drahtesel?«
    »Ich werde ihn holen, Sir.«
    Das tat er, und ich beäugte das Ding mürrisch. »Wo ist denn der Scheinwerfer?«
    »Ich fürchte, es ist keiner dran, Sir.«
    »Kein Scheinwerfer?«
    »Nein, Sir.«
    »Aber ich kann mir ja sämtliche Knochen brechen, wenn ich kein Licht habe. Ich könnte mit jemandem zusammenstoßen.«
    Dann hielt ich inne und funkelte ihn eisig an.
    »Was gibt es da zu grinsen, Jeeves. Finden Sie das etwa komisch?«
    »Ich bitte um Verzeihung, Sir. Ich mußte nur an eine Geschichte denken, die mir mein Onkel Cyril mal als Kind erzählte. Es ist eine absurde kleine Geschichte, wiewohl ich gestehen muß, daß ich sie immer recht erheiternd fand. Nach den Worten meines Onkels Cyril machten sich einmal zwei Männer namens Nicholls und Jackson mit einem Tandem auf den Weg nach Brighton, und unterwegs hatten sie das Unglück, mit einem Brauereifahrzeug in Kollision zu geraten. Als der Rettungswagen am Unfallort eintraf, stellte man fest, daß die beiden mit solcher Heftigkeit aufeinandergeprallt waren, daß man sie einfach nicht mehr auseinandersortieren konnte. Auch für das schärfste Auge war nicht erkennbar, welche der Überreste zu Nicholls und welche zu Jackson gehörten. Deshalb las man auf, was man
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