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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves
Autoren: P. G. Wodehouse
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freundlich war, »… mit Ausnahme unseres lieben Attila, der, wie ich sehe, schön warm angezogen ist. Uns steht vermutlich ein Tod durch Erfrieren bevor wie Scott in der Antarktis, und wir können zum Abschied nur unsern guten Attila bitten, unsere Leichname im dürren Laub zu verscharren. Sicherlich wird er auch zum ehrenden Gedenken an uns die Feuerglocke läuten … Was wollen Sie denn jetzt?«
    Sie verstummte und sah Jeeves mit blitzenden Augen an. Dieser hatte, während sie noch sprach, in respektvoller Weise versucht, die Rednerin auf sich aufmerksam zu machen.
    »Wenn ich mir einen Vorschlag erlauben dürfte, Madam.«
    Ich will nicht behaupten, daß ich in all den Jahren, die Jeeves nun schon bei mir ist, immer mit ihm einer Meinung war. Er besitzt gewisse Eigenheiten, die des öfteren zu einer Abkühlung unserer Beziehungen geführt haben. Zum Beispiel gehört er zu denen, die immer gleich die ganze Dings nehmen, wenn man ihnen den kleinen und so weiter. Er wendet oft brutale Mittel an, und einmal soll er von mir sogar als einer »intellektuellen quantité négligeable« gesprochen haben. Mehr als einmal hatte ich, wie schon erwähnt, die traurige Aufgabe, ihm die Nägel zu stutzen, wenn er allzu aufmüpfig wurde und versuchte, seinen Herrn und Meister wie einen leibeigenen Kulaken zu behandeln.
    Er hat also erhebliche Fehler.
    Aber eins muß ich ihm lassen. Er besitzt Faszinationskraft. Irgendwie wirkt er beruhigend und hypnotisierend. Soviel ich weiß, ist er noch nie von einem wildgewordenen Rhinozeros attackiert worden, aber sollte das einmal passieren, dann würde er dem Vieh zweifellos fest ins Auge blicken, woraufhin dieses mitten im Galopp innehalten, sich schnurrend zusammenringeln und dabei friedlich mit dem Schwanz wedeln würde.
    Auf alle Fälle gelang es ihm jetzt, Tante Dahlia – die ja viel mit einem wildgewordenen Rhinozeros gemein hatte – binnen fünf Sekunden zu beruhigen. Er stand einfach da und sah sie respektvoll an, und obwohl ich in Ermangelung einer Stoppuhr nicht die genaue Zeit nehmen konnte, schätze ich, daß es nicht länger als drei Komma acht Sekunden dauerte, bis ihr ganzes Gebaren eine bemerkenswerte Wendung zum Besseren nahm. Sie schmolz förmlich vor unseren Augen.
    »Jeeves! Haben Sie etwa eine Idee?«
    »Jawohl, Madam.«
    »Ihr Wunderhirn hat also tatsächlich in dieser Stunde höchster Not wie üblich funktioniert?«
    »Jawohl, Madam.«
    »Jeeves«, sagte Tante Dahlia mit zitternder Stimme, »es tut mir leid, daß ich heftig geworden bin. Ich war so aufgeregt. Dabei hätte ich wissen müssen, daß Sie nicht einfach ein paar Belanglosigkeiten von sich geben wollten. Erzählen Sie uns von Ihrer Idee, Jeeves. Stellen Sie sich hier zu unserm Krisenstab und lassen Sie hören, was Sie zu sagen haben. Fühlen Sie sich ganz wie einer von uns und lassen Sie uns die frohe Botschaft hören. Können Sie uns wirklich aus der Bredouille helfen?«
    »Jawohl, Madam, sofern einer der Herren bereit wäre, Fahrrad zu fahren.«
    »Fahrrad zu fahren?«
    »Im Küchengarten steht ein Schuppen, in dem sich ein Fahrrad befindet, Madam. Möglicherweise würde sich einer der Herren bereit erklären, damit nach Kingham Manor zu fahren und den Schlüssel zur Hintertür von Mr. Seppings zu holen.«
    »Famos, Jeeves!«
    »Danke, Madam.«
    »Phänomenal!«
    »Danke, Madam.«
    »Attila!« sagte Tante Dahlia mit leiser Autoritätsstimme und wandte sich um.
    Das hatte ich kommen sehen. Kaum waren diese unseligen Worte über die Lippen des Mannes gekommen, als mir schon schwante, daß man alles dransetzen würde, um mir den Schwarzen Peter zuzuschieben. Doch ich war entschlossen, Widerstand bis zum letzten zu leisten.
    Aber was soll ich Ihnen sagen! Während ich noch dabei war, eine Abwehrhaltung einzunehmen und meine ganze Beredsamkeit aufzubieten, um ihnen klarzumachen, daß ich gar nicht radfahren könne und es in der mir zur Verfügung stehenden Zeit auch nicht erlernen könnte, fuhr mir dieser Kerl doch in die Parade.
    »Jawohl, Madam, Mr. Wooster wäre für diese Aufgabe bestens geeignet. Er ist ein hervorragender Radfahrer und hat sich in meiner Gegenwart schon oft seiner Triumphe im Sattel gerühmt.«
    Das hatte ich mitnichten getan. Es ist einfach skandalös, wie einem manchmal die Worte im Munde herumgedreht werden. Ich hatte lediglich mal erwähnt – ganz beiläufig, als kleine Anekdote; während wir in New York beim Sechstagerennen waren –, daß ich mit vierzehn, als ich die
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