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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves
Autoren: P. G. Wodehouse
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Tom hat nämlich nicht nur etwas gegen Einbrecher, er hat sich auch nie mit dem Gedanken befreunden können, einmal bei lebendigem Leibe geröstet zu werden. Als er diesen Landsitz kaufte, hat er daher eine Alarmglocke angeschafft, von der man eher einen Herzklaps bekommt, als daß man sie für das schläfrige Zwitschern eines Sperlings im Efeu halten könnte.
    Als ich noch klein war und meine Schulferien in Brinkley verbrachte, hatten wir öfters mal nach Feierabend einen Probealarm, und noch heute schrecke ich aus dem friedlichen Schlummer auf, wenn ich davon träume.
    Ich gebe also zu, daß der Gedanke, wozu diese Glocke imstande war, wenn sie so richtig losschepperte, mich zögern ließ, als ich in dieser Nacht pünktlich um halb eins vor dem Schuppen stand, auf dem sie hing. Der Anblick des Glockenseils vor der weißgetünchten Wand und die Vorstellung von dem Tohuwabohu, das hier gleich ausbrechen würde, verstärkten noch das komische Gefühl in der Magengegend, von dem ich weiter oben sprach.
    Außerdem hatte ich inzwischen Zeit gehabt, mir über Jeeves’ Plan meine Gedanken zu machen, und ich sah schwärzer denn je. Anscheinend war Jeeves fest davon überzeugt, daß Gussie und Tuppy angesichts des Feuertodes nichts anderes im Kopf haben würden, als die Bassett und Angela zu retten.
    Diesen sonnigen Optimismus konnte ich einfach nicht teilen.
    Ich meine, ich weiß doch, wie einer angesichts des Feuertodes reagiert. Zum Beispiel hat mir Freddie Widgeon, bekannt als einer der größten Kavaliere des Drohnen-Clubs, einmal erzählt, wie in einem Hotel an der Küste, wo er gerade Urlaub machte, ein Feuer ausbrach, und wie er, anstatt an die Rettung irgendwelcher Damen zu denken, in genau zehn Sekunden die Feuerleiter hinuntergeschest ist und dabei nur an eins gedacht hat, nämlich an Leib und Leben von F. Widgeon.
    Was Hilfeleistungen für Angehörige des schwachen Geschlechts betrifft, so sagte er mir, er wäre bereit gewesen, sich unten hinzustellen und sie in Decken aufzufangen, aber sonst auch nichts.
    Und warum sollte es bei Augustus Fink-Nottle und Hildebrand Glossop anders sein?
    Dies alles ging mir durch den Kopf, während ich unschlüssig mit dem Glockenseil spielte, und wahrscheinlich hätte ich den ganzen Kram hingeschmissen, wenn mir nicht plötzlich vor meinem geistigen Auge ein Bild der Bassett beim Ertönen des Alarms erschienen wäre. Da sie das Ding zum erstenmal hörte, würde sie voraussichtlich vor Schreck aus den Pantoffeln kippen. Diesen Gedanken fand ich so erbaulich, daß ich nicht länger zögerte, sondern das Seil packte, tief Luft holte und mich dann ins Zeug legte.
    Nun, ich hatte, wie gesagt, nicht damit gerechnet, daß dabei ein sachtes Abendläuten herauskommen würde, und das war auch in der Tat nicht der Fall. Als ich die Glocke das letztemal hörte, war ich in meinem Zimmer auf der andern Seite des Hauses, und trotzdem war ich davon aus dem Bett gefallen, als wäre etwas direkt unter mir explodiert. Diesmal stand ich aber dicht bei dem Ding, so daß ich das Getöse voll ins Ohr bekam. So was von Radau habe ich in meinem Leben noch nicht erlebt!
    Im allgemeinen habe ich ein bißchen Krach sogar ganz gern. Ich weiß noch, wie Catsmeat Potter-Pirbright mal eines Abends eine Polizeisirene in den Drohnen-Club mitbrachte und sie genau hinter meinem Sessel aufjaulen ließ. Ich habe mich damals behaglich zurückgelehnt und die Augen geschlossen wie jemand in einer Opernloge. Und genauso war es, als der Sohn meiner Tante Agatha, der liebe kleine Thomas, ein Streichholz an ein Bündel Feuerwerkskörper hielt, um zu sehen, was passieren würde.
    Aber die Feuerglocke von Brinkley Court war zuviel für mich. Ich zog fünf-, sechsmal daran, dann hatte ich genug davon und schlenderte um das Haus herum zum vorderen Rasenplatz, um mich von der erzielten Wirkung zu überzeugen.
    Die Bewohner von Brinkley Court gaben ihr Bestes. Man sah auf den ersten Blick, daß alle mitspielten. Das suchende Auge bemerkte bald hier einen Onkel Tom im roten Morgenmantel, bald dort eine Tante Dahlia im vertrauten blau-gelb Gemusterten. Ebenso bemerkte es Anatole, Tuppy, Gussie, Angela, die Bassett und Jeeves, und zwar in dieser Reihenfolge. Sie waren alle vollzählig zur Stelle.
    Was ich jedoch nicht bemerkte – und das gab mir Anlaß zur Besorgnis –, waren irgendwelche Anzeichen für etwaige Rettungsaktionen. Ich hatte natürlich gehofft, in der einen Ecke Tuppy zu sehen, der sich besorgt über Angela beugte,
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