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Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Titel: Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)
Autoren: Cordula Stratmann
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Ich selbst habe mir das abgewöhnt, weil ich ja doch mittlerweile überwiegend in Haushalten wohne, aber als ich noch viel unter den Häusern lebte, war das eine Form der Verständigung mit anderen Mäusen. Ratten verhalten sich so nicht. Die sind insgesamt etwas reinlicher als wir Mäuse, so ungern ich das sage.«
    Ulla Jansens Augen hatten sich geweitet: »Ja, aber was heißt das denn dann? Du sagst uns gerade, Leute, ihr habt ’ne Maus im Keller – und weiter? Sollen wir die jetzt freundlichst zu uns nach oben einladen und du zeigst der, wie man aufs Klo geht, oder was? Iiiih, das ist alles so ekelhaft!«
    »Da wird ’ne Mausefalle aufgestellt und fertig!« Andreas Jansen war für schnelle Lösungen. »Ben, was meinst du?«
    »’Ne Mausefalle! Und das ist dann nicht so ’n Metallding, sondern das ist dann die Britta, die lauert da tagelang so ’ner Asi-Maus auf und dann tschak-tschong-bong auf die Zwölf und die Maus dann urrrggh – hinüber! Geil!«
    »Nicht geil, Ben, weil es so nicht sein wird!«
    »Ja, ja, Britta, war ja nur ’ne Idee!«
    »Jetzt hör mal auf mit dem Quatsch, Ben, wir brauchen jetzt eine echte Lösung!«
    Im Verhältnis Eltern-Kind gab es bei den Jansens also doch ab und zu mal die richtige Verteilung. Bisher hatte meine Beobachtung gemeldet, dass die Ansagen stets von Ben in Richtung seiner Eltern gingen. Für diese Erkenntnis zumindest war das Gespräch schon mal gut gewesen: Die Richtung existierte auch vice versa. Wenn es um so bedeutende Fragen ging wie den Verbleib eines einzelnen Flipflops, zum Beispiel.
    »Die Lösung kann ja dann nur so aussehen, dass einer von uns ’ne Mausefalle kauft, die unten aufstellt und schlapp latscht die Maus da rein.«
    »Okay. Wer macht’s?«
    Und plötzlich entstand eine ganz seltsame Atmosphäre. Nachdem die Familienmitglieder zunächst vor sich hin geschaut hatten, gab es eine Bewegung im Raum, die wie folgt aussah: Ben, der rechts von mir saß, drehte den Kopf und sah mich an. Andreas, der eher links saß, drehte ebenfalls den Kopf – und sah mich an. Und geradeaus wurde ich voll von Ullas Blick getroffen.
    »Äh, ich ... ähm, ...« Das konnte ich jetzt nicht fassen! Die glaubten nicht ernsthaft, dass ich eine Mausefalle besorgte!
    »Ist das ein ernst gemeinter Antrag Ihrerseits an mich, einer Maus mit Leib und Seele, für eine andere Maus eine Mausefalle zu erwerben?!«
    »Britta. Du kannst doch in einem Fachgeschäft ganz andere Fragen stellen, du kannst doch die viel bessere Mausefalle kaufen, wir würden da drangehen, wie Menschen das eben machen, aber du , das ist doch was ganz anderes!«
    »Eben.«
    Schweigen.
    »Klar ist der Gedanke jetzt total komisch für dich, aber überleg doch mal, du bist eine Maus, du weißt, wie so eine Maus lieber sterben würde, also, was für eine Falle vielleicht nicht ganz so brutal ist und so.«
    »Du kaufst die Falle, und fertig ist die Laube.« Mithilfe einer knappen Ansage hatte Ben den Fall für alle erledigt. Und die vertrauten Verhältnisse wiederhergestellt.

      
    In den Warenkorb legen, stand da.
    Zur Kasse gehen.
    Mir war ganz erbärmlich zumute.
    Meine Wahl war auf eine Lebend-Falle gefallen – noch nicht einmal gut formulieren konnte man so eine schweinische Tat! – und ich hoffte, dass das Versprechen einer sanften Maßnahme nicht nur ein Lippenbekenntnis sein würde.
    Das würde meine letzte Handlung in dieser Familie sein.
    Ich musste hier weg. Die Narben dieser Nötigung würden so leicht nicht verheilen. Mich zum Kauf einer Mausefalle zu zwingen, das war der Dolchstoß meines Aufenthaltes in der Familie Jansen. Die Eltern zwangen ihren Sohn, seit er Piep sagen konnte, in seine verdrehte Verantwortung, und der kriegte natürlich Allmachtsphantasien und wurde übergriffig – eben auch mir gegenüber, was erwartete man denn auch anderes!
    Die Diskussion, dass ich den Kauf per Internet und nicht persönlich im Fachgeschäft tätigen wollte, hatte ich nämlich ebenfalls mit dem Sohn des Hauses führen müssen; von den Erwachsenen war, wie sonst ja auch, niemand mehr ansprechbar gewesen. Man musste sich viel eher wundern, dass sie überhaupt bei dem einleitenden Gespräch zugegen gewesen waren.
    Wie gut, dass Ben die Dienstagsgruppe hatte! Von solchen übergriffigen Klugscheißer-Kindern, die stets überall die Verantwortung an sich rissen, ahnte doch kaum jemand, dass sie damit aus ihrer Not eine Tugend gemacht hatten, die meisten drehten sich doch mit einem genervten Puuh! weg,
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