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Damon Knights Collection 10

Damon Knights Collection 10

Titel: Damon Knights Collection 10
Autoren: Damon Knight
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Hewlitt vom Meteorologischen Amt und mit Dr. Wycliffe, dem Wettersatelliten-Experten der NASA. Sonst noch etwas?“
    „Im Moment nicht, Sandy. Halten Sie mich auf dem laufenden, ja?“
    „Natürlich.“
    Er wandte sich dem Monitor auf seinem Schreibtisch zu und schaltete ihn ein. Während der nächsten halben Stunde machte er Notizen, überarbeitete die Interviews und brachte seinen viertelstündigen Beitrag für den Sonderbericht, der an diesem Abend um zehn gesendet werden sollte, aufs Papier. Gegen sieben wollte Boyle sehen, was er bereits fertig hatte.
    Es war eine Vier-Mann-Beratung. Martie, der sich um den naturwissenschaftlichen Teil kümmerte, Dennis Kolchak, der politische Experte, David Wedekind, der Art-Director. Hilary Boyle ging auf und ab, während sie den einstündigen Sonderbericht über die ungewöhnlichen Witterungsverhältnisse, die in diesem Winter auf der ganzen Erde herrschten, besprachen. Boyle war ein Hüne von einem Mann, gut einsneunzig groß, mit einer mächtigen Statur, der trotz seiner dreihundert Pfund nicht dick wirkte. Er war Kettenraucher und neigte zu Nervenzusammenbrüchen. Er wählte für diese Zusammenbrüche einen bewundernswerten Zeitplan: er versäumte nie einen Auftritt. Seine tägliche halbe Stunde „Meinungen und Berichte“ war in diesem, wie auch in den vergangenen drei Jahren die populärste Sendung. Der Ballon würde irgendwann platzen und der Name Hilary Boyle seinen göttlichen Nimbus verlieren, aber im Moment sah es nicht danach aus, und niemand konnte den Faktor X erklären, der diesem talentlosen Mann den Aufstieg ins Firmament der Stars ermöglicht hatte.
    Die Manuskriptleute hatten die sechs Abschnitte der Sendung bereits skizziert, zwei von anderen Studios – Washington und Los Angeles – plus die Werbezeit, plus die Helikopteraufnahmen, die man, wenn möglich, live übertragen wollte.
    „Sieht gut aus“, sagte Hilary Boyle. „In einer halben Stunde hat Eddy den ersten Film fertig …“
    Martie hörte nicht zu. Er beobachtete Boyle und überlegte, ob er über eines der Worte stolpern würde, die er in seinem Abschnitt benutzt hatte. Boyle machte ihn immer persönlich dafür verantwortlich, wenn er einen Ausdruck nicht kannte. „Sehen Sie, Martie, ich bin ein einigermaßen intelligenter Mensch, und wenn ich das Wort nicht kenne, dann müssen Sie damit rech nen, daß die meisten Zuschauer es ebenfalls nicht kennen. Kapiert? Halten Sie den Text einfach, ohne jedoch auf Fakten zu verzichten. Das ist Ihr Job, Junge. Und nun schreiben Sie das mal in allgemeinverständlicher Sprache!“
    Marties Blick wanderte zur Fensterfront. Der Raum befand sich im dreiundsechzigsten Stock; man sah nur wenige Lichter hier oben und nur diejenigen, die ganz nahe waren. Der Sturm hatte die Sichtweite auf zweihundert Meter verringert. Die Lichter, die sich zeigten, waren geisterhaft, verschwommen und von einem Hof umgeben, gedämpft zu einem zarten Perlmuttschimmer. Er dachte, daß Boyle einmal versuchen wollte, so etwas in Worte zu kleiden, und verbiß sich ein Grinsen. Boyle konnte es nicht ausstehen, wenn jemand in sei ner Gegenwart grinste, außer er selbst machte eine witzige Bemerkung.
    Sein Teil des Sonderberichts war um acht für die Bandaufnahme fertig, und er ging in die Cafeteria im vierzehnten Stock, um eine Kleinigkeit zu essen. Er hätte gern mit Julia gesprochen, aber das Telefonnetz Ohio–Washington–Maine gehörte an diesem Abend zum Katastrophengebiet.
    Er schloß die Augen und sah sie vor sich, wie sie am Kamin im Wohnzimmer kauerte, umgeben von war mem, weichem Licht. Das helle Haar verbarg ihr blasses Gesicht, und sie hatte die Hände fest über die Ohren gepreßt. Sie stand auf, ging zur Treppe, sah hinauf und rannte wieder zurück ans Feuer. Das Haus dröhnte vor Musik und Wind. Das Bild war so lebhaft, daß er die Augen weit aufriß und den Kopf schüttelte, zu heftig, denn oberhalb des Nackens machte sich ein leichter Schmerz bemerkbar. Er trank hastig seinen Kaffee und bestellte eine zweite Tasse, und als er wieder Platz nahm, mußte er beinahe lächeln. Manchmal war er überzeugt, daß sie recht hatte, wenn sie sagte, es sei eine so besondere Beziehung zwischen ihnen, daß sie nie richtig voneinander getrennt waren. Manchmal wußte er, daß sie recht hatte.
    Er aß sein Sandwich fertig, trank den Kaffee aus und schlenderte zurück in sein Büro. Nichts hatte sich geändert, die Sache sollte in zwanzig Minuten auf Band genommen werden. Sein Abschnitt
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