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Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Titel: Damit Dein Leben Freiheit Atmet
Autoren: Anselm Gruen
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ansehen, wie es in seinem Herzen aussieht. Es gibt strahlende und gütige Augen, einfache Augen, die Vertrauen ausstrahlen. Aber es gibt auch das böse Auge, das unreine Auge.
    In ihm sieht man, daß es im Herzen dieses Menschen sehr finster ist, daß es voll von Bosheit, Aggression und Gier ist.
    Meine Schwester erzählte mir von einem Mann: »Der sieht einen an, als ob er einen ausziehen wollte.« Sein Auge war voller Gier. Auch wenn so ein Mensch nach außen hin nichts tut, so geht das Unreine doch durch sein Auge in die Welt hinaus und verschmutzt die Menschen.
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    Es ist nicht nur die Bosheit, die dem Auge die Einfachheit zu nehmen vermag. Es gibt auch das unruhige Auge, das flackernde Auge, das auf eine innere Unruhe und Unzufriedenheit hinweist.
    Oder es gibt das fahrige Auge. Wenn jemand in sich zerrissen ist zwischen den verschiedenen Rollen, die er spielt, wenn einer nicht weiß, was er will, dann drückt sich das in einem unklaren Auge aus. Oder wenn jemand überfordert ist, sieht man es ihm am Auge an. Wir können nicht einfach unsere Augen verändern.
    Aber das Auge ist ein wichtiger Indikator, der uns anzeigt, wie es in unserer Seele aussieht. Und es liegt in unserer Verantwortung, wie das Innere unserer Seele beschaffen ist.
    Daher fordert uns Jesus auf: »Achte also darauf, daß in dir statt Licht nicht Finsternis ist.« (Lk 11,35) Im Menschen ist das göttliche Licht des Heiligen Geistes. Wir sollen das Licht des Heiligen Geistes immer mehr in uns eindringen lassen, daß es nicht nur unser Herz erleuchtet, sondern durch unser Auge auch zu einem Licht wird für unsere Umgebung.
    Die Vorstellung des inneren Lichtes war für die griechische Mystik wichtig. Das Ziel des spirituellen Weges ist es, das innere Licht zu schauen. In jedem von uns leuchtet das Licht Gottes. Aber oft genug verstellen wir dieses Licht mit unserer Bosheit oder mit unserer Unbewußtheit. Dann wird das Licht in uns Finsternis. Wir sehen es nicht mehr. Es ist getrübt durch die vielen Leidenschaften und Emotionen, die sich in uns eingenistet haben. Der spirituelle Weg ist ein Reinigungsweg.
    Ein Kriterium, ob unsere Seele durch die Begegnung mit Gott gereinigt worden ist, ist das einfache Auge, die innere Aufrichtigkeit und Klarheit.

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    Für den Liebenden ist alles rein

    Lukas überliefert uns die Worte Jesu über rein und unrein auf seine eigene Weise. Darin wird seine Interpretation sichtbar, die die Worte Jesu in die Denkweise seiner griechischen Leser übersetzt. Jesus wirft den Pharisäern vor, daß sie zwar die Becher und Teller von außen sauber halten: »Innen aber seid ihr voll Raubgier und Bosheit. Ihr Unverständigen! Hat nicht der, der das Äußere schuf, auch das Innere geschaffen? Gebt lieber, was in den Schüsseln ist, den Armen, dann ist für euch alles rein.« (Lk 11,39-41) Jesus sieht nach dem Lukasevangelium den ganzen Menschen. Gott hat das Innere und das Äußere geschaffen. Rein ist nur der, bei dem auch das Innere lauter ist.
    Das Innere macht - so sieht es die griechische Philosophie, der Lukas sich verpflichtet weiß - das Eigentliche des Menschen aus. Wenn das Innere nicht rein ist, nützen alle äußeren Reinigungsriten nichts. Rein wird der Mensch durch die Liebe.
    Die Liebe zeigt sich für Lukas vor allem darin, die eigenen Güter an die Armen zu verteilen. Wer also das, was er hat, den Armen gibt, für den wird alles rein. Wer die Armen liebt und ihnen seine Liebe auch durch sein Tun erweist, für den werden die Menschen rein und für den wird auch das eigene Herz rein.
    Das Tun der Liebe reinigt das Herz.
    Man könnte das griechische Wort »enonta« (»das, was innen ist«) auch als Bild für das Innere des Menschen sehen. Dann müßte man das Wort Jesu so übersetzen: »Gebt das, was innen ist, als Almosen.« (Lk 11,41) Die Liebe würde darin bestehen, sein Herz hinzugeben, nicht nur den Menschen, sondern letztlich Gott. Rein wird der Mensch dann, wenn er sich im Innersten Gott überläßt, wenn er sein Herz Gott übergibt. Für den, der so zu lieben versteht, ist alles rein. Er wird auch durch seine Fehler und Schwächen nicht mehr unrein. Den können auch die
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    Emotionen von außen nicht verunreinigen. Ein Herz, das liebt, sieht in allem das Gute, das Unverfälschte, das Reine, das Gott in alle Dinge und in jeden Menschen hineingelegt hat. Es ist eine radikale Aussage, die Jesus hier im Lukasevangelium macht. Da geht es nicht mehr um Reinigungsrituale, sondern um die Liebe als die
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