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Damenschneider

Damenschneider

Titel: Damenschneider
Autoren: Rupert Schöttle
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ist ein wahrhaft starkes Argument«, sagte Vogel zustimmend, »aber du weißt ja selbst, zu welcher Raffinesse die verehrten Vertreterinnen des so genannten schwachen Geschlechts fähig sind. Da bleibt eigentlich nur die Schaub übrig …«
    »Die kann ich mir offen gestanden vorstellen … Wie sie mit vor Wut verzerrtem Gesicht dem Bilovic das Endoskop in den After rammt …«
    »Das hat sich der Bilovic wahrscheinlich auch vorstellen können und es ihr deshalb wohl auch nicht erlaubt … Aber hören wir auf jetzt mit diesen Geschichten, sonst vergeht mir noch mein reichlich vorhandener Appetit, und das wär’ doch schad’ um das schöne Gulasch!«
    Sprach’s und legte seine Pfeife beiseite, da Karin mit zwei gut gefüllten Tellern an den Tisch trat.
    Die Gespräche des restlichen Abends drehten sich in erster Linie um die Angelegenheiten, die den Kriminalisten wirklich bedeutsam waren.
     
    Obwohl sich die beiden prächtig unterhielten, brach Vogel entgegen seiner früheren Angewohnheit des Hundes wegen bereits gegen 23 Uhr auf.
    Walz befand sich gerade auf dem Heimweg, als sein Mobiltelefon läutete.
    Es war Clara, die sich meldete, und ihn trotz der späten Uhrzeit bat, kurz bei ihr vorbeizuschauen, da es sich um etwas »sehr Wichtiges« handle, was sie mit ihm unmöglich am Telefon besprechen könne.
    Tatsächlich verspürte Walz nach diesem dicht gedrängten Tag eigentlich keine allzu große Lust, um diese Tageszeit noch schwerwiegende Probleme zu wälzen. Doch die Aussicht auf eine erste gemeinsame Nacht mit seiner neuen Freundin rückten diese Bedenken sogleich in den Hintergrund.
    Nachdem er sich noch schnell in seiner Wohnung frisch gemacht und umgezogen hatte, hielt er auf der Straße ein Taxi an, das ihn wohlbehalten in den nahe gelegenen fünften Bezirk brachte.
    Er war nicht wenig überrascht, als ihm eine sichtlich schockierte Clara an der Türe mitteilte, dass sie nicht alleine sei und ihn wegen eben dieser Person zu sich gebeten habe, die ihm etwas mitzuteilen hätte.
    Nach dieser Ankündigung erstaunte es ihn nicht weiter, als ihn im Salon Elisabeth Marthaler erwartete.
    »Es war meine Idee, dich hierher zu bitten«, erklärte Clara. »Ich habe Elisabeth gesagt, dass es wohl besser sei, wenn sie ihre ganze Geschichte dir persönlich erzählt.«
    Walz wollte den ihm von Clara offerierten Rotwein eigentlich ablehnen, doch sie füllte ihm ungeachtet dessen ein Glas, mit dem Hinweis, dass er ihn nach der Erzählung sicherlich nötig haben werde.
    »Also«, hob Elisabeth mit gesenktem Blick zu erzählen an. »Ich habe beschlossen, dass es so in meinem Leben nicht weitergehen kann mit den ständigen Lügen, Verhören und Verdächtigungen. Ich bin für eine solche Situation einfach nicht geschaffen, ich kann kaum noch schlafen, und wenn, dann träume ich schlecht. Dabei brauche ich meine Kräfte eigentlich für ganz andere Dinge. Und daher will ich dir jetzt meine ganze Geschichte erzählen. Von Anfang an und ohne etwas zu beschönigen.«
    Nach einem tiefen Schluck Wasser fuhr sie fort:
    »Wie du ja weißt, habe ich Irmgard Rost vor etwa vier Monaten kennen gelernt. Wir verstanden uns sofort sehr gut, und so wurde sie rasch zu einer mütterlichen Freundin, die mir schon bald von Florian in einer Weise erzählte, die mich sehr neugierig machte. Sie vermittelte mir schon damals das Gefühl, dass sie es sehr gerne gesehen hätte, wenn wir ein Paar geworden wären. Als ich ihn dann kennen lernte, mochte ich ihn anfangs überhaupt nicht. Für mich war er nicht mehr als ein aufgeblasener und selbstverliebter Geck. Das änderte sich aber, als wir uns häufiger trafen. Hinter der Maske dieses lauten und auftrumpfenden Angebers fand ich bald einen äußerst empfindsamen und liebevollen Menschen, der seine ganze Unsicherheit nur zu kaschieren sucht. Was man ja auch in dem Moment spürt, wenn er zu singen beginnt. Um es kurz zu machen: Wir verliebten uns ineinander. Seltsam war dabei, dass er darauf bestand, dies vorerst geheim zu halten, sowohl vor seiner Mutter, wie auch vor unseren Freunden. Nach einiger Zeit fiel mir nur auf, dass er sich mir immer dann entzog, wenn ich seine körperliche Nähe suchte. Nachdem ich ihn mehrmals darauf angesprochen hatte, und ihm versprach, für alles Verständnis zu haben, gestand er mir unter Tränen, dass seine hohe Stimme nicht die eines Countertenors sei, sondern die eines … Kastraten«, hier brach Elisabeth ab und warf Clara einen verzweifelten Blick zu, die schon die
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