Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin
Autoren: Eine englische Liebe
Vom Netzwerk:
Sie
verglich ihre Perlen mit der in ihrer Hand.
    «Identisch.» Sie wandte sich um und
sah Bertha an.
    Bertha erhob sich. Aus Coras
Gesichtsausdruck konnte sie nicht schließen, ob sie ihr die Schuld an dem geben
würde, was sie gesagt hatte. Indem sie es ausgesprochen hatte, hatte sie die
unsichtbare Wand aus Achtung und Rücksicht durchbrochen, die sich
zwischen ihnen befand. Doch dann dachte sie an all die Dinge, die sie ihrer Mutter
nie gesagt hatte, und sie beschloss, dass sie jetzt nicht aufhören konnte. Sie
handelte gegen Jims Rat, sogar gegen ihr eigenes Interesse, weil sie Miss Cora
etwas sagen wollte, das diese sich vielleicht entschließen würde zu überhören.
Dann erinnerte sie sich daran, wie selbstsicher und fröhlich Cora einst gewesen
war und wie gedämpft sie jetzt wirkte. Sie war nur ihre Zofe, aber sie machte
sich etwas aus Cora. Sie würde nicht einfach nur danebenstehen.
    «Da ist noch etwas», sagte sie.
«Direkt vor Ihrer Hochzeit kam ein Brief von Mr. Van Der Leyden für Sie. Ihre
Mutter wollte nicht, dass Sie ihn lesen, weil er Sie hätte aufregen können,
deshalb habe ich den Brief behalten. Ich habe ihn nicht gelesen, und ich habe
ihn nicht der Madam gegeben.»
    Cora rollte
die Perle zwischen ihren Fingern. «Warum hast du mir
das nicht eher gesagt?» Sie hielt die Perle hoch. Bertha zögerte. «Es war nicht
an mir, Miss Cora. Solange Sie
glücklich waren – was hätte es Gutes bringen sollen?»
    «Und warum sagst du es
mir dann jetzt?»
    «Weil Sie jetzt die Wahrheit wissen
sollten, Miss Cora.» Die Perlen klackerten auf dem Holz, als Cora sie auf den
Tisch legte.
    «Ja, das sollte ich wohl.» Sie
schloss für einen Moment die Augen und öffnete sie dann weit, straffte die
Schultern, als erwache sie aus einem langen Schlaf. Sie betrachtete sich im
Wandspiegel und zog eine Grimasse. «Du musst mir die Haare wieder hochstecken.»
Sie setzte sich an den Frisiertisch und gab Bertha die Bürste. Ihr Blick traf
im Spiegel den ihrer Zofe. «Und dann finde doch bitte heraus, ob Lady Beauchamp schon schlafen gegangen
ist. Es wird Zeit, dass ich ihr einen Besuch abstatte.»
    Bertha nickte und bürstete das
kastanienbraune Haar, das mit jedem Bürstenstrich knisternd zum Leben erwachte.
Als es wie eine Flammenkrone loderte, bedeckte Cora Berthas Hand mit der ihren.
    «Danke»,
sagte sie.

KAPITEL 29

    Ungelöschte
Flammen
    Das Zimmer von Charlotte Beauchamp lag
im mittelalterlichen
Teil des Hauses in einem der Türme über der langen Galerie. Cora hatte sie
nicht dort unterbringen wollen, da dieser Teil des Hauses noch nicht modernisiert
worden war, aber als sie mit Bugler darüber gesprochen hatte, welche der Gäste
wo schlafen würden, hatte der Butler gesagt, Lady Beauchamp bevorzuge das
Turmzimmer. Und als Charlotte die Einladung zur Taufe angenommen hatte, schrieb
sie: «Bitte, kann ich wieder mein altes Turmzimmer bekommen, Cora? Als ich in
Lulworth gelebt habe, war das mein Zimmer, und es erinnert mich immer an diese
glücklichen Tage.» Damals hatte Cora sich nicht viel dabei gedacht, es hatte
sie nur überrascht, dass jemand freiwillig im kältesten Teil des Hauses
schlafen wollte, aber als sie jetzt die ausgetretenen Steinstufen zum Turm
hochstieg, wurde ihr klar, dass Charlotte ihr Territorium absteckte. Außerdem
zog die Wahl dieses isoliert gelegenen Raumes nach sich, dass Sir Odo in
einiger Entfernung untergebracht wurde.
    Cora rollte die schwarze Perle, die
Bertha ihr gegeben hatte, zwischen ihren Fingern. Sie wünschte, sie könnte sie
zu Staub zermahlen, aber die Wut, die sie auslöste, war ihr willkommen. Bei dem
Gedanken, dass Ivo ihr und Charlotte genau die gleiche Kette geschenkt hatte,
stampfte sie laut auf den Steinfußboden. Sie hatte sich an diese Kette
geklammert wie an einen Glücksbringer – wie hatte sie die Erinnerung an den
Nachmittag in Venedig in den langen Monaten ihres Exils in Lulworth gehegt! In
dieser Zeit hatte die Kette ihr wieder und wieder versichert, dass sie
verheiratet war. Aber jetzt, auf ihrem Weg durch den steinernen Flur, hatte sie
diesen Trost nicht mehr. Nichts gehörte nur ihr. Er mochte sie auf seine Weise
geliebt haben, aber daran war nichts Besonderes; er hatte ihr eine gewisse Ration
seiner Liebe zugeteilt, nicht mehr, nicht weniger. Er hatte sie nicht genug
geliebt, um eine andere Gegenwart zu erschaffen.
    Sie blieb vor Charlottes Tür stehen.
Daneben hing ein Messingschild, und die Karte darin trug ihre eigene schönste
Handschrift. Cora
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher