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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON
Autoren: Daniel Suarez
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verfolgt. Jetzt sind sie verwundbarer denn je.» Sobol grinste bar jeder Heiterkeit. «Sie waren mein Trojaner, Sergeant.»
    Sebecks Fingernägel bohrten sich fast durchs Leder des Sessels. «Scheißkerl! Du hast mein Leben zerstört!»
    Sobols Geist flackerte kaum wahrnehmbar. «Die Analyse Ihres Stimmmusters ist aufschlussreich. Die Prosodie sagt mir, dass Sie erregt sind. Sparen Sie sich den Zorn, Detective. Er ändert doch nichts mehr.»
    Sebeck knirschte mit den Zähnen.
    «Wer wird um Sie trauern, Sergeant? Niemand. Das verbindet uns beide. Wir haben uns für das Gemeinwohl geopfert. Um Ihnen meine Dankbarkeit zu bekunden, habe ich mich in Ihrer Abwesenheit um Ihre Familie gekümmert – als es sonst niemand tun wollte. Ihre Familie ahnt nicht, dass ich ihr Wohltäter bin.»
    Sebeck beugte sich vor, und neue Wut stieg in ihm auf. «Was haben Sie getan?»
    Sobol sagte: «Es wird ihnen weiterhin gutgehen – aber nur, solange ich auf Sie zählen kann, Detective.»
    «Du mieses Arschloch!» Sebeck fegte eine Minivitrine von Sobols Schreibtisch. Sie zerschellte an der Wand hinter Sobol. «Lass meine Familie da raus!»
    Sobols Geist flackerte erneut. «Da ist dieses Muster wieder. Sie sind erregt. Ich werde mich in dieser Angelegenheit nach Ihrer Entscheidung richten. Antworten Sie ‹ja› oder ‹nein›: Soll der Daemon Ihrer Familie die Unterstützung entziehen?»
    Sebeck war jäh der Wind aus den Segeln genommen. Er holte Luft und merkte, dass er keine Ahnung hatte, was er antworten sollte. Wenn überhaupt –
    «Antworten Sie mit ‹ja› oder ‹nein› – sonst fälle ich eine Zufallsentscheidung für Sie.»
    «Hol dich der Teufel!»
    «ANTWORTEN Sie. Möchten Sie, dass der Daemon Ihrer Familie die finanzielle Unterstützung entzieht?»
    Sebeck schüttelte den Kopf und machte die Augen zu. «Nein.»
    «Danke. Der Daemon wird weiter für sie sorgen. Und jetzt setzen Sie sich bitte wieder hin.»
    «Ich hoffe, du schmorst in der Hölle.» Sebeck setzte sich.
    «Wir wissen doch beide, dass Sie nicht an die Hölle glauben.»
    Sebeck starrte das Phantom verblüfft an.
    «Ja, ich habe ziemlich ausführlich über Sie recherchiert, Sergeant. Aber glauben Sie nicht, dass mir irgendetwas an Ihnen liegt. Ob Sie leben oder sterben, ist mir egal. Mir geht es nur um das Ziel des Daemon. Das ist ein höheres Gut, als Sie verstehen können – als Sie vielleicht jemals verstehen werden. Da Sie clever genug waren, lebend davonzukommen, können Sie mir vielleicht noch von Nutzen sein. Wenn der Daemon siegt, werden viele Millionen Menschen sterben. Wenn er unterliegt, werden Milliarden sterben, und wir werden in eine vormoderne Agrargesellschaft zurückfallen. Jetzt wissen Sie, was auf dem Spiel steht, Sergeant.»
    Sebeck fuhr fast aus der Haut. Tonlos flüsterte er: «Du Monster   …»
    «Sie wollen den Daemon vernichten – aber Sie haben nichts an seine Stelle zu setzen. Wie wollen Sie die Zukunft bewältigen, wenn Sie noch nicht mal die Gegenwart im Griff haben? Ich will Ihnen sagen, was der Daemon ist: Der Daemon ist ein unbarmherziges System zur Errichtung einer dezentralisierten Zivilisation. Einer Zivilisation, die sich beständig regeneriert. Einer Zivilisation ohne zentrale Macht. Ihreeinzige Option ist es, darüber zu bestimmen, welche Form diese Zivilisation annimmt. Denn das hängt vom Verhalten von Menschen wie Ihnen ab.»
    Sobol stand auf und begann, hinter dem Schreibtisch auf und ab zu gehen. Jetzt erst bemerkte Sebeck, dass auch der Schreibtischstuhl ein Phantom war – eine Projektion wie Sobol selbst.
    «Da sind diejenigen, die sich dem notwendigen Wandel widersetzen. Selbst jetzt denken sie nur an ihre Investments. Mit diesen Leuten stehe ich im Krieg. Einem Krieg, von dem Sie nie etwas in den Abendnachrichten sehen werden. Und in meinen Augen wird der Ausgang dieses Krieges darüber entscheiden, ob die Zivilisation zu voller Blüte gelangt – oder in ein tausendjähriges finsteres Mittelalter zurückfällt. Vielleicht sogar verbunden mit dem Sturz des Menschen als der dominierenden Spezies dieses Planeten.»
    Sobol fuhr sich mit der Hand über die Schädelnarbe. «Meine Feinde werden sich bald zeigen. Sosehr Sie mich auch verabscheuen, Sergeant –
das
sind Ihre wahren Feinde. Ich bin nur eine unausweichliche Folge des menschlichen Fortschritts. Ein Ding, das weder fühlt noch denkt.»
    Sebeck saß ein paar Sekunden sprachlos da.
    Sobols Geist lehnte sich auf Sebecks Seite an die Schreibtischkante.
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