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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON
Autoren: Daniel Suarez
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«Ich habe den Verdacht, dass Demokratie in einer technologisch fortgeschrittenen Gesellschaft nicht praktikabel ist. Freie Menschen haben zu viel zerstörerische Macht. Aber ich werde Ihnen die Chance geben, das zu verifizieren oder zu widerlegen. Wenn Sie nicht beweisen können, dass die Demokratie auch in Zukunft für die Menschheit ein gangbarer Weg ist, dann werden die Menschen der Gesellschaft dienen – nicht umgekehrt. Aber eine Umwälzung kommt in jedem Fall. Ich sehe es, so deutlich, wie ich Sie da sitzen sehe.»
    Sebeck ging auf, dass Sobol tatsächlich diesen Moment vorausgesehen hatte – denn hier saß er ja.
    «Nehmen Sie die Aufgabe an, eine Rechtfertigung für die Freiheit der Menschen zu finden, Sergeant? ‹Ja› oder ‹nein›?»
    Sebeck starrte auf den Fußboden. Er vermisste seine Familie. Er war es leid, allein zu sein. War es leid, den Hass der ganzen Welt durch die Wände eines jeden Raums sickern zu fühlen, in dem er sich befand. Warum widerfuhr ihm das alles? Warum gerade ihm?
    «Nehmen Sie diese Aufgabe an, Sergeant? ‹Ja› oder ‹nein›?»
    Mistkerl.
    «Ich frage nur noch dieses eine Mal: Nehmen Sie   –»
    «Ja.»
    Sobols Phantom flackerte kurz und nickte dann. «Gut, Sergeant. Ich bin froh, dass Sie Ihren Hass auf mich überwinden konnten.»
    Sobol stand auf und ging auf die Wand zu. Um die Illusion perfekt zu machen, knarrte jeder seiner Schritte auf dem Holzboden. Er drehte sich zu Sebeck um. «Gehen Sie ein Stück mit mir.»
    Auf einen Wink der Phantomhand öffnete sich ein reales Stück Wand. Hinter der Öffnung lag ein schmaler Gang mit Holzvertäfelung und Samttapete.
    Sebeck erhob sich widerstrebend, blickte zu der geschlossenen Tür zurück, durch die er gekommen war, und sah dann wieder Sobols Phantom nach, das den Gang entlangging.
    Sobol drehte sich nach ihm um. «Bitte, Sergeant.»
    Widerwillig folgte Sebeck der Erscheinung, die jetzt eine weitere Tür am Ende des Gangs öffnete. Helles Sonnenlicht und ein sanfter, frischer Windhauch drangen herein. Mit dem Wind kam Blätterrascheln.
    Sebeck blieb stehen. Er war schon so viele Monate nichtmehr im Freien gewesen. Seine Nasenflügel weiteten sich, und er sog den Duft ein.
    Sobols Phantom winkte ihm.
    Sebeck ging ein paar Stufen hinunter und in die Sonne hinaus. Er beschleunigte seinen Schritt, um zu Sobol aufzuschließen, der jetzt ein grünes Rasenstück im Schatten einer uralten kalifornischen Eiche überquerte. Sie befanden sich im Garten einer stattlichen viktorianischen Villa. Der Garten war von einem niedrigen Mäuerchen umfriedet.
    Sebeck drehte sich um seine eigene Achse, trank die Sonne und die Szenerie in sich hinein. Um ihn herum erstreckte sich das Lompoc Valley. Sanfte grüne Hügel, gesprenkelt mit Eichen, am Horizont blaue Berge. Gatterzäune, die den wogenden Konturen der Landschaft folgten. Windbewegtes Gras. Die Schönheit des Ganzen rührte Sebeck fast zu Tränen.
    Er lebte.
    Sobol war neben der mächtigen Eiche stehengeblieben und blickte zu Boden.
    Sebeck ging zu ihm, und als er die Eiche erreichte, sah er dort im Gras, nah an der Gartenmauer, einen kleinen Grabstein. Er las die schlichte Inschrift:
    Matthew Sobol – 1969
    Die Inschrift war zentriert – kein Platz für ein Sterbedatum.
    Sobols Geist blickte auf das Tal hinaus. «Diesen Ort habe ich geliebt.» Er wandte sich Sebeck zu. «Kennen Sie die Schicksalsgöttinnen, Sergeant? In der griechischen Mythologie spannen sie den Lebensfaden der Menschen, teilten ihn zu und schnitten ihn nach ihrem Gutdünken ab. Wie die Schicksalsgöttinnen habe ich Ihren Lebensfaden gekappt   …»
    Sobol blickte zum Horizont und streckte die Hand aus. Plötzlich erschien im D-Raum eine leuchtend blaue Linie, die aus Sobols Handfläche entsprang, die nahegelegene Straßeentlang und durch die Hügel führte – um sich am Horizont zu verlieren.
    «Das ist Ihr neuer Lebensfaden. Nur Sie können ihn sehen, und er führt in eine Zukunft, die nur Sie finden können.»
    Damit drehte sich Sobols geisterhaftes Abbild um und verschwand langsam in der Erde seines Grabs, als stiege er ätherische Stufen hinab. Er bewegte sich langsam und methodisch, wie ein Mönch bei einer Prozession. Kurz bevor sein Kopf versank, blieb er noch einmal stehen und sah Sebeck genau in die Augen. «Der Hüter dieses Knotens wird Sie alles lehren, was Sie wissen müssen. Wenn Sie von hier weggehen, Sergeant, denken Sie daran, dass man Pete Sebeck schon einmal getötet hat. Seien Sie gewiss,
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