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Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft
Autoren: Linda Howard
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beibringen, von den größeren Pferden nicht runterzufallen.
    Aber am meisten freute es sie, daß Webb und seine Mama auch hier wohnten, und sie sähe ihn dann jeden Tag.
    Auf einmal hüpfte sie wie aus der Pistole geschossen von ihrem Platz am Fenster hoch und rannte durchs Haus. Sie vergaß dabei ganz, daß sie ihre Sonntagsschuhe anhatte mit den glatten Sohlen und nicht die festen Stiefel, so daß sie über den Parkettboden schlitterte und beinahe in einen Tisch gekracht wäre. Tante Glorias scharfe Ermahnung verklang hinter ihr, doch Roanna, die sich nicht weiter darum kümmerte, kämpfte bereits mit der schweren Haustür, wobei sie sich mit ihrem Fliegengewicht dazwischenklemmen mußte, um sie überhaupt weit genug aufzubekommen. Dann rannte sie über den Rasen auf Webb und Jessie zu, und ihre spitzen Knie schubsten dabei ständig ihren Rock nach vorn.
    Auf halbem Weg platzte auf einmal der Knoten, den sie so lange in ihrer Brust verborgen hatte, und die Tränen begannen zu fließen. Webb sah sie herankommen, und sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Er ließ Jessies Hand los und breitete die Arme aus. Roanna warf sich auf seinen Schoß und brachte die Schaukel aus dem Rhythmus. Jessie sagte in schneidendem Ton: »Du rotzt ja alles voll, Roanna. Los, putz dir die Nase.«
    Aber Webb sagte: »Da hast du mein Taschentuch!« und er wischte Roanna über die Wangen. Dann hielt er sie einfach nur fest. Sie vergrub das Gesicht an seiner Schulter und schluchzte so herzzerreißend, daß es ihren ganzen kleinen Körper nur so schüttelte.
    »O Gott«, sagte Jessie angewidert.
    »Halt den Mund«, meinte Webb und drückte Roanna liebevoll an sich. »Sie hat ihre Eltern verloren.«
    »Nun, ich hab auch meine Mama verloren«, erwiderte Jessie. »Und siehst du mich vielleicht jaulen und heulen?«
    »Sie ist erst sieben«, erläuterte Webb, während er über Roannas verstrubbelte Mähne strich. Die meiste Zeit war sie die reinste Plage, immer klebte sie ihren älteren Cousins und Cousinen an den Fersen; aber für so ein Kind hätte Jessie seiner Meinung nach schon ein wenig Mitleid aufbringen können. Die späte Nachmittagssonne fiel schräg über den Rasen und durch die Bäume, verfing sich in Roannas Haar und ließ die dichte, kastanienbraune Mähne in satten Gold- und Rottönen schimmern. Am frühen Nachmittag hatten sie drei Mitglieder der Familie begraben, Roannas Eltern und Jessies Mutter. Tante Lucinda litt am meisten, denn sie hatte ihre beiden Kinder auf einmal verloren: David, Roannas Daddy, und Janet, Jessies Mama. Ihr immenser Kummer hatte sie in den letzten drei Tagen zwar gebeugt, aber nicht zerbrochen. Sie war nach wie vor das Rückgrat und die Stütze der Familie.
    Roanna beruhigte sich langsam, und ihr Schluchzen verwandelte sich in einen Schluckauf. Ihr kleiner runder Kopf bumste gegen sein Schlüsselbein, als sie sich, ohne aufzublicken, mit seinem Taschentuch das Gesicht trockenrubbelte. Sie fühlte sich fast zerbrechlich an in seinen starken jungen Armen; ihre Knochen waren nicht viel dicker als Streichhölzer und ihr Rücken nur gut zwanzig Zentimeter breit. Roanna bestand aus einem mageren Körper, staksigen Armen und Beinen und war klein für ihr Alter. Er fuhr fort, ihr beruhigend über die Schultern zu streichen, und Jessie seufzte ungeduldig. Schließlich blinzelte ein tränennasses Auge an dieser tröstlichen Schulter vorbei.
    »Großmutter hat gesagt, daß Jessie und ich auch hier wohnen werden«, schniefte sie.
    »Das ist doch wohl klar«, fertigte Jessie sie ab, als ob jeder andere Ort inakzeptabel wäre. »Wo sollte ich sonst hin? Aber wenn ich die wäre, würde ich dich ins Waisenhaus stecken.«
    Wieder quollen Tränen aus dem einen Auge, das zu sehen war, und Roanna vergrub prompt ihren Kopf an Webbs Sportlerbrust. Er funkelte Jessie zornig an, so daß sie rot wurde und zur Seite blickte. Jessie war verzogen. In letzter Zeit hatte er ziemlich oft das Gefühl, daß ihr einmal ordentlich der Hintern versohlt gehörte. Noch öfter jedoch war er absolut fasziniert von den neuen Rundungen, die ihr Körper auf einmal aufwies. Und sie wußte es. Einmal, diesen Sommer, als sie schwimmen waren, hatte sie einen Träger ihres Badeanzugs von ihrer Schulter rutschen lassen und eine ihrer Brüste fast bis zur Brustwarze entblößt. Webbs Körper reagierte heftig mit der schmerzlichen Intensität eines Teenagers darauf – er hatte den Blick einfach nicht mehr abwenden können. Blutübergossen stand er da
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