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Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft
Autoren: Linda Howard
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und dankte Gott dafür, daß ihm das Wasser bis zu den Hüften ging. Seine Röte entstammte teils seiner Verlegenheit, teils auch der Erregung sowie der Frustration.
    Aber sie war schön, Himmel, diese Jessie! Sie sah aus wie eine Prinzessin, mit ihrem glatten, dichten, schwarzen Haar und den dunkelblauen Augen. An ihren perfekten Gesichtszügen, ihrer makellosen Haut gab es nichts auszusetzen. Und jetzt würde sie hier auf Davenport mit Tante Lucinda leben ... und mit ihm.
    Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Roanna und puffte sie aufmunternd. »Hör nicht auf Jessie«, sagte er. »Sie redet, ohne zu wissen, wovon. Du wirst nirgendwo hingeschickt. Ich glaube gar nicht, daß es überhaupt noch Waisenhäuser gibt.«
    Wieder riskierte sie einen scheuen Blick. Ihre Augen waren braun, beinahe kastanienbraun, so wie ihr Haar, bloß ohne den Rotschimmer. Sie war die einzige, sowohl auf Seiten der Davenports als auch der Tallants, die braune Augen besaß; alle anderen hatten entweder blaue oder grüne Augen oder eine Mischung aus beidem. Jessie hatte sie einmal gehänselt, hatte ihr gesagt, daß sie keine richtige Davenport wäre mit ihrer komischen Augenfarbe und wahrscheinlich adoptiert worden sei. Roanna war in Tränen aufgelöst gewesen, bis Webb der Sache ein Ende gemacht hatte, indem er sie auf dieses Erbteil ihrer Mutter hinwies; überdies war sie eine Davenport, denn er konnte sich noch erinnern, sie im Krankenhaus besucht zu haben, kurz nachdem sie auf die Welt gekommen war.
    »Hat Jessie bloß Spaß gemacht?« fragte sie jetzt.
    »Genau. Sie hat bloß Spaß gemacht«, beschwichtigte er sie.
    Roanna drehte nicht den Kopf, um Jessie anzusehen, aber eine kleine Faust schoß auf einmal hervor, versetzte Jessie einen kräftigen Hieb und schnellte dann ebenso blitzartig wieder in die Sicherheit von Webbs Umarmung zurück.
    Der mußte ein Lachen unterdrücken, aber Jessie explodierte vor Wut. »Sie hat mich geschlagen!« kreischte sie und hob die Hand, um Roanna eine Ohrfeige zu versetzen.
    Webb packte Jessies Handgelenk. »O nein, das wirst du nicht«, sagte er. »Das hast du verdient, für die blöde Bemerkung.«
    Sie versuchte sich loszureißen, aber Webb hielt sie fest, sein Griff verstärkte sich und seine dunkler werdenden Augen verrieten Jessie, daß er es ernst meinte. Erbost funkelte sie ihn an, doch weder sein eiserner Wille noch sein eiserner Griff lockerten sich auch nur einen Deut, und nach ein paar Sekunden gab sie sich widerwillig geschlagen. Er ließ ihr Handgelenk los, und sie rieb es wehleidig. Natürlich hatte er ihr nichts getan, und er ließ sich keine Schuldgefühle einimpfen, wie sie es beabsichtigt hatte. Jessie war sehr gut darin, andere zu manipulieren, aber Webb hatte sie schon vor langer Zeit durchschaut. Da er wußte, was für ein Biest sie sein konnte, empfand er es als um so befriedigender, sie zum Nachgeben gezwungen zu haben.
    Er wurde rot, als er merkte, wie er auf einmal steif wurde, und rückte Roanna ein wenig von sich ab. Sein Herz hämmerte schneller, und Erregung, gemischt mit Triumph, erfüllten ihn. Es war im Handumdrehen geschehen, aber auf einmal wußte er, daß er mit Jessie fertigwerden konnte. Diese wenigen Sekunden hatten ihre Beziehung völlig verändert, die lockeren Bande der Verwandtschaft und einer gemeinsamen Kindheit gehörten plötzlich der Vergangenheit an, und die komplizierteren, explosiveren Leidenschaften von Mann und Frau waren an ihre Stelle getreten. Der Prozeß hatte sich über den ganzen Sommer hingezogen, doch nun war er abgeschlossen. Er sah Jessie an, sah den schmollenden Ausdruck auf ihrem Gesicht, ihre volle Unterlippe, die sie mürrisch vorgeschoben hatte. Vielleicht verstand sie es ja noch nicht ganz, aber er schon.
    Jessie würde ihm gehören, mitsamt ihrer Verzogenheit und ihren unberechenbaren Launen. Er bräuchte eine Menge Energie und Geschick, um die Oberhand über sie zu behalten; aber eines Tages würde er sein Ziel erreichen, sowohl physisch als auch geistig. Zwei Trümpfe besaß er, von denen Jessie bis jetzt noch nichts ahnte: die Macht des Geschlechts und Davenport. Tante Lucinda – so nannte er sie seinerzeit – hatte in der Nacht das tödlichen Autounfalls sehr lange mit ihm gesprochen. Sie waren allein zusammengesessen, und Tante Lucinda hatte sich verzweifelt hin und hergewiegt und lautlos geweint, während sie mit dem Tod ihrer Kinder haderte; und schließlich hatte Webb genug Mut aufgebracht, um zu ihr zu gehen und sie in
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