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Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition)
Autoren: Ian McDonald
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drinnen?«
    »Zwei Tote, Sir. Es war die Nachtschicht. Die Übrigen sind geflüchtet.«
    »Ich möchte, dass dieser Bereich geräumt wird«, ordnet Mr. Nandha an. Jemadar Sen schnalzt ihren Jawans Befehle zu. Mr. Nandha geht weiter, vorbei an der Leiche mit der Lederjacke über dem Gesicht und dem zitternden Jeepney-Fahrer auf der Rückbank des Polizei-Maruti. Er inspiziert den Schauplatz. In dieser verbogenen Blechbaracke wird Tikka-Pasta produziert. Eine Emigrantenfamilie leitet die Firma von Bradford aus. Zuhause für Jobs sorgen. Das ist es, worum es in Orten wie Nawada geht. Für Mr. Nandha ist die Vorstellung von Tikka-Pasta ein Gräuel, aber die asiatische Küche in der britischen Diaspora ist gerade groß in Mode. Mr. Nandha blinzelt zum Telefonverteilerkasten hinauf.
    »Jemand soll das Kabel durchschneiden.«
    Während die örtliche Polizei nach einer Leiter sucht, macht Mr. Nandha den Leiter der Nachtschicht ausfindig, einen fetten Bengali, der nervös an der Haut neben den Fingernägeln zupft. Er riecht nach etwas, von dem Mr. Nandha annimmt, dass es Tikka-Pasta ist.
    »Haben Sie hier einen Mobilfunk-Port oder einen Satelliten-Uplink?«, fragt er.
    »Ja, ja, ein dezentrales internes Mobilnetzwerk«, sagte der Bengali. »Für die Roboter. Und eins von diesen Dingern, die Signale an Meteorspuren reflektieren. Um mit Bradford zu sprechen.«
    »Jemadar Sen, einer Ihrer Männer soll sich bitte um die Satellitenschüssel kümmern. Vielleicht schaffen wir es noch rechtzeitig, sie daran zu hindern, sich hinauszukopieren.«
    Die Polizei hat die Basti-Leute nun bis zum Ende der Gasse zurückgetrieben. Ein Jawan winkt vom Dach, Arbeit erledigt.
    »Sämtliche Kommunikationsgeräte ausschalten, bitte«, weist Mr. Nandha an. Jemadar Sen und und Sergeant Sunder begleiten ihn zur besessenen Fabrik. Mr. Nandha rückt seine Jacke im Nehru-Stil und die Manschetten zurecht, duckt sich unter dem Rolltor hindurch und betritt die Kampfzone. »Bleiben Sie in der Nähe und folgen Sie exakt meinen Anweisungen.« Mr. Nandha atmet in der langsamen, beruhigenden Pranayama-Technik, die das Ministerium den Krishna Cops beibringt, und beginnt mit der ersten visuellen Musterung.
    Es ist eine typische, mit Entwicklungszuschüssen finanzierte Firma. Plastiktonnen mit Futtermittel auf der einen Seite, die Verarbeitungsanlagen in der Mitte, auf der anderen Seite die Verpackungsabteilung. Keine Schutzvorrichtungen, keine Schutzkleidung, keine Lärmschutzausrüstung, keine Klimaanlage, nur eine männliche und eine weibliche Toilette. Alles ist auf Kostenminimierung ausgerichtet. Wenig Robotik, denn in den Stadtstreifen waren menschliche Hände schon immer billiger. Rechts sind in einer Reihe von Glastik-Kästen die Büros und die Kaih-Unterstützung untergebracht. Wasserspender und Ventilatoren, alle ausgeschaltet. Die Sonne steht bereits hoch am Himmel. Das Gebäude ist ein stählerner Ofen.
    Ein Gabelstapler ist gegen eine Wand ganz links gefahren. Zwischen dem Fahrzeug und dem Wellblech ist gerade noch ein halb aufrechter Körper erkennbar. Blut, glänzend und von Fliegen wimmelnd, ist unter den Rädern geronnen. Der Mann wurde in Bauchhöhe von den Zinken des Gabelstaplers bajonettiert. Mr. Nandha verzieht angewidert die Lippen.
    Überall Kameraaugen. Dagegen lässt sich nichts machen. Jetzt sieht sie zu.
    Während seiner drei Jahre als Jäger illegaler Kaihs hat Mr. Nandha schon etliche Leichen gesehen, die aus Konflikten zwischen Menschen und Künstlichen Intelligenzen resultieren. Er zieht seine Waffe. Jemadar Sen reißt die Augen auf. Mr. Nandhas Waffe ist groß, schwarz und schwer, und sie sieht aus, als wäre sie in der Hölle geschmiedet worden. Sie hat all die Knöpfe, Details und Teile, die ein Krishna Cop an seiner Waffe braucht. Sie ist selbstzielend und doppelläufig. Der untere Lauf tötet das Fleisch mit langsam fliegenden Sprenggeschossen. Ein Treffer in irgendeinem Körperteil bedeutet den sicheren Tod durch Verletzungstrauma. Nicht umsonst ist Dum-Dum eine Vorstadt von Kolkata. Der obere Lauf zerstört den Geist. Es ist eine EM-Puls-Waffe, ein Googlewatt Energie, die zu einem drei Millisekunden anhaltenden Strahl gebündet wird. Proteinchips verbrennen. Quantenprozessoren verheisenbergen. Kohlenstoffnanoröhren verdampfen. Dies ist die Waffe, die illegale Kaihs auslöscht, gesteuert von GPS-orientierten Gyroskopen und kontrolliert durch einen visuellen Avatar von Indra, dem Herrn des Donnerkeils. Mr. Nandhas Waffe tötet
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