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Culpa Mosel

Titel: Culpa Mosel
Autoren: Mischa Martini
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Zeugenbefragung bei Andrea Pawelka. Ich habe die Mail ausgedruckt.« Gabi fischte ein Papier aus der Ablage und reichte es Walde. »Sie ist die jüngste Tochter des Toten aus dem Altenheim in Koblenz.«
    »Mülheim«, las Walde vor. »Das liegt gleich bei Bernkastel-Kues, da frage ich mich, warum die Koblenzer nicht selbst hinfahren.«
    »Vielleicht hat ihnen der Bericht von dem Uhrmacher so gut gefallen, den ihr geschickt habt.« Gabi zuckte mit den Schultern. »Die sollen ziemlichen Stress haben.«
    »Ich fahre hin.« Walde stand auf.
    »Allein?«, fragte Grabbe.
    »Warum nicht?«
    »Hatten wir nicht ausgemacht, dass wir nur noch zu zweit rausfahren?«
    »Aber das ist eine harmlose Befragung einer jungen Frau.«
    »War es bei mir nicht auch so?«, fragte Grabbe.
    »Und wenn sie nicht zu Hause ist?«, nörgelte Grabbe auf dem Beifahrersitz, während Walde bei Salmtal die Ausfahrt Richtung Bernkastel-Kues nahm.
    »Erstens kann ich nichts dafür, dass sie nicht ans Telefon geht, zweitens wolltest du ja aus eigenen Stücken mitkommen.«
    »Die Chance, sie anzutreffen, ist nicht sehr groß.«
    »Dann hinterlassen wir ihr eine Nachricht und fahren halt wieder zurück.«
    »Das hört sich leicht gefrustet an.«
    »Bin ich nicht, nur pragmatisch.« Walde versuchte, das kleine Fässchen unter der Spitze des Turms der Wallfahrtskirche in Klausen zu erkennen.
    »So etwas Spektakuläres hat es bei uns noch nicht ansatzweise gegeben. Das hätte eine ganz große Sache, ein ganz großer Fall … was sage ich, der Jahrhundertfall sein können, und nun funken uns die Luxemburger dazwischen.« Grabbe stieß laut die Luft aus seinen Lungen. »Und nun gurken wir hier als Wasserträger für die Koblenzer durch die Pampa.«
    Während sie zwischen den bis zu den Kämmen der Berge reichenden Weinbergen hinunter ins Moseltal fuhren, sagten beide nichts. Hinter der Brücke über den Fluss ließ sich Walde vom Navigationsgerät durch den Ort zu einer kleinen Straße leiten, die zu einem Tal in Richtung Hunsrück führte. Am diesigen Himmel setzte sich allmählich die Sonne durch.
    »Sie haben ihr Ziel erreicht!«, tönte es aus dem Nävi.
    »So viele Möglichkeiten gibt es nicht«, sagte Walde, als er in der kleinen Straße parkte und ausstieg. »Du links, ich rechts?« Ohne eine Antwort abzuwarten, steuerte er das nächstliegende Haus an. Bratenduft wehte ihm entgegen, als er über einen von niedrigem Buchs gesäumten Pfad zur Haustür ging. Auf dem Klingelschild stand nicht der gesuchte Name. Während er auf Grabbe wartete, blieb er in der wärmenden Mittagssonne neben dem Auto stehen und beobachtete einen Trecker, der mit hüpfendem Anhänger zu den Weinbergen hochfuhr.
    Grabbe kam zurück. »Sie wohnt weiter draußen im Tal.« Wo er hinzeigte, war kein Haus zu sehen.
    »Es soll ein ehemaliges Forsthaus sein«, erklärte Grabbe, der nun wie selbstverständlich hinter dem Steuer saß. Auf dem ungeteerten Weg waren die Vertiefungen mit Bauschutt und Schlacke gefüllt. Es ging an Weiden vorbei, an deren faulenden Pfosten rostiger Draht baumelte. Die altersschwachen Obstbäume waren über und über mit Mispeln bewachsen. Der Weg näherte sich einem Wäldchen und verlief weiter daran entlang.
    »Sind wir hier überhaupt richtig?« Grabbe fuhr langsamer, während er den tiefer gewordenen Kratern im Weg auswich. Kaum hatte er gefragt, gelangten sie zu einer weitläufigen Wiese, an deren Ende vor dem Wald ein Haus stand. Da es in den letzten Wochen trocken gewesen war, konnte Grabbe den Wagen bedenkenlos in den beiden Spuren fahren, die über das große Grundstück führten. Das Haus war klein und so geschnitten, als wäre es einer Kinderzeichnung entsprungen. Davor stand ein Ford Fiesta, dessen rote Farbe ihren Glanz verloren hatte.
    Während Grabbe am Wagen blieb, ging Walde über einen Schotterweg zu dem aus Schiefer gemauerten Haus. Urplötzlich donnerten zwei Düsenjäger im Tiefflug über das Tal. Walde betrachtete die Hausfassade aus bläulichen und grauen Steinen, zwischen denen hin und wieder gelbe und rötliche Töne eingesprenkelt waren. Als der Lärm vorbei war, betätigte er den Klopfer an der alten Holztür. Nach dem zweiten Klopfen rief eine weibliche Stimme etwas, das er nicht verstand. Er trat zurück und schaute hoch zum Fenster im ersten Stock. Es war geschlossen. Er drehte sich zum Wagen um, wo ihm Grabbe mit einer Handbewegung zeigte, er solle hinter das Haus gehen.
    Dort lag gleich einer Oase, mitten in einer vermoosten
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