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Culpa Mosel

Titel: Culpa Mosel
Autoren: Mischa Martini
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ist die Temperatur der Mosel?«
    »Um die sieben Grad«, antwortete ihm Stadler.
    »Dann müsste der Tod vor ein bis zwei Tagen eingetreten sein.« Er stand auf und krempelte den Ärmel wieder hinunter. »Wobei zu bedenken wäre, dass eine höhere Belastung der Muskeln kurz vor Eintreten des Todes das Einsetzen der Totenstarre beschleunigt haben könnte. Ich möchte mich da vor der Obduktion nicht festlegen.«
    »Das würde zwischen Sonntag- und Montagabend bedeuten«, sagte Grabbe. Er schaute zu seinen gelben Stiefeln hinunter, von denen einer etwas dunkler schien als der andere.
    »Kann das eine Bisswunde sein?«, Sattler zeigte auf den Unterschenkel des Toten.
    Walde beugte sich ebenfalls vor, während Hoffmann eine dunkle Stelle von der Größe eines Ein-Euro-Stückes in Augenschein nahm.
    »Sieht mir eher nach einer Verbrennung aus.« Der Mediziner richtete sich wieder auf. »Das sehe ich mir nachher genauer an.«
    Bereits seit Monaten liefen die Verhandlungen zwischen Walde und dem Polizeipräsidenten über eine personelle Aufstockung des Morddezernates. Grabbes noch nicht ganz überwundenes Trauma und Gabis Schwangerschaft gaben Walde Gründe genug für seine Forderung. Da in letzter Zeit kein dringender Handlungsbedarf bestand, war es Stiermann gelungen, eine konkrete Entscheidung hinauszuzögern.
    Gleich nach der Rückkehr ins Präsidium hatte Walde mit der Gewissheit, dass es nun keine Ausflüchte mehr gab, den Präsidenten aufgesucht.
    Gabi hatte inzwischen die Vermisstendatei durchgesehen, aber keine Person gefunden, die mit Grabbes telefonisch durchgegebener Beschreibung des Toten aus der Mosel übereinstimmte.
    »Der ist wahrscheinlich noch gar nicht in der Datei«, kommentierte Grabbe die Information seiner Kollegin. »Dr. Hoffmann vermutet, dass der Mord frühestens am Sonntagabend geschehen ist. Der Tote dürfte also noch nicht in der Vermisstendatei registriert sein.«
    Er trat hinter Gabi. Auf ihrem Bildschirm lugte ein Baby aus einem Tragetuch. »Süß!«, sagte er, ohne überzeugt zu klingen. »Kannst du mal Schlangen googeln?«
    »Wie bitte?«, fragte sie.
    »Hab’ ich dir nicht gesagt, dass da zwei Schlangen neben der Leiche gefunden wurden?«
    »Nein.«
    »Zuerst dachte ich, es wären Aale, die da in dem Sack zusammen mit der Leiche dümpelten. Aber es waren tatsächlich Schlangen.«
    »Hat das Opfer noch gelebt … ich meine, als die Viecher in den Sack gesteckt wurden?«
    »Keine Ahnung, das wird Hoffmann herausfinden. Wie es sich auf den ersten Blick darstellt, kann der Mann ertrunken, erstickt oder an Schlangengift gestorben sein.«
    »Oder an einem Herzinfarkt. Totaler Horror, zusammen mit Schlangen eingesperrt zu sein und dabei womöglich noch in der Mosel zu treiben.« Auf Gabis Bildschirm reihten sich Fotos von Schlangen aneinander. »Wie sahen sie denn aus?«
    »Gestreift, der Kopf etwas kleiner als der Körper. Ich glaube, es waren Querstreifen. Nicht allzu groß.«
    Gabi rief eine neue Seite auf. »Über zweitausend Arten«, las sie vor. »Nattern sind die größte Familie unter den Schlangen. Geht es etwas genauer?«
    »Hoffmann meint, es seien Kornnattern.«
    »Ich kannte mal jemanden …«
    Grabbe seufzte: »Du kennst wirklich einen Haufen seltsame Leute.«
    »Was soll denn der Spruch?«
    »Der hat doch bestimmt Schlangen gehalten!«
    »Wenn ich ausreden dürfte, wüsstest du es schon.«
    Nach kurzem Klopfen kam Walde zur Tür herein. »Störe ich?«
    »Was sagt Stiermann?«, fragte Grabbe, der insgeheim der neuen Personalie mit gemischten Gefühlen entgegensah.
    »Stiermann ist in einer Besprechung.«
    »Solange wir nicht wissen, wer der Tote ist, könnte ich mal versuchen herauszufinden, wo man diese Kornnattern kaufen kann«, sagte Grabbe.
    »Dieser Sack, in dem der Tote steckte, ist wahrscheinlich ein hundsgewöhnlicher Schutzbezug für Liegepolster«, sagte Walde. »Wenn Sattler daran keine Spuren findet, kommen wir damit nicht weiter.«
    Gabis Telefon klingelte. »Stiermanns Besprechung ist zu Ende, er erwartet dich!«, sagte sie, nachdem sie aufgelegt hatte. »Ach, bevor ich es vergesse, die Koblenzer Kollegen haben in dem Fall des Toten aus dem Altenheim wieder eine Bitte um Amtshilfe gestellt.«
    »Das muss warten«, sagten Walde und Grabbe im Chor.
    Im Unterschied zum letzten Treffen, wo dem Polizeipräsidenten das Leiden über den geringen Spielraum, der ihm angeblich wegen der knappen Haushaltsmittel im Personalbereich blieb, ins Gesicht geschrieben stand, schien
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