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Culpa Mosel

Titel: Culpa Mosel
Autoren: Mischa Martini
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kranker Mann.«
    »Was ist mit Gabi?«
    »Sie hat gerade Feierabend gemacht.«
    »Dann komme ich mit.« Walde knöpfte seine Jacke wieder zu.
    Unterwegs über den Hauptmarkt und die Simeonstraße blies ihnen ein kühler Ostwind entgegen. Die Sonne schien, aber für Mitte März hätte es ein paar Grad wärmer sein können. Walde berichtete Grabbe von seinem kurzen Auftritt vor Gericht.
    »Ich kann immer noch nicht fassen, dass ich nicht gehört wurde«, sagte Grabbe, »schließlich wäre ich um ein Haar ihr zweites Opfer geworden.«
    »Es scheint bei dem Prozess letztlich nur darum zu gehen, ob die Frau in den Strafvollzug oder in die Psychiatrie kommt.« Sie wichen einer Gruppe Touristen aus, die einer gestikulierend erzählenden Stadtführerin folgten. »Was wollen die Koblenzer?«
    »Ungeklärter Todesfall in einem Altenheim in Güls. Ein Mann, 73, ehemals Berufssoldat, kaum Kontakte zur Familie, eigentlich ist er an Herzversagen gestorben, aber man hat dieses Zeug in seinem Mund gefunden … Blei.«
    »Wie bitte?« Walde schaute zu seinem Kollegen hinüber.
    »Mehr weiß ich auch nicht.« Grabbe umkurvte einen Hundehaufen. »Er war Berufssoldat und hat später einer Reservistengemeinschaft angehört, einer seiner Kameraden wohnt hier.«
    Als sie an einer zur Straße offenen Theke vorbei in die Glockenstraße einbogen, wehte Walde der Duft von frischen Backwaren in die Nase. Ein paar Häuser weiter las er im Vorbeigehen die Tageskarte eines Restaurants.
    »Hier müsste es sein.« Grabbe betrat eine Haustürnische. Nachdem er geklingelt hatte, dauerte es eine Weile, bis der Summer betätigt wurde. Walde betrachtete die zwei jungen Männer, die ihnen im Flur entgegenkamen und ihren Gruß nicht erwiderten. Er fragte sich, ob man Grabbe und ihm ansah, dass sie Polizisten waren. Der blassgrüne Teppichbelag auf der knarrenden Treppe war verschlissen und schmutzig. Hier schien schon seit langer Zeit nicht mehr sauber gemacht worden zu sein. Im dritten Stock stand die Korridortür einen Spalt weit offen. Niemand war zu sehen.
    »Hallo?« Grabbe drückte die Tür weiter auf und betrat die Diele. Es wurde etwas gebraten, aber es roch nicht nach Fleisch, dazu war ein leises Zischen und das Abklopfen eines Rührlöffels zu hören.
    Immer noch gab es keine Reaktion auf ihr Rufen. Geradeaus sah Walde durch einen Vorhang aus an Schnüren aufgereihten Glasperlen einen Mann mit dem Rücken zu ihnen an einem Tisch sitzen. Er trug ein Hemd, das sich über seinen massigen Körper spannte. Das gewellte, nach hinten gekämmte weiße Haar fiel über den Hemdkragen. Auf dem von einer starken Lampe erleuchteten Tisch lagen diverse Werkzeuge, weitere steckten in runden Behältern. Darüber befand sich ein dunkles Holzregal mit Wanduhren, Weckern, weiteren Werkzeugen und Kleinteilen, darunter Zahnräder in verschiedenen Größen. Überall tickte es.
    Grabbe klopfte an den Türrahmen, bevor er, den Glasperlenvorhang mit zwei Händen teilend, eintrat. Der Mann zeigte keine Reaktion. Als Walde folgte, klopfte er ebenfalls an den Türrahmen.
    Der Mann legte einen feinen Schraubenzieher neben das offene Uhrgehäuse und wandte sich, ohne Oberkörper oder Hals zu bewegen, im Drehstuhl um. Vor das rechte Glas seiner Brille hatte er eine Lupe geklemmt.
    »Grabbe, wir haben telefoniert.« Grabbe reichte ihm die Hand. »Das ist mein Kollege, Hauptkommissar Bock.«
    Als Walde sich dem Mann näherte, glitten die letzten Schnüre des Vorhangs von seinen Schultern. Eine fleischige Hand erwiderte schwach den Druck. Der Uhrmacher blieb dabei in seinem Stuhl sitzen. Auf den ersten Blick wirkten die dunklen Stellen um die Augen, als habe der Mann Schläge bezogen.
    »Danke, dass wir Sie gleich sprechen durften, Herr Ziegler«, sagte Grabbe.
    »Keine Ursache.« Ziegler sprach kurzatmig, mit leiser Stimme. »Worum geht es?«
    »Sie bauen oder reparieren Uhren?«, fragte Grabbe.
    »Ich habe Uhrmacher gelernt und bin dann zum Bund gegangen und da geblieben. Repariert habe ich nebenbei immer ein bisschen … heute sind es fast nur noch Wanduhren … bei Armbanduhren wollen meine Augen nicht mehr so recht … Ich geh ja auch schon auf die achtzig zu.«
    »Sie kennen Josef Pawelka?«
    »Was ist mit ihm?«
    »Er ist gestorben.«
    »Der Jupp …« Der Mann nahm die Brille ab.
    Grabbe wartete respektvoll. Als keine weitere Reaktion folgte, fuhr er fort: »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
    »Das ist schon eine Zeit lang her.«
    »Können Sie das etwas
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