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Crystall (German Edition)

Crystall (German Edition)

Titel: Crystall (German Edition)
Autoren: Enrico Mahler
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verlieren, die Schmerzen trieben sie in den Wahnsinn.
    Und die Bestie holte bereits zum endgültigen Schlag aus. Ihr Brüllen klang triumphierend.
    Mandy schloss mit dem Leben ab.
    „Hierher ... du ... du Bestie, komm ... zu mir.“
    Mühsam reckte Mandy den Kopf nach rechts. Es waren Nirrkas Worte gewesen. Sie stand schwankend vor dem Ungeheuer und machte auf sich aufmerksam. Ihre brache Stimme zeugte davon, dass auch sie am Ende ihrer Kräfte war.
    „Nirrka“, murmelte Mandy kraftlos. Sie verstand ihr eigenes Wort nur spärlich.
    „Hol mich“, keuchte Nirrka mit kampflustig erhobenen Fäusten.
    Die Bestie ließ tatsächlich von ihr ab und wand sich dem anderen Mädchen zu. Sie brüllte wütend und stapfte Nirrka entgegen.
    Diese wich langsamen Schrittes zurück. „Mandy ... bei allem Leben, hol den Dolch. Du musst es zu Ende bringen, hörst du.“
    Mandy verstand die Worte und wollte antworten, doch es ging nicht. Irgendetwas schnürte ihre Kehle ab. Sie sah den Dolch, ein letzter Funke Leben glomm in ihr auf, aber alles vergebens. Sie hatte keine Kraft mehr, um aufzustehen und die Gel Dyka zu schleudern. Ihr gesamter linker Arm, von Schulter bis Fingerspitze, war gelähmt, taub – nutzlos. Sie konnte nichts mehr tun. Mandy wollte es schaffen, doch das Gefühl kehrte nicht in ihre Glieder zurück.
    „Mandy!“, schrie Nirrka aufgebracht, dann packten sie drei der Tentakelarme und hoben sie in die Höhe. „Du bist unsere letzte Rettung, du – ah!“ Nirrka wurde davon geschleudert, prallte wuchtig gegen Fels und glitt regungslos daran hinab.
    Mandy stieß einen abgewürgten Schrei aus. Das durfte nicht sein. Es konnte nicht so enden. Alles drehte sich und verschwamm zu widersinnigen Bildern, die Gedanken gingen in wirren Bahnen. Verzweifelt starrte sie den Dolch an, der nahezu greifbar vor ihr lag. Aber sie konnte ihn nicht erreichen.
    Dann geschah etwas. Zuerst fixierte sie die Gel Dyka nur, immer intensiver, so, als käme der Dolch geistig ein Stück näher. Sie betrachtete ihn auf einer ungekannten Ebene des Bewusstseins. Es gab nur sie, den Dolch und den tunnelförmigen Raum dazwischen. Alles andere blieb verborgen, jeder Gedanke, Nirrka, die Bestie, das Gebirge, sogar ihre Schmerzen.
    Mandy, du kannst es schaffen. Du hast verborgene Kräfte in dir, nutze sie. Hilf uns und glaube an dich, Mandy. Hab keine Angst, ich werde bei dir sein.
    Mandy sah sich auf dieser geistigen Ebene verwirrt um. Kaija, du bist da?
    Mach dir keine Sorgen, Mädchen, du kannst es schaffen.
    Aber , stammelte Mandy ungläubig. Aber ich bin am Ende. Mein Körper ist nahezu tot, ich kann die Gel Dyka nicht erreichen.
    Das ist auch nicht nötig. Du besitzt andere Kräfte, Mandy, glaube an sie. Der Geist ist stärker als der Körper.
    Mandy spürte, dass Kaija irgendwie an ihrer Seite war. Abermals blickte sie auf den Dolch, streckte im Geiste die Hand danach aus.
    Was schließlich geschah, würde Mandy niemals begreifen. Es entzog sich jeglicher, menschenmöglicher Vorstellungskraft. Einen Moment hatte sie tatsächlich das ungreifbare, und doch vorhandene Gefühl, zaubern zu können und mit dem Dolch zu einem Ganzen zu verschmelzen. Das war die einzige Art, das Geschehen zu beschreiben, andere Worte fand sie nicht und kannte sie wahrscheinlich nicht einmal.
    Was ihr so real vorkam, spielte sich alles im Kopf ab, in den Gedanken einer neuen, geheimnisvollen Dimension. Sie hielt die Hand ausgestreckt, wünschte sich nichts anderes, als den Dolch erreichen zu können. Sie war abgeschnitten von der Umwelt, hörte und sah nichts mehr. Es gab nur sie und die Gel Dyka . Sie spürte die Magie in ihren Händen, in ihren Gehirnströmen und sie griff nach der heiligen Waffe aus, wie die Fühler eines Insektes.
    Mandy fühlte, wie ihre Lebensenergie zusehends schwand und ihre Magie – Magie? – allmählich entglitt.
    Sie würde es vielleicht nicht schaffen.
    Sie schloss die Augen, glaubte noch fester und hielt sich nur den Dolch vor den Geist, nichts anderes.
    Und dann begann die Gel Dyka zu beben, schwebte nach oben, als verbinde sie unsichtbare Fäden miteinander.
    Die geistige Welt brach zusammen. Urplötzlich fand sich Mandy in dem Gebirgsbecken wieder, vor sich die Eisbestie, die auf Nirrka zustapfte, um ihr den Garaus zu machen.
    Mandy atmete tief durch und sammelte alle Kräfte aus jedem Winkel ihres Körpers. Sie zitterte, der Schweiß floss in Strömen über ihr Gesicht. Trotzdem hielt sie einen Arm ausgestreckt und führte wie von
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